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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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andern feindlichen Macht ausbrechen werde; weil diese seinen Kommerzien-Traktat nicht leiden konnte; das Ehepaar feierte dann seine olympischen Spiele der Zunge und Hände und konnte die Zeitrechnung der Ehe nach diesen Olympiaden abteilen.
    Weiter! Unser neue Regent ließ – da das Volk in Italien den Palast des verstorbnen Papstes und Doge gratis erhält – die Möbeln seines Herrn Vaters um Weniges versteigern; er tats wie alle Kronprinzen aus Achtung gegen ihn, damit das Volk ein Andenken vom Seligen, wie das römische die Gärten von Cäsar, erben könnte. Der Professor wollte auch erben und erstehen. Er bot also zum Besten des Rittmeisters, in dessen Zimmer die Kommode, der Spiegel und die Sessel jämmerlich waren, nicht auf diese drei Dinge, sondern auf drei benachbarte – auf zwei schöne Bronze-Vasen mit Ziegenköpfen und Myrtenblättern für die elende Kommode, auf einen gerad- und spitzbeinigen Spiegeltisch unter den elenden Spiegel, auf eine prächtige Bergere zwischen die elenden Sessel. Es wurde ihm zugeschlagen. Sein erstes Wort, als er aus dem Auktionzimmer in seines trat, war an seine Frau: »Ist der Rittmeister droben? – Ich hab’ schöne Dinge für ihn erstanden.« Jetzo sang sie schon den ersten Vers ihres Kriegliedes, ohne ein Kaufstück noch zu kennen. Er nannte ihr keines; denn er hatte das größte Unglück eines Ehemannes, nämlich Verachtung gegen seine Frau, so wie sie hingegen ihm gegen alle Menschen, sogar gegen die besten, beitrat, außer gegen sich nicht. Unter dem Abholen der Kaufstücke antwortete er auf den ersten Vers des Krieggesanges und nannte doch keines; und so antiphonierten sie bloß. Endlich wurden die Ziegenköpfe und Spitzbeine ins Haus gesetzt. Da ging das Krieggeschrei los: »Das ist dumm, dumm, dumm! Ei du dummer Mann du! das Zeug! den Bettel! wo waren heute deine fünf Sinne? Ich bezahle keinen Deut.« (sie war ohnehin nie Kassierer) »Und so teuer! Aber wenn man Kinder und Narren zu Markt etc.«Er sagt ganz kalt: »Lasse nur nichts drankommen und schaff es hinauf zum Rittmeister, mein Schatz!«Sie gehorchte den Augenblick; ging aber in seine Stube und öffnete alle Schleusen ihres rauschenden Zorns. Spät unter diesem Rauschen sagt’ er endlich drohend: »Du weißt, Frau!….« Nun wurde in ihrem Munde aus dem Wind ein Sturm. Er war kein Mann, den Zorn oder irgendeine Leidenschaft fortrissen, sondern ein echter Stoiker war er und immer bei sich; daraus lässet sichs erklären, warum er, da Epiktet und Seneka Stoikern den verbotnen innern Zorn durch den äußern Schein desselben zu ersetzen raten, um die Leute zu bändigen, sich sogar dieses zornigen Scheins befliß und gelassen seine Faust petrifizierte und diesen Knauf als eine Leuchtkugel auf diejenigen Gliedmaßen seiner Gattin warf, die ohne Licht in der Sache waren. Dieser stumpfe Wilsonsche Knopfableiter ihres Zorns zog erst die größten beredten Funken aus ihr hervor; und in der Tat ists in der Ehe wie in den alten Republiken, die (nach Homes Bemerkung) nie größere Redner trugen als in stürmenden kriegerischen Zeiten. Er machte das Sinnliche bloß zum Fahrzeug des Geistigen und begleitete seine Hand mit ausgewählten Bruchstücken aus Epiktets Handbuch: »Ich bin wahrlich ganz bei mir;« (sagt’ er) »aber du schreiest gar zu sehr, wenn ich mich nicht dreinschlage.« Sein weltlicher Arm bewegte sich auf ihr fort. »Ich fahre immer fort« (fuhr er fort) – »inzwischen danke Gott, daß dein Mann so viel Gelassenheit hat, daß er alles abwägen kann, was er tut.« Sie wurde nicht eher kalt, als bis er hitzig wurde; dieses merkte sie daraus, wenn er wie Sokrates stumm wurde und seine Hand mit seiner herabgerissenen Schlafmütze bewaffnete und beflügelte. So heiß ihr vor seinem einschlagenden Gewitter seine stechende Sonnenfreundlichkeit vorkam: so unangenehm kalt war ihr nach demselben sein Gewölke; kurz beide spielten vor und nach dem Kampfe umgekehrte Rollen. Diesesmal traf ihr Zorn eine Wetterscheide an und zog sich ganz über den, der unter den ziegenköpfigen Vasen auf der Bergere saß, auf den Rittmeister. Dieser ließ auf die erste Zeitung dieses ekelhaften Krieges sein Wintergeräte in Scheerau einpacken und das Sommergeräte in Auenthal auspacken und ging – zwar.
    Aber er wäre beinahe geblieben.
    Übrigens wünsch’ ich dieses geschilderte schlagfertige Ehepaar mit seinen Ehe- und Schlagringen nicht zu sehr von der feinern Ehewelt, die sich nie ausprügelt, verachtet zu sehen; denn

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