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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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ihnen; und dann nahmen sie alle Arzneien noch lieber ein, die ich ihnen verordnete.
    Die einzigen Arzneien, die Weibern mehr nützen als schaden, sind höchstens Kleider. Nach vielen Naturforschern verlängert das Mausern das Leben der Vögel; aber auch das der Weiber, setz’ ich dazu, die allemal so lange siechen, bis sie wieder ein neues Gefieder anhaben. Aus der Therapeutik lässet sichs schlecht erklären; aber wahr ists; und je vornehmer eine ist, mithin je kränklicher, desto öfter muß sie sich mausern, wie auch der Sumpfsalamander sich alle fünf Tage häutet. Ein weiblicher Krebs, der auf eine neue Schale wartet, hockt erbärmlich in seinem Loche. Jedes Gift kann ein Gegengift werden; und da gewiß ist, daß Kleider Krankheiten geben können, z. B. die Hektik, Pest etc.: so müssen sie unter Anleitung eines vernünftigen Arztes auch Krankheiten heben können. Ein aufgeklärter Medikus wird meines Bedünkens, wenn die Hällische Hausapotheke, d. i. die Kleiderkommode, nichts hilft, aus keiner Apotheke als aus dem Auerbachischen Hofe in Leipzig rezeptieren. Da du mancher Preßhaften damit beispringen kannst: so will ich dir aus meiner weiblichen materia medica folgende offizinelle Halstücher, Kleider etc. hersetzen:
    Stahlarzneien sind Stahlrosetten und Stahlketten. Der Stahl- und Magenschild des atlassenen Gürtels erwärmt den Magen und andre intestina sehr.
    Die Edelsteine, die sonst aus Apotheken gegeben wurden, sind noch jetzo äußerlich gut zu gebrauchen.
    Blumenbouquets, sobald sie von Seide sind, sind probate Arzneipflanzen und stärken durch den Geruch das Gehirn.
    Schals sind Brustarzneien, und nicht ein roter Faden (welches Aberglaube ist), sondern ein Halsband mit einem Medaillon ist nach neuern Ärzten kranken Hälsen dienlich.
    Mit der peruvianischen Rinde wird viel betrogen, aber echte ist ein Rock à la peruvienne.
    Da alle Wunden nach der neuern Chirurgie durch bloße Bedeckung geheilet werden: so tut statt des englischen Taftpflasters bloßer Taft am Leibe dieselben Dienste.
    Ein neuer Visitenfächer ist bei starken Ohnmachten unentbehrlich; ob aber ein Muff unter die erweichenden Mittel, falsche Touren unter die Haarseile, und ein Sonnenschirm unter die kühlenden Mittel, und eine Kleidgarnitur unter die Bruchbänder und Bandagen gehöre – das können ein oder dreihundert Beispiele noch nicht erweisen.
    Wir halten uns lieber daran, daß ein Frisierkamm ein Trepan gegen Kopfübel, eine Repetieruhr gegen intermittierenden Puls und ein Ballkleid ein Universale gegen alles ist.
    So ist also, scherzhaft zu reden, der Damenschneider ein Operateur, sein Nähfinger ein Arzneifinger, sein Fingerhut ein Doktorhut….
    … Warum vergaß ich dich, edle Beata? Dich heilt eine Parüre nicht; und wenn künftig einmal dein schönes Herz erkrankte – so würde nichts es heilen als das beste Herz, oder es stürbe. – –
    Wundere dich über mein Feuer nicht. Ich komme gerade von ihr und vergesse alle Fehler, die ich vor vierzehn Tagen noch von ihr wußte. Mädchen, die oft krank sind, gewöhnen sich eine Miene von geduldigem Ergeben an, die ›zum Sterben schön‹ ist. Ich habe ihren Lieblingausdruck unterstrichen, aber nur von ihrer Zunge kann er im schönsten sterbenden sinkenden Laute fließen. Diese Geduld gewöhnet ihr außer ihren ewigen Kopfschmerzen auch ihr Vater an, der sie gleich sehr quält und liebt und der ihr zu Gefallen (nach dem Egoismus des Geizes) eine Welt abschlachtete. Wenn die Seele mancher Menschen (sicher auch diese) zu zart und fein für diese Morast-Erde ist: so ist es auch oft der Körper mancher Menschen, der nur in Kolibri-Wetter und in Tempe-Tälern und in Zephyrn ausdauert. Ein zarter Körper und ein zarter Geist reiben einander auf. Beata hängt, wie alle von dieser Kristallisation, ein wenig zur Schwärmerei, Empfindsamkeit und Dichtkunst hin; aber was sie in meinen Augen hoch hinaufstellt, ist ein Ehrgefühl, eine demütige Selberachtung, die (meinen wenigen Bemerkungen nach) ein Erbteil nicht der Erziehung, sondern des gütigsten Schicksals ist. Diese Würde sichert ohne prüde Ängstlichkeit die weibliche Tugend. Wenn man aber dieses weibliche point d’honneur erst einerziehen, ja einpredigen muß – ach wie leicht ist nicht eine Predigt besiegt! – Weiber, die sich selber achten, umringt eine so volle Harmonie aller ihrer Bewegungen, Worte, Blicke!… Ich kann sie nicht schildern, aber die sind zu schildern, die der Rose gleichen, welche unten, wo man sie

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