Saemtliche Werke von Jean Paul
Überfluß von Treue, daß sie ihn nicht einer , sondern unter tausend Weibern verteilen müssen; Oefel will ein ganzes weibliches Sklavenschiff kommandieren: er fragt dabei nach dir so wenig wie nach der Ministerin, die ihn liebt, weil es ihr letzter Liebhaber ist, und die er liebt, erstlich weil er an ihrem Triumphwagen, vor welchem sonst mehre Tröpfe eingespannt waren, gern als Gabelpferd allein ziehen will, zweitens weil sie mehr List und weniger Empfindung als er besitzt und ihn beredet, es sei gerade umgekehrt.
Da ich nun unsere Beata, die du gern in dein Leben und in dein Buch hineinhaben möchtest, in das Leben und das Buch des Oefels (er ist auch über einem) verflechte, so hab’ ich, trauter Paul, dem alten Röper so viele Kabinett-Predigten darüber gehalten, daß die Kränklichkeit seiner Tochter nicht durch einen , sondern durch ein paar hundert Ärzte zu besiegen sei, d. h. durch Gesellschaft – daß der Alte ihr eine Gesellschaft oder vielmehr sie einer geben will, ohne selber für eine die Alimentengelder auszugeben. Er will sie auf irgendein Beet des Hofgartens verpflanzen: ›Sie soll auch Welt mitkriegen‹, sagt er und hat selber keine. Er würde, wenn er dürfte, die ganze weibliche Welt von ihren Altären und Bilderstühlen und Präsidentenstühlen und ordentlichen Sesseln auf Melkstühle und Werkstühle und Schemel herabziehen und drücken; gleichwohl sollen seiner Tochter durch Juden und durch Diamant-Pulver Facetten oder Glanzecken angeschliffen werden, die er selber hasset. Ist sie am Hofe, so sieht sie nachher der Legationrat alle Tage – und Jean Paul hat nichts.
Dieser Jean fragte mich auch pfiffigerweise, ob er nicht Gerichthalter beim Vater der besagten Tochter werden könne, weil er, der Jean, von dem Abdanken des jetzigen gehört habe – Herr Kolb (eben der Gerichthalter) ist aber noch da, zankt sich noch, sagt jede Woche: ›Wenn jeder die Streiche von Röper wüßt’, die ich‹…. ; Röper sagt jede Woche: ›Wenn jeder die Streiche von Kolb wüßte, die ich‹…., und so sind beide aneinander durch wechselseitige Besorgnisse geleimt. – – Jetzt ist ohnehin nicht daran zu denken; denn in vierzehn Tagen lässet sich der alte Röper von seinem Rittergute huldigen. Ein Geiziger scheuet sich, zu ändern und zu wagen.
›Warum lässest du deine gute Schwester so lange im giftigen Hüttenrauche des Hofes stehen? Ist das, was sie dort gewinnen kann, wohl so viel wert wie das, was sie mitbringt und dort verlieren kann, ihr reines, weiches, obgleich flüchtiges Herz? Auf meinen Reisen dacht’ ich anders, aber jetzt in der Einsamkeit ist mir ein kokettes Insekt, eine kokette Krebsin, die bald vor-, bald rückwärts kriecht, die ihre große und kleine Scheren immer aufsperrt und sie immer wieder erzeugt, wenn man sie abgerissen, die in der Brust statt des Herzens einen Magen trägt und doch kaltblütig ist wie alle Insekten, eine solche inkrustierte Krebsin ist mir widerlicher als eine schalenlose in der Mause der Empfindsamkeit, die zu weich ist und aus der Romanschreiber die empfindsame Krebsbutter machen. Empfindelei bessert sich mit den Jahren, Koketterie verschlimmert sich mit den Jahren. – Warum schaffst du deine Philippine nicht nach Haus?‹ Auf diese Fragen hat mir Jean Paul nicht geantwortet; ich aber auf seine: denn ich räche mich nicht; ich wünschte vielmehr, besagter Paul drückte Beatens Finger heute an unrechte Finger mehr als auf die rechten Tasten und jetzt im Lenz-Alter sähe sie sich neben dem Klavier fragend nach Paulo um und überleuchtete ihn mit dem blauen Himmel ihres weiten Auges; der arme Teufel, eben der Paul, würde sich nicht mehr kennen und dann sagen: ›Ohn’ ein schönes Auge geb’ ich für alles andre Schöne nicht einen Deut, geschweige mich; aber über ein Himmels-Augenpaar vergess’ ich alle benachbarte Reize und alle benachbarte Fehler und den ganzen Bach und Benda , wie er ist, und meine Mordanten und die falschen Quinten und weit mehr.‹ Leb wohl, Vergeßlicher!
Dr. Fenk. «
Wir verstehen uns, herzlicher Freund; wer selber einmal Satiren geschrieben hat, vergibt alle Satiren auf sich, zumal die boshaftesten, bloß die dummen nicht. Aber, ob es der Doktor gleich im Scherze vermochten hat, so muß ich doch solche Leser, die weit von Scheerau wohnen, ohne Rücksicht auf mich benachrichtigen, daß der besagte Legationrat Oefel die unbedeutendste Haut ist, die wir beide nur kennen, wie er denn bloß unter Weibern weniger, aber
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