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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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und - kalte Luft erfasset! Ach! da schwol mir der Busen! must’ hinweg, so unbefriedigt, so durstend wie zuvor - da dreht’ ich die Augen vol Tränen himmelan, blikt’ unterwärts, schlug mich an die glühende Stirn, eilte nach Hausse! - Ach! so ein Zustand! Aber nun, wenn die Geliebte meiner Sele, denk’ ich, hier für mich auf dieser Welt nicht mer wäre - was dan? Wie wolt’ ich’s aushalten, die langen Lebensiare vol zerenden Kummers? Fürwar! nicht lange würd’ ich mich quälen - dies Gehirn ist bald zerrüttet, und das schlagende Herz bald zum Stillesteh’n gebracht — we gerat’ ich hin? - Ich bin iezt ganz anders wie sonst. Mannichmal übereist eine Kälte den, sonst so warmen, Jüngling, daß mich sogar ein mittelmässigefr] Menschenkenner für einen Gefüllosen, Unempfindlichen schelten würde - eine Kälte, we mich eine noch so rürende Sache nicht zum Weinen bringen könte. Ich bin zu unglüklich; darum rüren mich andrer Leiden iezt so wenig. Und oft - da steigen die Tränen von selbst, in die Augen - bei den freudigsten Begebenheiten. Denn eben diese lassen mich mein Leiden vermöge des Kontrastes noch einmal so stark empfinden. -
     
     
    am 16. Nov.
    Nichts mer braucht’ es, mein Unglük volkommen zu machen, als den Kerl kennen zu lernen, den ich dir schon in den vorigen Briefen als einen Nichtswürdigen geschildert habe - den nämlich, der meine Heloise bekommen sol. Ich sah ihn, und sein Anblik erschütterte die, schon sinkende, Sele - der arme Niedergedriikte wurde gar in die Tiefen des höchsten menschlichen Elends versenkt. Er kent mich schon, er weis die ganze Verbindung, in der ich mit Heloisen stehe. Er meidet meinen Anblik -tief kocht Has aus dem beengten Herzen herauf, flistert, heimlich mir zu: Beleidig’ ihn - schad’ ihn[!]. Tagtäglich mus ich ihn sehen. Wüst’ ich doch seinen Namen nicht, um mich ieden Augenblik an den Quel meiner Plagen zu erinnern! Und höre noch Lieber! bald, bald geht er hin - mich ganz unglüklich zu machen. Denn bald wird er meine Heloise heuraten. Ach! mit diesem Wort’ alles hin - mit diesem Worte meine Freud’ auf - — ein ganzes Leben geraubt - mit diesem Wort ich elend! Freund! wenn mich doch eine Krankheit hinrisse, um al den Jammer nicht zu erleben! Wie gern wolt’ ich an dem Heuratstag Heloise’s hinscheiden von dieser Welt! Wen[n] doch des Todes kalter Arm den Lechzenden, Unglüklichen umfaste -und hin in’s stille Grab ihn senkte! Ach! wie wol wär mir’s in der külen Erde, we die Brust, vom Jammer gedrängt, hinwesete, al die Glut, die im Herzen flamt, abgekült würde, und der arme Abelard ruhig al seine Qualen verschlummerte - Vielleicht! ach! mus ich ihn wol selbst rufen - Selbst! - oh!!
     
     
    am 12 Dezemb.
    Warum ich dir seltner als sonst schreibe? Keine andre Ursache, als weil ich nichts zu schreiben habe. Alle meine Briefe sind vol von Klagen über mein Elend - sind Zeugen meines Unglüks - — und davon wilst du viele lesen? — Doch heut’ einmal, Dank Got! kan ich mit unbedrängterm Herzen schreiben. Ein wenig Hofnung dämmert im schwarzen Gewölk meiner künftigen Leiden herauf - Wie’s so wol tut! Aber wie? ich freue mich, daß eine — Mordtat mer in der Welt geschehen ist? Paradox!
    Ich wil dir’s enträtseln. Fischer ist fort von hier; aber vorher hat er einen Menschen im Duel ermordet. Man sezt ihm nach. Nun ist keine Hofnung für ihn, Heloisen zu bekommen. Weit wird der Bedauernswürdige in der Welt umherschweifen. Ach!
    wenn’s wäre - wenn ich Heloise einmal — Got! wie glüklich!
    Aber mir andet’s - Den ganzen Vorfal hab’ ich dem Karl schon geschrieben.
     
     
    am 20 Dezemb.
    Wütet nur immer, ihr Qualen! die ihr’s arme Herz zerprest - lekt nur immer, glühende Schmerzen! das bisgen Freudenund Lebenskraft im Elenden auf - giesset neuen Jammer in die gedrängte Brust, damit sie bald zerspringe — verzert den armen Abelard! Vorher must’ ein ziikkender Stral der Hofnung ein wenig dämmern, damit ewiges Dunkel desto fürchterlicher dem Erdenson alle Freuden verfinstern, schwarzes Gewölk desto graulicher über seinen Scheitel wüten könne. Ha! eile! entflieh’ der öden Erde! we keine Freude mer für den Verlasnen keimt - — wo Jammer, Unglük nur sich vereinigen, den Guten zu foltern, den Bösen durchzulassen. Lies! Wilhelm! dies aus Karl’s Brief; und zittre für deinen Freund. »Den 17 Dezemb. kam Fischer an. Er kerte bei’m Amtman ein, wo, wie du weist, Heloise logirt. Er tat ganz

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