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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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die sie bewohnten, gehörigen Platz. Schon Büsching gibt die Menschenmenge zu 1700 Seelen an; eine ungeheure Bevölkerung, die die beträchtlichsten in England und in den Niederlanden, von 4500 Seelen auf 1 Quadratmeile, um ein Drittel übersteigt. Dabei ist der hohe und steile, an drei Seiten vom Meere bespülte Felsen, worauf der Flecken gebaut ist, wegen seiner mürben, zwischen den Fingern zerreiblichen Substanz, durch die Witterung vom Gipfel zum Fuß zerspalten und zerrissen; dergestalt, daß, aus Furcht vor den Erdfällen und Zerbröckelungen, die sehr häufig eintreten, bereits mehrere, auf dem äußersten Rand schwebende Häuser haben abgebrochen werden müssen, und bei einem derselben, vor mehreren Jahren, wirklich der Flügel des Königl. Wachthauses, schon herabgestürzt ist. Die Besorgnis, den Felsen ganz sich auflösen und zusammenfallen zu sehen, hat den Rat schon längst die Notwendigkeit einer Abdachung empfinden lassen; aber der beschränkte Raum, den sein Gipfel darbietet, und der im umgekehrten Verhältnis damit stehende, ungeheure jährliche Wachstum der Bevölkerung, verzögern die Ausführung dieses Entschlusses von Jahr zu Jahr. Die Einrichtung der Häuser kleiner und kompendiöser zu machen, oder sie dichter an einander zu rücken, oder die Straßen, die dadurch gebildet werden, zu verengen, ist unmöglich; denn die ein Stock hohen Häuser enthalten nicht mehr, als ein Zimmer, eine Kammer, eine Küche und eine Speisekammer, und die Straßen sind schon, ihrer ersten Anlage nach, so eng, daß kein Fuhrwerk sie passieren, und höchstens nur eine Leiche hindurch getragen werden kann. Gegen Südost befindet sich zwar noch ein kleines dünenartiges Vorland oder Unterland, auf dessen höchstem Punkt dicht an der Felswand noch 50 Häuser angenistelt sind; aber die Flut, so oft sie eintritt, überschwemmt diese Düne, und bei Stürmen und Ungewittern droht der Wachstum derselben, die Häuser, die darauf befindlich sind, gänzlich hinwegzuspülen. Erwägt man hierbei, daß der Felsen ganz unfruchtbar ist; daß auf dem Vor- oder Unterland, zwischen den Häusern, der einzige süße trinkbare Quell entspringt; daß man sich im Flecken selbst, mit bloßem Regenwasserbehelfen, und an heißen Sommertagen, über eine Treppe von 191 Stufen herabsteigen muß, um daraus zu schöpfen; daß nur einige Johannisbeersträucher, ein wenig Gerste (400 Tonnen nach Büsching) und Weide fürs Vieh, auf der Oberfläche des Felsens wachsen; daß innerhalb des hohen, vor Stürmen einigermaßen gesicherten, Hofes des Predigerhauses der einzige Baum befindlich ist (ein Maulbeerbaum); daß demnach, vom Ursprung dieses Etablissements an, alle Bedürfnisse, auch die ersten und dringendsten, aus den, sechs und zehn Meilen fernen Häfen des festen Landes, geholt werden mußten; daß durch den Krieg und die unerbittliche Sperrung des Kontinents der Insel diese Zufuhr gänzlich abgeschnitten ist; daß mithin, bis auf Fleisch, Butter, Bier, Salz und Brot, alles, mit unverhältnismäßig mühevollen Anstrengungen, aus den Häfen von England herübergeschafft werden muß: so gehört dieser, um einen Wert von 20 Mill. Pfund Sterling, spielende, kontinuierliche, an Leben und Bewegung alle Messen des Kontinents übertreffende Handel, der auf dieser öden, nackten, von der Natur gänzlich vernachlässigten Felsscholle, inmitten des Meers, sein Warenlager aufgeschlagen hat (nun aber wahrscheinlich Bankerott machen wird), gewiß zu den außerordentlichsten und merkwürdigsten Erscheinungen der Zeit.
    hk.

Weihnachtsausstellung
     
    Eine der interessantesten Kunstausstellungen für das bevorstehende Weihnachtsfest, wert, daß man sie besuche, und auch wohl, daß man etwas darin kaufe, ist vielleicht die Warenausstellung der, zum Besten der verschämten Armen beiderlei, doch vorzüglich weiblichen Geschlechts errichteten Kunst- und Industriehandlung, von Mad. Henriette Werkmeister, Oberwallstraße Nr. 7. Es hat etwas Rührendes, das man nicht beschreiben kann, wenn man in diese Zimmer tritt; Scham, Armut und Fleiß haben hier, in durchwachten Nächten, beim Schein der Lampe, die Wände mit allem was prächtig oder zierlich oder nützlich sein mag, für die Bedürfnisse der Begüterten, ausgeschmückt. Es ist, als sähe man die vielen tausend kleinen niedlichen Hände sich regen, die hier, vielleicht aus kindlicher Liebe, eines alten Vaters oder einer kranken Mutter wegen, oder aus eigner herben dringendenNot, geschäftigt waren: und man

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