Saemtliche Werke von Jean Paul
Blumen-Blättern die Schnee-Rinde erst unter der Frühlingsonne des entfernten zweiten Himmels rinnen wird! –
Ottomar hat den Winter verzankt und verstritten; hat viele Korrespondenz; advoziert wie ich, aber gegen jeden giftigen Stammbaum und Hundstern auf dem Rock, am meisten gegen den Fürstenhut seines Bruders, der damit Untertanen wie Schmetterlinge erwirft und fängt. Er glaubt, ein Advokat sei der einzige Volktribun gegen die Regierung; nur sei das bisherige Lesen der Advokaten schlimmer gewesen als selbst das Buchstabieren , das der selige Heinecke für schlimmer ausschrie als Erbsünde und Pest. Ich möchte ihn fast für den Verfasser einer Satire über den Fürsten halten, die im Winter vor den Thron kam und die der Patenbrief eines Räubers mit der Bitte war, der Fürst möchte dem kleinen Diebs-Dauphin seinen Namen geben, wie einem Minister, und sich seiner annehmen, wenn die Eltern gehenkt wären. Am meisten fielen mir einige pasquillantische Züge auf, die eine feinere Hand verraten; z. B. der Staat sei eine Menschenpyramide, wie sie oft die Seiltänzer formieren, und die Spitze derselben schließe sich mit einem Knaben – Das Volk sei zähe und biegsam wie das Gras, werde vom Fußtritt nicht zerknickt, wachse wieder nach, es möge abgebissen oder abgeschnitten werden, und die schönste Höhe desselben für ein monarchisches Auge sei die glattgeschorne des Park-Grases – Diebe und Räuber würden für Separatisten und Dissenters im Staate gehalten und lebten unter einem noch ärgern Druck als die Juden, ohne alle bürgerliche Ehre, von Ämtern ausgeschlossen, in Höhlen wie die ersten Christen und ebensolchen Verfolgungen ausgesetzt; gleichwohl fahre man solchen Staatsbürgern, die den Luxus und Geld-Umtrieb und Handel stärker beförderten als irgendein Gesandter, bloß darum so hart mit, weil diese Religionsekte besondere Meinungen über das siebente Gebot hegte, die im Grunde nur im Ausdruck sich von denen anderer Sekten unterschieden etc. –
Der Verfasser kann aber auch ein wirkliches Mitglied dieser geheimen Gesellschaft sein, die überhaupt weit humoristischer und unschädlicher stiehlt als jede andre. Neulich hielten sie den Postwagen an und nahmen ihm nichts als ein Grafen-Diplom, das jemand zugefahren wurde, der kaum die Emballage desselben verdiente – ferner sie forderten einmal, wie ein höherer Gerichtstand, dem Beiwagen gewisse wichtige Akten ab, über die ich hier nichts sagen darf – und vor vierzehn Tagen hielten ihre Kaper-Schiffe vor den Schränken der Theater- und der Redouten-Garderobe und warfen ihre Zuggarne über die darin hängenden Charaktere aus; es waren nachher keine Kleider zum Agieren und Maskieren da als bäuerische. – Ich halte sie für dieselben, die, wie der Leser weiß, vorlängst den leidtragenden Kanzeln und Altären die schwarzen Flügeldecken abgelöset haben.
So wäre also der biographische Winter abgetan und weggeschmolzen. – »Hast du so viel geschrieben,« – sagte Fenk – »so reise nach Lilienbad und gebrauche den Brunnen und den Brunnen-Doktor, welches ich bin, und den Brunnen-Gast, welches Gustav ist: denn dieser heilet ohne das Lilien-Wasser und ohne die Lilien-Gegend dort nicht aus; ich muß ihn hinbereden, es mag dort schon sein, wer will. Freue dich, wir gehen einem Paradies entgegen, und du bist der erste Autor im Paradiese, nicht Adam.«
»Das schönste Beet« – sagt’ ich – »ist in diesem Eden das, daß mein Werk kein Roman ist: die Kunstrichter ließen sonst fünf solche Personen auf einmal wie uns nimmermehr ins Bad, sie würden vorschützen, es wäre nicht wahrscheinlich, daß wir kämen und uns in einem solchen Himmel zusammenfänden. Aber so hab’ ich das wahre Glück, daß ich bloß eine Lebensbeschreibung setze und daß ich und die andern sämtlich wirklich existieren, auch außer meinem Kopfe.«…
– – Jetzt kann der Leser den Geburttag dieses Sektors erfahren: – – er ist gerade einen Tag jünger als unser Glück – kurz morgen reisen wir, ich und Philippine, und heute schreib’ ich an ihm. Gustav wird bloß durch einen Strom von freundschaftlichen und medizinischen Vorstellungen mit fortgeführet und morgen von uns fortgezogen. – Die Fortuna hat diesesmal keine Vapeurs und keine einseitigen Kopfschmerzen; alles glückt uns; eingepackt ist alles – meine Fristgesuche sind geschrieben – aus Maußenbach darf mich niemand stören – der Himmel ist himmlisch blau, und ich brauche nicht meinen Augen,
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