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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Alten, was wollt ihr? Warum verlaßt ihr eure goldnen Rahmen, ihr Bilder meiner geharnischten Väter, die meinen Rüstsaal bevölkern, und tretet, in unruhiger Versammlung, hier um mich herum, eure ehrwürdigen Locken schüttelnd? Nein, nein, nein! Zum Weibe, wenn ich sie gleich liebe, begehr ich sie nicht; eurem stolzen Reigen will ich mich anschließen: das war beschloßne Sache, noch ehe ihr kamt. Dich aber, Winfried, der ihn führt, du Erster meines Namens, Göttlicher mit der Scheitel des Zeus, dich frag ich, ob die Mutter meines Geschlechts war, wie diese: von jeder frommen Tugend strahlender, makelloser an Leib und Seele, mit jedem Liebreiz geschmückter, als sie? O Winfried! Grauer Alter! Ich küsse dir die Hand, und danke dir, daß ich bin; doch hättest du sie an die stählerne Brust gedrückt, du hättest ein Geschlecht von Königen erzeugt, und Wetter vom Strahl hieße jedes Gebot auf Erden! Ich weiß, daß ich mich fassen und diese Wunde vernarben werde: denn welche Wunde vernarbte nicht der Mensch? Doch wenn ich jemals ein Weib finde, Käthchen, dir gleich: so will ich die Länder durchreisen, und die Sprachen der Welt lernen, und Gott preisen in jeder Zunge, die geredet wird. – Gottschalk!
     

Zweiter Auftritt
     
    Gottschalk. Der Graf vom Strahl.
     
    Gottschalk (draußen). Heda! Herr Graf vom Strahl!
     
    Der Graf vom Strahl. Was gibts?
     
    Gottschalk. Was zum Henker! Ein Bote ist angekommen von Eurer Mutter.
     
    Der Graf vom Strahl. Ein Bote?
     
    Gottschalk. Gestreckten Laufs, keuchend, mit verhängtem Zügel; mein Seel, wenn Euer Schloß ein eiserner Bogen und er ein Pfeil gewesen wäre, er hätte nicht rascher herangeschossen werden können.
     
    Der Graf vom Strahl. Was hat er mir zu sagen?
     
    Gottschalk. He! Ritter Franz!
     

Dritter Auftritt
     
    Ritter Flammberg tritt auf. Die Vorigen.
     
    Der Graf vom Strahl. Flammberg! – Was führt dich so eilig zu mir her?
     
    Flammberg. Gnädigster Herr! Eurer Mutter, der Gräfin, Gebot; sie befahl mir den besten Renner zu nehmen, und Euch entgegen zu reiten!
     
    Der Graf vom Strahl. Nun? Und was bringst du mir?
     
    Flammberg. Krieg, bei meinem Eid, Krieg! Ein Aufgebot zu neuer Fehde, warm, wie sie es eben von des Herolds Lippen empfangen hat.
     
    Der Graf vom Strahl (betreten). Wessen? – Doch nicht des Burggrafen, mit dem ich eben den Frieden abschloß? (Er setzt sich den Helm auf.)
     
    Flammberg. Des Rheingrafen, des Junkers vom Stein, der unten am weinumblühten Neckar seinen Sitz hat.
     
    Der Graf vom Strahl. Des Rheingrafen! – Was hab ich mit dem Rheingrafen zu schaffen, Flammberg?
     
    Flammberg. Mein Seel! Was hattet Ihr mit dem Burggrafen zu schaffen? Und was wollte so mancher andere von Euch, ehe Ihr mit dem Burggrafen zu schaffen kriegtet? Wenn Ihr den kleinen griechischen Feuerfunken nicht austretet, der diese Kriege veranlaßt, so sollt Ihr noch das ganze Schwabengebirge wider Euch auflodern sehen, und die Alpen und den Hundsrück obenein.
     
    Der Graf vom Strahl. Es ist nicht möglich! Fräulein Kunigunde –
     
    Flammberg. Der Rheingraf fordert, im Namen Fräulein Kunigundens von Thurneck, den Wiederkauf Eurer Herrschaft Stauffen; jener drei Städtlein und siebzehn Dörfer und Vorwerker, Eurem Vorfahren Otto, von Peter, dem ihrigen, unter der besagten Klausel, käuflich abgetreten; grade so, wie dies der Burggraf von Freiburg, und, in früheren Zeiten schon ihre Vettern, in ihrem Namen getan haben.
     
    Der Graf vom Strahl (steht auf). Die rasende Megäre! Ist das nicht der dritte Reichsritter, den sie mir, einem Hund gleich, auf den Hals hetzt, um mir diese Landschaft abzujagen! Ich glaube, das ganze Reich frißt ihr aus der Hand. Kleopatra fand einen, und als der sich den Kopf zerschellt hatte, schauten die anderen; doch ihr dient alles, was eine Ribbe weniger hat, als sie, und für jeden einzelnen, den ich ihr zerzaust zurücksende, stehen zehn andere wider mich auf. – Was führt’ er für Gründe an?
     
    Flammberg. Wer? Der Herold?
     
    Der Graf vom Strahl. Was führt’ er für Gründe an?
     
    Flammberg. Ei, gestrenger Herr, da hätt er ja rot werden müssen.
     
    Der Graf vom Strahl. Er sprach von Peter von Thurneck – nicht? Und von der Landschaft ungültigem Verkauf?
     
    Flammberg. Allerdings. Und von den schwäbischen Gesetzen; mischte Pflicht und Gewissen, bei jedem dritten Wort, in die Rede, und rief Gott zum Zeugen an, daß nichts als die reinsten Absichten seinen Herrn, den Rheingrafen,

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