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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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geäußert. »Es konnte ihm«, sagte sie zu Wilhelm Müller, »keiner so recht machen wie die alte Rollwenzeln, und er hat viel, sehr viel auf mich gehalten. Aber ich habe ihn auch gepflegt; wie einen Gott auf Erden habe ich ihn angesehen, und wenn er mein König und mein Vater und mein Sohn zusammen gewesen wäre, ich hätt’ ihn nicht mehr lieben und verehren können.« Zu Willibald Alexis sagte sie: »Es gibt nur einen Jean Paul. Viele können auch gut schreiben und was vorbringen, aber den Witz haben sie nicht. Woran ein anderer einen Tag lang schreibt und simuliert, das schreibt meiner in einer Minute.« So hatte sie sich Jean Pauls Bedeutung auf ihre Art zurechtgelegt. »Wie einen Gott auf Erden habe ich ihn gehalten.« Und damit stand sie nicht allein da. Fast klingt dieses Urteil an die Worte von Karoline Herder an, die in Jean Paul den »einzig Lebendigen, den Genius und Heiland seiner Zeit« sah, wie sie ihm nach Erscheinen seiner »Levana« schrieb. »Die Deutschen wünschen sich einen komischen Dichter – die Narren, sie haben Augen und sehen nicht, – sie haben Ohren und hören nicht.« Die Frau aus dem Volke sah und hörte, nicht auf dem Umweg über das geschriebene Wort, sondern unmittelbar.
    Es ist nur natürlich, daß Karoline sich durch Jean Pauls häufige Abwesenheit vernachlässigt fühlte und in der Tat vernachlässigt wurde. Aber für den Dichter gab es nur das Gesetz seines Schaffens. Er mußte seine Welt suchen und fand sie außerhalb des Hauses und im Hause noch in den Kindern und in seiner Stube. Ihm zu Füßen lag ein Hund, der sein regelmäßiger Begleiter gewesen war, abwechselnd ein weißer und ein schwarzer Spitz, gewöhnlich Ponto geheißen. Auch hatte er stets einige Kanarienvögel in seinem Hause. Wenn er ausging, öffnete er ihnen den Käfig, damit sie sich während seiner Abwesenheit nicht langweilten. Auch Mäuse hielt er sich zuzeiten, und eine Zeitlang gehörte seine besondere Liebe einigen Laubfröschen. Auch ein Eichhörnchen hielt er sich, das bei Spaziergängen auf seiner Schulter saß und das er sogar einmal in der Tasche in die Kirche mitnahm. Von den Tieren ließ er sich tyrannisieren wie von seinen Kindern. Diese hatten jederzeit zu ihm Zutritt. Kein noch so großer Lärm störte ihn beim Arbeiten. Er spielte mit ihnen, erzählte ihnen Märchen und tanzte sogar, wenn sie es verlangten. Im übrigen erzog er sie vollkommen nach den in der »Levana« niedergelegten Grundsätzen.
    Natürlich spielten die alten Baireuther Freunde in seinem Leben eine große Rolle. Otto war mit Amöne bereits vor fünf Jahren nach Baireuth übergesiedelt. Die alte Wärme hatte diese Freundschaft nicht mehr. In alter unverminderter Herzlichkeit aber blühte der Verkehr mit dem prachtvollen Emanuel, der ihm und der Gattin auch mit praktischen Ratschlägen zur Hand ging, was sich oft als sehr nötig erwies. Von neuen Freunden seien der Medizinalrat Langermann, der Regierungsrat von Dobeneck und der Minister Rechberg genannt. Der spätere Minister von Schuckmann, der Bruder von Jean Pauls einstiger Freundin Henriette, stand als preußischer Kammerpräsident an der Spitze des alten Fürstentums Baireuth. Auch zu ihm ergaben sich bald die herzlichsten Beziehungen. Außerdem lebte Bruder Gottlieb als Steueraufschläger und Rendant in Baireuth.
    Dies war die Welt, in die Jean Paul mit seiner Übersiedlung nach Baireuth eintrat. Wenige Wochen später sollte die »Vorschule der Ästhetik« erscheinen. Gewidmet hatte er sie dem Herzog Aemil von Gotha, seinem Freunde und Gönner noch aus der Weimarer Zeit. Aemil war bekanntlich einer der entschiedensten Gegner Goethes, der sich schon über den Erbprinzen aufs schärfste geäußert hatte. Wahrscheinlich hat Goethe mit seinem Urteil über diesen liberalsten Fürsten des damaligen Deutschland recht. Wir werden noch sehen, wie wenig zuverlässig sich der Herzog auch Jean Paul gegenüber zeigte. Seit einigen Jahren verband die beiden aber eine herzliche Freundschaft. Der Herzog schrieb selbst »regenbogenfarbige« Märchen voller Witz und Phantasie, und Jean Paul war geneigt, diese Dichtungen vielleicht höher zu bewerten, als sie es verdienten. Der Herzog ordnete sich dem, wie er wohl wußte, hoch über ihm stehenden Dichter bereitwillig unter, spottete mit ihm über die Torheiten und Pedanterien seines eigenen Hofes, besonders in der Zeit, als er noch Erbprinz war, und machte sich ein Vergnügen daraus, sich über die Gesetze der Konvention in jeder

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