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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Denken, Fühlen und Wollen. Aber nicht auf künstlich isolierte Geistesfunktionen glaubte Herder die Erkenntnis gründen zu dürfen, sondern allein auf den einheitlichen Geist und seine Erkenntniskraft. Und genau so ging Jean Paul in seiner Dichtung über die Unsterblichkeit der Seele nicht vom kritisch begrifflichen Denken aus, sondern von dem inneren Schauen des Menschen. Mochte diese Art dem ganzen neunzehnten Jahrhundert naiv und unwissenschaftlich erscheinen, wie ihm der ganze Gedankenbau Hamanns und Herders naiv und unwissenschaftlich erschien – Jean Paul tat doch nichts anderes, als den Sinn sprechen zu lassen, auf den alle großen Weltanschauungen gegründet sind: die intuitive Erkenntniskraft der Seele.
    Es ist bezeichnend für ihn, daß er gerade umgekehrt schloß, als es gewöhnlich geschieht. Er geht von dem Grunderlebnis aus, daß nicht die Seele abhängig vom Körperlichen ist, sondern umgekehrt der Seele eine die Materie aufbauende Kraft innewohnt. Er zeigt, wie der innere Mensch durch sein Wollen die Einwirkungen des Körpers zu überwinden vermag, wie ein zerstörter Körper durch eine ihm zugeführte frappante Idee auch in seinem zerstörten Geistesleben wieder hergestellt werden kann. Gerade das Dasein geistig freier und ausgebildeter Menschen mache die Idee gänzlicher Vernichtung unsinnig und widerlich, während man sonst eher geneigt ist, in der irdischen Hinfälligkeit und Trostlosigkeit auf den Ausgleich in einer höheren Welt zu schließen. Nicht aus Unzulänglichkeit und Verzweiflung läßt er die Notwendigkeit einer höheren Welt aufsteigen, sondern aus Schönheit und Kraft, und ganz für diese Anschauung bezeichnend ist der Beweis oder vielmehr nicht der Beweis – denn zu beweisen lehnt er ja gerade ab –, sondern gewissermaßen die Versinnlichung dieser seiner Anschauung. Es verbreitet sich das Gerücht von dem Tode eines herrlichen, der Hochzeitsgesellschaft bekannten Menschen, einer körperlich schönen und geistig edlen Jungfrau. Als alle sie tot glauben, erscheint sie plötzlich selbst und überzeugt die Anwesenden durch ihre Erscheinung von dem Gräßlichen und Abscheulichen einer Vorstellung, die diese herrliche Bildung vernichtet denkt.
    Durch den schönsten Tag und das herrlichste Tal der Erde hat uns der Dichter hindurchgeführt. Am Abend besteigen Dichter und Heldin die Mongolfiere in überbrausendem Lebensgefühl, um den Sternen näher zu sein, die die Pyrenäen bekränzen. In diesem zauberischen Bilde das Vernichtungsgefühl der Kreatur in siegreicher Schönheit und Kraft überwindend.
    Der Schwerpunkt der kleinen Schrift aber liegt in der Überwindung des Kantianers, der in die Handlung eingeführt ist. Hier kommt der Denker Jean Paul zu Wort, der immer noch Dichter ist und den gerade deshalb sein Denken weiter trägt als den Schulphilosophen. Die »Clavis Fichtiana«, in der er einige Jahre später gegen die äußerste Zuspitzung des kantischen Systems polemisierte, ist hier bereits in nuce vorhanden. Diese immer mehr in den Vordergrund tretende Feindschaft gegen Kant und seine Schule ist für Jean Paul im höchsten Grade schicksalhaft. In dem Kantianismus hat er, gleich Hamann und Herder, eine größere Gefahr für die Zeit gesehen als in jedem Un- oder Aberglauben, weil sie die Frage nach dem Ding an sich, d. h. nach der lebendigen Wirklichkeit an der Wurzel abschnitt.
    Das »Kampanertal« ist auf seltsame Weise verflochten mit einer andern Dichtung Jean Pauls, die zu seinen abruptesten und willkürlichsten gehört: der »Erklärung der Holzschnitte unter den zehn Geboten des Katechismus«. An den Holzschnitten zu den zehn Geboten in dem in Ansbach und Baireuth eingeführten kleinen Katechismus schildert er in humoristisch satirischer Form, offenbar in Anlehnung an die Lichtenbergschen Erklärungen zu Hogarths Holzschnitten, die Beförderung eines Salzrevisors (man denkt an Reichardts Besuch) zum Bettmeister. In einer späteren Periode hat der Dichter im »Leben Fibels« diesen Gedanken wieder aufgenommen, indem er der in den Baireuther Schulen eingeführten Schulfibel einen Verfasser unterlegte und dessen Leben humoristisch und dichterisch abwandelte. In der Erklärung der Holzschnitte wollte er wohl zunächst den sinnlosen Religionsunterricht geißeln, wie er damals an den Schulen gehandhabt wurde. Die Holzschnitte stellen die Verbrechen dar, gegen die die Gebote sich wenden. Sie sollten abschrecken, verführten aber durch die sinnliche Darstellung geradezu zu

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