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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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sich gezogen hat, zu rechtfertigen; daß wir aber gleichwohl dahingestellt sein lassen, in wiefern derselbe, nach dem Gespräche der Stadt, in der Kunst, von der Erdoberfläche aus die Luftströmungen in den höheren Regionen zu beurteilen, erfahren sein mag: indem aus der Richtung, die sein Ballon anfänglich westwärts gegen Spandau und späterhin südwärts gegen Düben nahm, mit sonderbarer Wahrscheinlichkeithervorzugehen scheint, daß er, wenn er aufgestiegen wäre, sein Versprechen erfüllt haben, und vermittelst seiner mechanischen Einwirkung, in der Diagonale zwischen beiden Richtungen, über der Potsdamer Chaussee, nach dem Luckenwaldischen Kreise, fortgeschwommen sein würde.
    6) Daß wenn gleich das Unternehmen, vermittelst einer, im Luftball angebrachten Maschine, den Widerstand ganz konträrer Winde aufzuheben, unübersteiglichen Schwierigkeiten unterworfen ist, es doch vielleicht bei Winden von geringerer Ungünstigkeit möglich sein dürfte, den Sinus der Ungünstigkeit, vermittelst mechanischer Kräfte, zu überwinden, und somit, dem Seefahrer gleich, auch solche Winde, die nicht genau zu dem vorgeschriebenen Ziel führen, ins Interesse zu ziehen.
    Zudem bemerken wir, daß wenn 7) der Luftschiffahrer, aller dieser Hülfsmittel ungeachtet, tage- und wochenlang auf den Wind, der ihm passend ist, warten müßte, derselbe sich mit dem Seefahrer zu trösten hätte, der auch wochen-, oft monatelang, auf günstige Winde im Hafen harren muß: wenn er ihn aber gefunden hat, binnen wenigen Stunden damit weiter kommt, als wenn er sich, von Anfang herein, während der ganzen verlornen Zeit, zur Achse oder zu Pferde fortbewegt hätte.
    Endlich selbst zugegeben 8) – was wir bei der Möglichkeit, auch selbst in der wolkigsten Nacht, den Polarstern, wenigstens auf Augenblicke, aufzufinden, keinesweges tun – dem Luftschiffer fehle es schlechthin an Mittel, sich in der Nacht im Luftraum zu orientieren: so halten wir den von dem unbekannten Herrn R. berechneten Irrtum von 6 Meilen, auf einen Radius von 30 Meilen, für einen sehr mäßigen und erträglichen. Der Aëronaut würde immer noch, wenn x die Zeit ist, die er gebraucht haben würde, um den Radius zur Achse zurückzulegen, in x/5 den Radius und die Sehne zurücklegen können. Wenn er dies, gleichviel aus welchen Gründen, ohne seinen Ballon, nicht wollte, so würde er sich wieder mit dem Seefahrer trösten müssen, der auch oft, widriger Winde wegen, statt in den Hafen einzulaufen, auf der Reede vor Anker gehen, oder gar in einen andern ganz entlegenen Hafen einlaufen muß, nach dem er gar nicht bei seiner Abreise gewollt hat.
     
    Was Herrn Garnerin betrifft, so werden wir imstande sein, in kurzem bestimmtere Fakta, als die im 13. Abendblatt enthalten waren, zur Erwiderung auf die gemachten Einwürfe, beizubringen.
    rm.

Zuschrift eines Predigers an den Herausgeber der Berliner Abendblätter
     
    Mein Herr,
    Der Erfinder der neuesten Quinenlotterie hat die aufgeklärte Absicht gehabt, die aberwitzige Traumdeuterei, zu welcher, in der Zahlenlotterie, die Freiheit, die Nummern nach eigner Willkür zu wählen, Veranlassung gab, durch bestimmte und feststehende Lose, die die Direktion ausschreibt, niederzuschlagen.
    Mit Bedauern aber machen wir die Erfahrung, daß diese Absicht nur auf sehr unvollkommene Weise erreicht wird, indem der Aberglauben, auf einem Gebiet, auf dem man ihn gar nicht erwartet hatte, wieder zum Vorschein kommt.
    Es ist wahr, die Leute träumen jetzt keine Nummern mehr; aber sie träumen die Namen der Kollekteurs, bei denen man setzen kann. Die gleichgültigsten Veranlassungen nehmen sie, in einer Verkettung von Gedanken, zu welchen kein Mensch die Mittelglieder erraten würde, für geheimnisvolle Winke der Vorsehung an. Verwichenen Sonntag nannte ich den David, auf der Kanzel, einen gottgefälligen Mann; nicht den Kollekteur dieses Orts, wie Dieselben leicht denken können, sondern den israelitischen König, den bekannten Sänger der frommen Psalmen. Tags daraufließ mir der Kollekteur, durch einen Freund, für meine Predigt, scherzhafter Weise danken, indem alle Quinenlose, wie er mir versicherte, bei ihm vergriffen worden wären.
    Ich bitte Sie, mein Herr, diesen Vorfall zur Kenntnis des Publikums zu bringen, und durch Ihr Blatt, wenn es möglieb, ist, den Entwurf einer anderweitigen Lotterie zu veranlassen, die den Aberglauben auf eine bestimmtere und so unbedingte Weise, als es der Wunsch aller Freunde der Menschheit ist,

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