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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Ähnlichkeit mit dem Geizigen, der mit ähnlichen Kleinigkeiten wuchert und den keine Gründe widerlegen können: denn wenn ich einen Groschen nicht wegwerfen darf, so darf ich auch keinen Pfennig, keinen halben Pfennig, keinen 1 / 100 000 Pfennig; die Gründe sind dieselben.
    Im Menschen liegt ein entsetzlicher Hang zum Geiz. Den größten Verschwender könnte man zu noch etwas Schlimmern, zum größten Knicker machen, wenn man ihm so viel gäbe, daß er es für viel und der Vermehrung wert hielte; und umgekehrt. So will der Wassersüchtige desto mehr Wasser, je höher er davon geschwollen ist; mit seinem Wasser fället zugleich der Durst darnach.
    Der unvollkommne Charakter dankt dem Himmel für zweierlei, erstlich daß er in keinen Geiz, zweitens in keine Verschwendung gefallen sei – daß er seiner Frau und seinem Kinde nichts versagt, alles gibt und bloß dummen Leuten, die Stoff zur Verschwendung behalten wollen, diesen Stoff aus den Händen nimmt, wie die alten Deutschen, Araber und Otaheiter nur Fremde, nie aber Inländer bestehlen – daß er keusch ist und lieber die Geldkatze eines Kaufmanns als den Gürtel der Venus löset – daß er Armen ganz anders beispringen wollte, wenn er so viel Pfennige hätte wie der und der – daß er aber gleichwohl sein bißchen sich so wenig wie der Traurige seinen Kummer nehmen lasse und daß er einmal am Jüngsten Tage werde befragt werden, ob er mit seinen Pfunden (Sterling) gewuchert. – –
    Dieser verkäufliche Charakter im Zeitungkomptoir ist wie ein englischer Missetäter Ware und Verkäufer zugleich und will vom Romanschreiber nichts für sein ganzes Wesen haben als gratis den Roman, in den er geworfen wird.
     
    So weit Fenk, der alle Menschen trug, aber keinen Unmenschen, keinen Filz. Ich habe diesen unvollkommnen Charakter für meine Biographie an mich gehandelt (denn er selber existiert auch biographisch unter dem Namen Röper); es fehlet ihr ohnehin an echten Schelmen merklich; ja wenn ich auch Röpern mit den Teufeln der epischen Dichter vergleiche und mich mit den Dichtern selber: so sind wir beide doch nicht sehr groß.
    Wenn die Leser einen Brief vom Doktor Fenk hätten, der seine vorige Härte entschuldigte – der uns an Scheerau, an den Doktor und an eine mir so liebe Person erinnerte und der zum Ganzen recht paßte: so würden sie den Brief in die Lebensbeschreibung mit einknüpfen. Ich habe den nämlichen Brief und das nämliche Recht; und schicht’ ihn hier ein.

Fenk an mic h
     
    »Nimm den armen Überbringer dieses zum Klienten an; der Maußenbacher hat seine Saug- und Schöpfwerke dem armen Teufel eingeschraubt und zieht. Die sämtlichen Spitzbuben von Advokaten in Scheerau dienen ihm gegen keinen reichen Edelmann zu Patronen, den sie einmal zu ihrem eignen zu bekommen wünschen.
    Ich bin zwar selber täglich in Maußenbach und advoziere; aber der Knicker nimmt keine uneigennützigen Gründe an; und sonst hat Röper für alles andre Gefühl und Vernunft. Es wird einmal eine Zeit kommen, wo man unsre vergangne Dummheit so wenig begreifen wird als wir künftige Weisheit, ich meine, wo man nicht bloß, wie jetzo, keine Bettler, sondern auch keine Reichen dulden wird.
    Vom Vater einer schönen Tochter zwingt man sich gut zu denken. Ich nötige mich auch: an deiner Klavierschülerin Beata sahest du nur die grünen Blätter unter der Knospe; jetzo könntest du die aufbrechenden Rosenblätter selber sehen und den Duft-Nimbus darum. Eine solche Tochter eines solchen Vaters! Das heißt, die Rose blüht auf einem schwarzen, im Schmutze saugenden Wurzelgeflecht.
    Ich bin dort, sie zu heilen; der Alte will für sein Geld was haben; aber in Maußenbach bedenkt kein Mensch, daß der Abt Galiani, den man vier Tage vor meiner Abreise aus Italien begrub, gesagt hat, daß die Weiber ewige Kranke sind. Jedoch bloß an Nerven; die Gefühlvollsten sind die Kränklichsten; die Vernünftigsten oder Kältesten sind die Gesündesten. Wenn ich ein Fürst wäre: ich resolvierte fürstlich und setzte in einem allerhöchsten Reskript Hausarrest darauf, wenn eine Frau auch nur einen einzigen Medizinlöffel austränke. Ihr armen hintergangnen Geschöpfe, warum habt ihr so viel Zutrauen zu uns Männern überhaupt und zu uns Doktoren insbesondere und lasset es euch gern gefallen, daß wir, die Arzneigläser wie in einer Reiheschank verzapfend, euch auf einem Medizinwagen so lange spazieren fahren, bis wir euch auf den Leichenwagen abladen?… So sagt’ ich manchmal zu

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