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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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höhnische Ausruf gegen den oberflächlichen Geist der leeren Griechenanbeter, die sich in Entrüstung über den »die griechische Götterwelt niederziehenden Euripides« nicht genugtun können: »Stünde nun ein solcher von Aristophanes sittlich verurteilter Euripides in den jetzigen Ländern wieder auf; was würden die Länder machen? Ehrenpforten zu einem Ehrentempel für ihn; denn, würden sie sagen, es darf uns wohltun, endlich einmal den Wiederhersteller reiner Sittlichkeit auf unsern besudelten Bühnen zu begrüßen.« Darum also war es Jean Paul in erster Linie zu tun: zu zeigen, welch ein Widerspruch zwischen der Griechenbegeisterung seiner Zeit und ihrem eigenen Verhalten unter ähnlichen Umständen klafft.
    Der griechischen Kunst wird die »romantische« entgegengesetzt, das heißt im allgemeinen die Kunst der christlich nordischen Völker. Aber der Bogen wird auch bis zur Edda einerseits, bis zur indischen Poesie andererseits ausgespannt, ja selbst im Griechentum werden romantische Stimmungen festgestellt. Was Jean Paul unter romantischer Kunst versteht, geht aus der Bewußtheit hervor, mit der er immer wieder das Christentum mit seiner seelischen Bereicherung als die große Grenzscheide zwischen der Antike und der Neuzeit kennzeichnet. Wir fanden schon in seiner ersten Auseinandersetzung mit dem Geist von Weimar den eigentlichen Gedanken, der auch hier wieder Leitpunkt seiner Darstellung ist: daß die bildende Kunst in dem vorwiegend plastisch gestimmten Griechentum ihre höchste und vielleicht abschließende Vollendung gefunden hat, daß aber die fortgesetzte seelische Bereicherung in der Dichtung zu immer reicheren und vielfarbigeren Gebilden führen müsse, und daß hier in der gesteigerten Differenzierung ein Ende erst mit dem Ende der Menschheit abzusehen ist.
    Wie das Griechentum aus der Natur seines Landes abgeleitet wird, so ist der bewölkte Himmel des Nordens die eigentliche Heimat der romantischen Poesie. Seit Klopstock beginnen wir wieder, uns dieser eigentümlichen Natur unserer Poesie voller Stolz bewußt zu werden, und von Klopstock ab rechnet Jean Paul den ungeheuren Aufschwung der deutschen Dichtung, die zu immer höheren und reicheren Gedichten führen würde. Rittergeist und Christentum, Sterndeuterei und Aberglauben im höheren Sinne rechnet Jean Paul zu den Grundkräften der romantischen Poesie und führt als Musterbeispiele dieser Gattung Herders »Legenden«, Gozzi, den »Wilhelm Meister« und einige Werke Klingers an. Wie vereinsamt Jean Paul sich damals bereits fühlte, geht aus seiner Bemerkung hervor, daß er die Deutschen »für die romantische Poesie zu schwer und fast für die plastische geschickter« hält. Mochte er damals bereits voraussehen, daß die gräzisierende Richtung über eine deutsche Verwirklichung, wie sie ihm vorschwebte, triumphierte?
    Mit dem sechsten Programm beginnt er die eigentliche Poetik. »Über das Lächerliche«, »Über die humoristische Dichtkunst«, »Über den epischen, dramatischen und lyrischen Humor« nennt er die folgenden Untersuchungen, die das Beste enthalten, was je über die komische oder humoristische Dichtung geschrieben worden ist. Zu diesen Teilen strömte ihm der Stoff aus seinem gesamten Schaffen in Fülle zu. Wir sahen bereits bei Besprechung seiner ersten Satirenbände, wie klar ihm schon damals die feinsten Unterscheidungen des Stils waren. Die metaphysische Grundlegung des Humors ist vielleicht die eigentliche Leistung der Vorschule. Im Humor handelt es sich um ein Endliches, welches auf das Unendliche angewandt wird. Der Humor ist das »umgekehrt Erhabne«. Er ist die Parodie des Großen durchs Kleine, er verknüpft und mißt mit der kleinen Welt die unendliche, er adelt die Narrheit zur Weisheit. Er vernichtet das Endliche durch den Kontrast mit der Idee, die hinter aller Endlichkeit steht. Er erniedrigt das Kleine und setzt ihm das Große an die Seite, er erhöht das Kleine und setzt ihm das Große zur Seite und vernichtet so das Große wie das Kleine. Für den Humor gibt es keine einzelne Torheit, keine Toren, sondern nur Torheit und eine tolle Welt. Darin liegt die Totalität des Humors. Aber noch weiter: der Humor ist im Grunde seines Wesens ernst, weil er das tragische Durchschauen des Weltganzen ist. Immer aber, obwohl voll höchster, unerreichter Objektivität, ist der Humor verbunden mit der zugespitzesten Subjektivität, weil das Ich, obwohl erhoben zum Welten-Ich, stets der Träger des Humors ist. So wächst der

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