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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Augen und ihr Innerstes; die zwei entkörperten Seelen schaueten groß ineinander hinein, und ein vorüberfliegender Augenblick des zärtlichsten Enthusiasmus zauberte sie an den Augen zusammen…. Aber plötzlich suchten sie wieder den alten Ort, und Beata blieb mit ihren an der Kanzel.
    Ich kanns nicht behaupten, ob er, Herr Bürger, diese nützliche Predigt schon unter seine gedruckten getan oder nicht; gleichwohl soll mich dieses Lob nicht hindern zu gestehen, daß seinen an sich guten Predigten eigentliche Kraft einzuschläfern vielleicht fehle, ein Fehler, den man sowohl beim Lesen als beim Hören wahrnimmt. Hier will ich zum Besten andrer Geistlichen einige Extraseiten über die falsche Bauart der Kirchen einschichten.
    Extraseiten über die falsche Bauart der Kirchen
    Ich hab’ es schon dem Konsistorium und der Bauinspektion vorgetragen; aber es verfängt nichts. Wir und sie wissen es alle, daß jede Kirche, eine Kathedral-Kirche so gut als ein Filial, für den Kopf oder das Gehirn der Diözes zu sorgen habe, d. h. für den Schlaf derselben, weil nach Brinkmann jenes nichts so stärkt als dieser. Es wäre lächerlich, wenn ich mich hersetzen und erst lange ausführen wollte, daß dieser desorganisierende Schlaf auf eine wohlfeilere Art und für weniger Pfennige und Opium als bei den Türken zu erregen steht; denn unser Opium wird wie Quecksilber äußerlich eingerieben und hauptsächlich an den Ohren angelegt. Nun ist niemand so gut wie mir bekannt, was man in der ganzen Sache schon getan. Wie man in Konstantinopel (nach de Tott ) besondere Buden und Sitze für die Opiumesser, aber nur neben den Moscheen hat: so sind sie bei uns darin und heißen Kirchenstühle. – Ferner brennen ordentliche Nachtlichter auf dem Altar. Die Fensterscheiben haben in katholischen Tempeln Glasgemälde, die so gut wie Fenstervorhänge Schatten geben. Zuweilen sind die Pfeiler so geordnet oder vervielfältigt, daß sie zur kirchlichen Dunkelheit mithelfen, die der Zweck des Schlafens so sehr begehrt. Da die Schlafzimmer in Frankreich lauter matte glanzlose Farben haben: so ist in dem großen kanonischen Schlafzimmer wenigstens insofern für den Schlaf gesorgt worden, daß doch die Teile der Kirche, auf die das Auge sich am meisten richtet, Altar, Pfarrer, Kantor und Kanzel, schwarz angestrichen sind. Man sieht, ich unterdrücke keinen Vorzug, und es ist nicht Tadelsucht, wenn ich tadele. –
    Aber es fehlet einem Tempel noch viel zu einem wahren Dormitorium. Ich stand (ich könnt’ auch sagen: ich lag) in Italien und auch in Paris in mehren Theaterlogen, die vernünftig eingerichtet und möbliert waren: man konnte darin (weil alles dazu da war) schlafen , spielen, pissen, essen und mehr…… Man hatte seine Freundinnen mit. Das haben nun die Großen gewohnt; wie will man ihnen ansinnen, sie sollen in die Kirche fahren und darin schlafen, da ihnen ihr Geld eher alle Freuden als den Schlaf verschafft? – Beim tiers état, beim Bauer und Bürger, selber beim Bürgermeister-Kollegium, das sich die ganze Woche matt votiert, ists kein Wunder, sondern freilich leicht dahin zu bringen, daß sie leicht auf jedem Stuhl, auf jeder Empor entschlafen; ich leugn’ es nicht; aber der Libertin, der Schläfer auf Eiderdunen, wird euch (und predigte ein Konsistorialrat) auf keinem bloßen Sessel schlafen; er geht daher lieber in keine Kirche. Für solche Leute von Ton müssen daher ordentliche Kirchenbetten in den Logen aufgeschlagen werden, damit es geht; so wie auch Spieltische, Eßtische, Ottomanen, Freundinnen u. dergl. in einer Hofkirche so unentbehrliche Dinge sind, daß sie besser an jedem andern Orte mangeln könnten als da.
    Man kann es also, ohne mich und die Wahrheit zu beleidigen, kein Schmeicheln nennen, wenn ich verfechte, daß bloß die dumme Kirchen-Architektur und der Mangel alles Haus- und Kirchengeräts, aller Betten etc. daran schuld sind, nicht aber die gut und philosophisch oder mystisch ausgearbeiteten Predigten geschickter Hof-, Universität-, Kasernen- und Vesper-Prediger, wenn die Leute von Stand weit weniger darin schlafen können, als man sich verspricht.
    Ende der Extraseiten
    Nach der Kirche trafen wir alle an der Sakristei zusammen. Ich gehe über Kleinigkeiten hinweg und komme sogleich dazu, daß wir sämtlich abzogen und daß Gustav unserer schönen Dauphine den Arm gab und nahm. Es war ein ruhiges Wandeln unter der festlichen Sonne und unter den Blüten der Gebüsche hinweg. Der Putz, die getäfelte Stirn,

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