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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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auf. Er hat, während dessen, unbemerkt eine Locke von Thusneldens Haar geschnitten, wendet sich ab, und drückt sie leidenschaftlich an seine Lippe).
     
    Thusnelda (hält inne).
Was hast du?
     
    Ventidius (entzückt).
  – Was ich um das Gold der Afern,
Die Seide Persiens, die Perlen von Korinth,
Um alles, was die Römerwaffen
Je in dem Kreis der Welt erbeuteten, nicht lasse.
     
    Thusnelda.
Ich glaub, du treibst die Dreistigkeit so weit,
Und nahmst mir – (Sie legt die Laute weg.)
     
    Ventidius.      Nichts, nichts, als diese Locke!
Doch selbst der Tod nicht trennt mich mehr von ihr.
(Er beugt ehrfurchtsvoll ein Knie vor ihr und geht ab.)
     
    Thusnelda (steht auf).
Ventidius Carbo, du beleidigst mich! –
Gib sie mir her, sag ich! – Ventidius Carbo!
     

Achter Auftritt
     
    Hermann mit einer Pergamentrolle. Hinter ihm Eginhardt. – Die Vorigen.
     
    Hermann.
Was gibts, mein Thuschen? Was erhitzt dich so?
     
    Thusnelda (erzürnt).
Nein, dies ist unerträglich, Hermann!
     
    Hermann.
Was hast du? Sprich! Was ist geschehn, mein Kind?
     
    Thusnelda.
Ich bitte dich, verschone fürder
Mit den Besuchen dieses Römers mich.
Du wirfst dem Walfisch, wie das Sprichwort sagt,
Zum Spielen eine Tonne vor;
Doch wenn du irgend dich auf offnem Meere noch
Erhalten kannst, so bitt ich dich,
Laß es was anders, als Thusnelden, sein.
     
    Hermann.
Was wollt er dir, mein Herzchen, sag mir an?
     
    Thusnelda.
Er kam und bat, mit einer Leidenschaft,
Die wirklich alle Schranken niederwarf,
Gestreckt auf Knieen, wie ein Glücklicher,
Um eine Locke mich –
     
    Hermann. Du gabst sie ihm –?
     
    Thusnelda.
Ich –? ihm die Locke geben!
     
    Hermann. Was! Nicht? Nicht?
     
    Thusnelda.
Ich weigerte die Locke ihm. Ich sagte,
Ihn hätte Wahnsinn, Schwärmerei ergriffen,
Erinnert ihn, an welchem Platz er wäre –
     
    Hermann.
Da kam er her und schnitt die Locke ab –?
     
    Thusnelda.
Ja, in der Tat! Es scheint, du denkst, ich scherze.
Inzwischen ich auf jenem Sessel mir
Ein Lied zur Zither sang, löst er,
Mit welchem Werkzeug weiß ich nicht, bis jetzt,
Mir eine Locke heimlich von der Scheitel,
Und gleich, als hätt er sie, der Törichte,
Von meiner Gunst davongetragen,
Drückt’ er sie, glühend vor Entzücken, an die Lippen,
Und ging, mit Schritten des Triumphes,
Als du erschienst, mit seiner Beut hinweg.
     
    Hermann (mit Humor).
Ei, Thuschen, was! So sind wir glückliche
Geschöpfe ja, so wahr ich lebe,
Daß er die andern dir gelassen hat.
     
    Thusnelda.
Wie? Was? Wir wären glücklich –?
     
    Hermann.     Ja, beim Himmel!
Käm er daher, mit seinen Leuten,
Die Scheitel ratzenkahl dir abzuscheren:
Ein Schelm, mein Herzchen, will ich sein,
Wenn ich die Macht besitz, es ihm zu wehren.
     
    Thusnelda (zuckt die Achseln).
– Ich weiß nicht, was ich von dir denken soll.
     
    Hermann.
Bei Gott, ich auch nicht. Varus rückt
Mit den Kohorten morgen bei mir ein. –
     
    Thusnelda (streng).
Armin, du hörst, ich wiederhol es dir,
Wenn irgend dir dein Weib was wert ist,
So nötigst du mich nicht, das Herz des Jünglings ferner
Mit falschen Zärtlichkeiten, zu entflammen.
Bekämpf ihn, wenn du willst, mit Waffen des Betrugs,
Da, wo er mit Betrug dich angreift;
Doch hier, wo, gänzlich unbesonnen,
Sein junges Herz sich dir entfaltet,
Hier wünsch ich lebhaft, muß ich dir gestehn,
Daß du auf offne Weise ihm begegnest.
Sag ihm, mit einem Wort, bestimmt doch ungehässig,
Daß seine kaiserliche Sendung
An dich, und nicht an deine Gattin sei gerichtet.
     
    Hermann (sieht sie an).
Entflammen? Wessen Herz? Ventidius Carbos?
Thuschen! Sieh mich mal an! – Bei unsrer Hertha!
Ich glaub, du bildst dir ein, Ventidius liebt dich?
     
    Thusnelda.
Ob er mich liebt?
     
    Hermann.      Nein, sprich, im Ernst, das glaubst du?
So, was ein Deutscher lieben nennt,
Mit Ehrfurcht und mit Sehnsucht, wie ich dich?
     
    Thusnelda.
Gewiß, glaub mir, ich fühls, und fühls mit Schmerz,
Daß ich den Irrtum leider selbst,
Der dieses Jünglings Herz ergriff, verschuldet.
Er hätte, ohne die betrügerischen Schritte,
Zu welchen du mich aufgemuntert,
Sich nie in diese Leidenschaft verstrickt;
Und wenn du das Geschäft, ihn offen zu enttäuschen,
Nicht übernehmen willst, wohlan:
Bei unsrer nächsten Zwiesprach werd ichs selbst.
     
    Hermann.
Nun, Thuschen, ich versichre dich,
Ich liebe meinen Hund mehr, als er dich.
Du machst, beim Styx, dir überflüssge Sorge.
Ich zweifle nicht, o ja, wenn ihn dein schöner Mund
Um einen Dienst ersucht, er tut

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