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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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zu fassen?
Weil ich mich edel nicht erweise, nicht
Erweisen will, machst du mir weis, ich seis,
Damit die unverdiente Ehre mich
Bewegen soll, in ihrem Sinn zu handeln?
Vor deine Füße werf ich deine Achtung. –
     
    Ottokar.
Du willst mich reizen, doch du kannst es nicht;
Ich weiß, du selbst, du wirst mich morgen rächen.
     
    Johann.
Nein, wahrlich, nein, dafür will ich schon sorgen.
Denn in die Brust schneid ich mir eine Wunde,
Die reiz ich stets mit Nadeln, halte stets
Sie offen, daß es mir recht sinnlich bleibe.
     
    Ottokar.
Es ist nicht möglich, ach, es ist nicht möglich!
Wie könnte dein Gemüt so häßlich sein,
Da du doch Agnes, Agnes lieben kannst!
     
    Johann.
Und daran noch erinnerst du mich, o
Du Ungeheuer!
     
    Ottokar.      Lebe wohl, Johann.
     
    Johann.
Nein, halt! Du denkst, ich habe bloß gespaßt.
     
    Ottokar.
Was willst du?
     
    Johann.      Gerad heraus. Mein Leben
Und deines sind wie zwei Spinnen in der Schachtel.
Drum zieh! (Er zieht.)
     
    Ottokar.    Gewiß nicht. Fallen will ich anders
Von deiner Hand nicht, als gemordet.
     
    Johann.     Zieh,
Du Memme! Nicht nach deinem Tod, nach meinem,
Nach meinem nur gelüstets mir.
     
    Ottokar (umarmt ihn).       Johann!
Mein Freund! Ich dich ermorden.
     
    Johann (stößt ihn fort).      Fort, du Schlange!
Nicht stechen will sie, nur mit ihrem Anblick
Mich langsam töten. – Gut. (Er steckt das Schwert ein.)
    Noch gibts ein andres Mittel.
     
    (Beide von verschiedenen Seiten ab.)
     

Zweite Szene
     
    Warwand, Zimmer im Schlosse. Sylvester auf einem Stuhle, mit Zeichen der Ohnmacht, die nun vorüber. Um ihn herum Jeronimus, Theistiner, Gertrude und ein Diener.
     
    Gertrude.
Nun, er erholt sich, Gott sei Dank. –
     
    Sylvester.    Gertrude –
     
    Gertrude.
Sylvester, kennst du mich, kennst du mich wieder?
     
    Sylvester.
Mir ist so wohl, wie bei dem Eintritt in
Ein andres Leben.
     
    Gertrude.      Und an seiner Pforte
Stehn deine Engel, wir, die Deinen, liebreich
Dich zu empfangen.
     
    Sylvester.      Sage mir, wie kam
Ich denn auf diesen Stuhl? Zuletzt, wenn ich
Nicht irre, stand ich – nicht?
     
    Gertrude. Du sankest stehend
In Ohnmacht.
     
    Sylvester.    Ohnmacht? Und warum denn das?
So sprich doch. – Wie, was ist dir denn? Was ist
Euch denn? (Er sieht sich um; lebhaft..
       Fehlt Agnes? Ist sie tot?
     
    Gertrude.    O nein,
O nein, sie ist in ihrem Garten.
     
    Sylvester.    Nun,
Wovon seid ihr denn alle so besessen?
Gertrude sprich. – Sprich du, Theistiner. – Seid
Ihr stumm, Theistin, Jero – – Jeronimus!
Ja so – ganz recht – nun weiß ich. –
     
    Gertrude.    Komm ins Bette,
Sylvester, dort will ichs dir schon erzählen.
     
    Sylvester.
Ins Bett? O pfui! Bin ich denn – sage mir,
Bin ich in Ohnmacht wirklich denn gefallen?
     
    Gertrude.
Du weißt ja, wie du sagst, sogar warum?
     
    Sylvester.
Wüßt ichs? O pfui! O pfui! Ein Geist ist doch
Ein elend Ding.
     
    Gertrude.      Komm nur ins Bett, Sylvester,
Dein Leib bedarf der Ruhe.
     
    Sylvester Ja, ‘s ist wahr,
Mein Leib ist doch an allem schuld.
     
    Gertrude.    So komm.
     
    Sylvester.
Meinst du, es wäre nötig?
     
    Gertrude. Ja, durchaus
Mußt du ins Bette.
     
    Sylvester.       Dein Bemühen
Beschämt mich. Gönne mir zwei Augenblicke,
So mach ich alles wieder gut, und stelle
Von selbst mich her.
     
    Gertrude.      Zum mindsten nimm die Tropfen
Aus dem Tirolerfläschchen, das du selbst
Stets als ein heilsam Mittel mir gepriesen.
     
    Sylvester.
An eigne Kraft glaubt doch kein Weib, und traut
Stets einer Salbe mehr zu als der Seele.
     
    Gertrude.
Es wird dich stärken, glaube mir. –
     
    Sylvester.    Dazu
Brauchts nichts als mein Bewußtsein. (Er steht auf) Was mich freut,
Ist, daß der Geist doch mehr ist, als ich glaubte,
Denn flieht er gleich auf einen Augenblick,
An seinen Urquell geht er nur, zu Gott,
Und mit Heroenkraft kehrt er zurück.
Theistiner! ‘s ist wohl viele Zeit nicht zu
Verlieren. – Gertrud! Weiß ers?
     
    Gertrude.    Ja.
     
    Sylvester.     Du weißts? Nun, sprich,
Was meinst du, ‘s ist doch wohl ein Bubenstück?
‘s ist wohl kein Zweifel mehr, nicht wahr?
     
    Theistiner.       In Warwand
Ist keiner, ders bezweifelt, ist fast keiner,
Ders, außer dir, nicht hätt vorhergesehen,
Wies enden müsse, sei es früh, seis spät.
     
    Sylvester.
Vorhergesehen? Nein, das hab ich nicht.
Bezweifelt? Nein, das tu ich auch nicht mehr.
– Und also
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