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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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betrogene Betrüger
    Einen Hofmeister hatte Falkenberg also jetzt und die Hoffnung der 13 000 Rtlr. und eine Kadettenstelle für seinen Sohn – Rekruten braucht’ er nur noch. Auch diese führte ihm und seinen Unteroffizieren der Maulwurfs-Moloch Robisch reichlich zu; ich weiß aber nicht, was die Kerle wollten, daß sie, wenn Robisch seinen Kuppelpelz und sie ihr militärisches Patengeld hatten – mit letztem meistens davongingen. Im Maußenbacher Wald fielen Diebe den Transport an, und nach dem Ende der Schlacht waren Feind und Transport vom Schlachtfelde geflohen. Den Rittmeister drückt’ es sehr, weil er, der für sich und seine Familie nicht die nützlichste Ungerechtigkeit beging, zuweilen auf dem Werbplatz eine kleine verstattete.
    Dem stillen Gustav machte der laute Stadtwinter die längsten Stunden. Er sah keine weiße Kopfbinde und kein schwarzes Lamm vorbeitragen, ohne auf einem Seufzer hinüber zu seinem zauberischen Wall und unter seine Sommerfreuden zurückzufliegen. Wenn ihn die ungezogne Nachkommenschaft Hoppedizels für dumm hielt, weil er nicht listig, für stolz, weil er nicht laut war: so stillte er das Bluten seines Innern, das verlacht und geneckt wurde, mit dem Gedanken an die Menschen, die ihn geliebt hatten, an seinen Genius und an seine Schäferin. Um seinen Amandus hätt’ er so gern eine andere als Hoppedizelische Nachbarschaft gehabt, so gern die Fluren und den freien Himmel seiner Heimat! – Er liebte das Stille und Enge neben sich und das Unermeßliche in der Natur. O wenn du bei mir bist, Trauter, wie will ich dich schonen und lieben! Dein Auge soll nie trübe neben meinem Lehrstuhle werden, dein Herz nie schwer! Du zarte Pflanze sollst nicht mit einschneidendem Bindfaden um mich wie um eine richtende Hopfenstange geschnüret sein, sondern mit lebendigen Efeuwurzeln sollst du selber mich als etwas Lebendiges umfassen!
    Überhaupt hatte man im Hoppedizelischen Hause ein verdammtes Hundeleben, wie ich selber oft sah, wenn ich und der Hausherr einander über die ersten Prinzipien der Moral bloß moralisch bei den Haaren hatten: denn alles hatte da einander dabei, aber physisch, ein Hund den andern – die Knaben die Mädchen – die Dienerschaft einander – die Herrschaft die Dienerschaft – der Professor die Professorin, wovon ein merkwürdiges Faktum abgedruckt werden soll – und alle diese einander wechselseitig nach der Vermischrechnung. – Zum Unglück hatte Hoppedizel nie Achtung für irgendeinen Menschen (mithin Verachtung auch nicht);er borgte alles, besudelte alles, kompromittierte jeden, verzieh jedem und zuerst sich. Im Winterquartier des Rittmeisters waren die ölfarbigen Tapeten (Elle zu 24 Gr.) eine spanische Wand zwischen des Rittmeisters leerem Raum und zwischen der Wanzen Wandspalten; der Ofen war gut, aber wie der Babylonische Turm ohne Kuppel; die Zimmerdecke drohte (wiewohl gleich manchen Thronhimmeln schon lange ohne Schaden) einzubrechen und den größten Philosophen die Köpfe einzuschlagen, die von Stein auf dem Spiegeltische standen. Er hatte oft darum wenig Zartheit für die Leute, weil er sich darauf verließ, daß sie deren zu viele hätten, um die Unsichtbarkeit der seinigen zu rügen – in Unterscheerau machen wirs nicht anders. Aber nun kommt der Zufall, der uns alle eher daraus wegtrieb.
    Der Professor hatte nämlich, wie die meisten Leute, keinen Geschmack in Möbeln; am liebsten stellte er die besten unter die elendesten, die feinste Pißvase unter ein Großvaterbett und gegenüber einem sandigen Waschgefäß, eine geputzte Livree seines Bedienten hinter versäumten Anzug seiner Kinder u. s. w. Nun beging er allemal einen Friedensbruch an seiner Frau dadurch, daß er nie leer heimkam; er hatte immer etwas erhandelt, das nichts taugte; er hatte die Schwachheit unzähliger Männer, sich weiszumachen, er verstände die Haushaltkunst so gut wie die Frau, wenn er nur anfangen wollte – Sachen, die man lange treiben sieht, glaubt man zuletzt selber treiben zu können – Sie hatte die Schwachheit unzähliger Weiber, sich vorzuschmeicheln, der Eheherr sei ein wahrer Ignorant im Haushalten und könn’ es nicht einmal erlernen, wenn er auch wollte. »Red’ ich in deine Büchersachen auch?« fragte die sehr grob verkörperte Professorin. Man konnt’ es also bei jeder Möbelversteigerung oder auf jedem Jahrmarkt in einer Kalenderpraktika neben den Kriegen der großen Herren prophezeien, daß hier ein kleiner zwischen dem Ehepotentaten und der

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