Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
keinen Probierstein streichen als an den, daß sie mir Eichhörnchen und Mäuse zähmen müßten: wers am besten verstände, zög’ ein, z. B. Wildau wegen seiner Bienenzähmung.« – – Aber meine gnädige Pate lachte nie herzhaft über meine oder Fenkische Scherze; hingegen über einen Hoppedizelischen lachte sie sehr, und doch hat sie uns beide lieber.
    Wenn ich noch zwei Erzieh-Idiotismen – wovon der eine ist, daß ich den Witz meines Zöglings so stark als seinen Verstand übte, der zweite daß ich lauter Autores aus Zeitaltern von unedlen Metallen mit ihm traktierte – in einem Extrablatt werde gerettet haben: so gehen wir weiter in sein Leben hinein.

Extrablat t
     
    Warum ich meinem Gustav Witz und verdorbne Autores zulasse und klassische verbiete, ich meine griechische und römische?
    Ich muß vorher mit drei Worten oder Seiten beweisen, daß und warum das Studium der Alten niedersinke und daß es zweitens wenig verschlage.
    Wir sind bekanntlich jetzt aus den philologischen Jahrhunderten heraus, wo nichts als die lateinische Sprache an Altären, auf Kanzeln, auf dem Papier und im Kopfe war und wo sie alle gelehrte Schlafröcke und Schlafmützen von Irland bis Sizilien in einen Bund zusammenknüpfte, wo sie die Staatsprache und oft die Gesellschaftsprache der Großen ausmachte, wo man kein Gelehrter sein konnte, ohne ein Inventarium alles römischen und griechischen Hausrats und einen Küchen- und Waschzettel dieser klassischen Leute im Kopfe zu führen. Jetzt ist unser Latein Deutsch gegen das eines Camerarius, ders also nicht nötig gehabt hätte, seinen schmalkaldischen Krieg griechisch abzufassen; jetzo wird selten eine Predigt lateinisch, geschweige wie sonst griechisch geschrieben und kann also nicht wie sonst ins Lateinische sondern bloß ins Deutsche übersetzt werden. In unsern Tagen drängt keine Frau mehr ihren eingepuderten infulierten Kopf durch das klassische enge Kummet, wenns nicht Hermes’ Töchter tun. Dieses war meinem Leser noch eher bekannt als mir, weil ich jünger bin – so wie uns beiden auch das jetzige bessere Kommentieren, Rezensieren und Übersetzen der Alten bekannt genug ist. Nur wuchs mit dem Werte ihrer Verehrer nicht die Zahl dieser Verehrer; alle andre Wissenschaften teilen sich jetzt in eine Universalmonarchie über alle Leser; aber die Alten sitzen mit ihren wenigen philologischen Lehnleuten einsam auf einem S. Marino-Felsen. Es gibt jetzo nichts als Vielwisser, die alles gelesen haben, nur die Alten nicht.
    Der Geschmack am Geiste der Alten muß sich so gut abstumpfen als der an ihrer Sprache . Ich behaupte nicht, daß man in den klassischen Papageien-Jahrhunderten diesen Geist besser fühlte als jetzo; denn Vossius hing am Lukan, Lipsius am Seneka, Kasaubon am Persius; ich sage nicht, daß damals ein Faust, eine Iphigenie, eine Messiade, ein Damokles geschrieben wurden wie jetzt. Allein ich rede vom jetzigen Geschmack des Volks, nicht des Genies.
    Wenn der Geist der Alten in ihrem geraden festen Gang zum Zweck bestand, in ihrem Hasse des doppelten dreifachen Manschetten-Schmucks, in einer gewissen kindlichen Aufrichtigkeit: so muß es uns immer leichter werden, diesen Geist zu fühlen, und immer schwerer, ihn in unsre Werke zu hauchen; mit jedem Jahrhundert müssen in unserm Stile die Ein-, Über- und Rücksichten mit unserm Lernen schimmernd wachsen; die Fülle unserer Komposition muß ihre Ründe verwehren; wir putzen den Putz an, binden den Einband ein und ziehen ein Überkleid über das Überkleid; wir müssen den weißen Sonnenstrahl der Wahrheit, da er uns nicht mehr zum ersten Male trifft, in Farben zersetzen, und anstatt daß die Alten mit Worten und Gedanken freigebig waren, sind wir mit beiden sparsam. Gleichwohl ists besser, ein Instrument von sechs Oktaven zu sein, dessen Töne leicht unrein und ineinander klingen, als ein Monochord, dessen einzige Saite sich schwerer verstimmt; und es wäre ebenso schlimm, wenn jeder, als wenn niemand wie Monboddo schriebe.
    Mit unserer Unfruchtbarkeit an Werken im alten Stil nimmt zugleich der Geschmack für diese Werke zu. Die Alten fühlten den Wert der Alten – nicht; und ihre Einfachheit wird bloß von denen genossen, von denen sie nicht erreicht werden, von uns. Ich denke, aus diesem Grunde: die griechische Einfachheit ist von der der Morgenländer, Wilden und Kinder nur durch das höhere Talent verschieden, womit das heitere griechische Klima jene Simplizität auszeichnete. Das ist die angeborne , nicht

Weitere Kostenlose Bücher