Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
ihrer Übertretung. Gleichzeitig konnte er in der Satire seine gegnerischen Kunst- und Bilderdiener polemisch geißeln, wie es bereits in der »Geschichte meiner Vorrede« geschehen war. Auch hier erscheint wiederum der Kunstrat Fraischdörfer, und wie dieser auch hier wieder als Verkörperung der Weimarer Kunstanschauungen fungiert, zeigt der fingierte Hinweis, daß er die Erklärungen zu den Holzschnitten in Weimar erhalten habe. Im Ganzen völlig verfehlt, enthält die kleine Schrift doch eine Menge vortrefflicher Einzelheiten, die gerade auf dem Gebiet der politischen Satire liegen.
    »Das Ganze ist ein flüchtiger Spaß, ein Vehikel von Einfällen, keine Biographie«, schrieb Jean Paul an Otto. »In das öde katechetische Bilderkabinett ist keine biographische Succession zu bringen, außer wenn man, wie du rätst, die zehn Bilder bloß so unzusammenhängend gebraucht wie die Romanciers die chodowieckischen.« Wie man sieht, war der Dichter selbst dieser Arbeit bald überdrüssig. Er gab das Buch dem Geraer Verleger Hennings, der ihm durch Spangenberg empfohlen war.
     
    Das »Kampanertal«, für die Zweifel zarter weiblicher Wesen zunächst gedacht, wurde sehr rasch zum Lieblingsbuch seiner Verehrerinnen, deren Schar immer noch wuchs. Ein derartiges Ausgeben des Gefühls in einen umfangreichen Briefwechsel, ein derartiges Fortschenken persönlicher Energien an so zahlreiche Persönlichkeiten, von denen eine oder zwei genügt hätten, um dem Dichter das Erlebnis der großen Welt zuzuführen, konnte natürlich für Jean Pauls Produktion nicht günstig sein. Wenn er dennoch fortgesetzt neue Damen der großen Welt an sich heranzog und sich ihnen widmete, mußte ein Erlebnis besonderer Art dahinterstecken. Schon der Leipziger Student hatte diese Hinneigung zur eleganten Welt. Wenn er seitenlange Beschreibungen des Pariser Gesellschaftslebens aus Rousseaus Schriften auszog, wenn er immer wieder Versuche machte, in der Leipziger Gesellschaft festen Fuß zu fassen, wenn es ihn ganz offensichtlich immer wieder zu dem Verkehr mit adligen Personen drängte, so war das nicht nur eine Reaktion auf seine untergeordnete gesellschaftliche Stellung, sondern mehr. Es hing mit seiner Auffassung des Dichterberufs zusammen. In ihm lag die Anschauung, daß der Sänger nicht nur mit dem König gehen solle, sondern selbst eine Art Herrscher ist. Ja man kann geradezu sagen, daß in diesen Seiten Jean Pauls ein verdrängtes Wunschbild der eigenen Person durchbricht. Im Schluß des »Hesperus« läßt er sich selbst als Prinz offenbar werden und führt diese, vielleicht nur anscheinend satirisch aufgefaßte Rolle auch in den nächsten Werken fort. Als Prinz erscheint er in den »Biographischen Belustigungen«, und im »Titan« läßt er seinen Lieblingshelden Albano auf den Thron gelangen. Einen Thron konnte Jean Paul nun freilich für seine Person nicht erringen, aber einzelne Embleme des Herrscherberufs waren ihm zugänglich, und diese ergriff er in voller Freude über das Erreichte. Ein Psychoanalytiker würde vielleicht sein Spielen mit Potentatenbildern in früher Kindheit zur Stützung dieser Auffassung heranziehen können. Auch die überragende Stellung des Vaters, der immer der Erste, wenn auch nur in Wunsiedel, Joditz oder Schwarzenbach war, mochte in diesen Königsträumen weiterschwingen. Im Schaffen entlud sich dieses verdrängte Wunschbild keineswegs ganz glücklich etwa im Schluß des »Hesperus«. Im Leben setzte es sich in ein eigentümliches Repräsentationsbedürfnis um. Wer Jean Pauls Haltung seit seinen großen Erfolgen aufmerksam beobachtet, der fühlt es deutlich, daß er nicht nur das Bedürfnis, sondern geradezu die Pflicht empfindet, zu repräsentieren. Das tritt nicht allein in seinem Verkehr mit den adligen Anbeterinnen seiner Person und seiner Werke hervor, sondern selbst gegenüber seinem Werk, soweit es damals vorhanden ist. In seinen Romanen hatte er eine Welt ins Leben gerufen, seine Helden und Heldinnen waren gewissermaßen seine Vasallen. Immer wieder läßt er sie in neuen Werken auftreten. Der Hofstaat von Flachsenfingen ist gewissermaßen sein eigener Hof, der immer wieder in Erscheinung tritt, genau wie seine eigene Person immer wieder als Deus ex machina in seinen Arbeiten auftaucht. Die hochgestellten Personen, die ihm begegnen, sind gewissermaßen Figuren seiner Werke. Er empfindet eine lebhafte Freude daran, wenn Wilhelmine von Kropff sich als Klothilde bezeichnet. Wo die ihm bekannten Damen der

Weitere Kostenlose Bücher