Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
daher zerstören.«
Als sie an die Stelle kamen, wo Tiburcio nach dem Walde eingebogen war, lenkte Cuchillo mit den beiden Banditen nach demselben ein, während Estevan mit Diaz und den Andern dem Wege nach der Brücke folgten.
Unterdessen hatten die drei Männer am Lagerfeuer erst nach langer und stürmischer Unterhaltung den Schlaf gesucht. Pepe war die letzte Wache zugefallen, und als die Morgenkühle einem milderen Hauche zu weichen begann, weckte er die beiden andern. Das Feuer wurde höher geschürt und ein neues Hammelstück darübergelegt. Bei allen Verrichtungen, welche sich jetzt nöthig machten, legte der Kanadier eine außerordentliche Liebe und Sorgsamkeit für Tiburcio an den Tag.
»Mein Sohn,« meinte er, »ich werde Dich nicht mehr Tiburcio sondern Fabian nennen, denn das ist Dein rechter Name.«
»Thue das, mein Vater!«
»Nun sage, was Du zu thun beabsichtigest. Ich und Pepe, wir werden Dir bis an das Ende der Welt folgen.«
»Santa Lauretta, das ist wahr!« bestätigte Dormillon. »Besonders wenn Ihr Euch entschließen wollt, diesem Estevan de Arechiza ein wenig auf das Fell zu steigen. Seht hier diesen Ring! Er hat ihn mir damals gegeben, daß ich schweigen sollte. Ich that es auch, weil ich glaubte es handle sich um eine Sache, die sich mit meinem Gewissen vereinbaren lasse. Als ich aber die Wahrheit erfuhr, nämlich daß ich die Ausführung eines Mordes und Kindesraubes unterstützt habe, ließ es mir weder Ruhe noch Rast; ich mußte an die Arbeit gehen, den Thäter zu entdecken und der Strafe zu überliefern. Statt dessen aber sollte ich auf die Galeere gehen und nach dem Präsidio Ceuta gebracht werden, um Thunfische zu fangen. Der brave Hauptmann Don Lukas Despierto jedoch half mir aus der Tinte, weil er seinen Brief wieder holen wollte, den er auch bekam. Ich mußte fliehen, that aber den Schwur, keine Gelegenheit zu versäumen, den Mörder dennoch an die Strafe zu liefern und wo möglich den geraubten Knaben zu entdecken. Ich kam in die Vereinigten Staaten und traf ganz droben in Montana einen Bärenjäger, der mir erlaubte, mich zu ihm zu gesellen, und –«
»Und Dich lehrte, eine gute Büchse richtig in die Hand zu nehmen,« setzte Rosenholz hinzu. »Der gute Pepe glaubte nämlich, ein außerordentlicher Schütze zu sein, traf aber den Grizzly öfters in den Schwanz statt zwischen die bewußten zwei Rippen. Doch war er ein guter Schüler. Nach einigen Monaten hatte ich ihn schon so weit, daß er höchstens das Auge eines Fischotters mit dem Ohre verwechselte, was allerdings das Fell ein weniges beschädigt; aber schon nach Verlauf eines Jahres konnte ich vollständig mit ihm zufrieden sein. Wenn er auch keine solche Büchse hat, wie die meine und die Deinige ist, mein Sohn, so weiß er doch stets das zu treffen, was er treffen will, und wenn unser Pulver blitzt, so ist Alles unser, was man mit einem guten Schuß erreichen kann. Auch Du verstehst Deine Sache, wie ich an dem Puma gesehen habe, den Du zur Cisterne brachtest, und wenn drei solche Männer mit sechs sichern Augen und ebenso viel starken Armen zusammenhalten, so weiß ich ganz genau, ob es diesem Grafen Antonio gelingen wird, meinen Pepe zum zweiten Male auf den Thunfischfang zu schicken.«
»Er ist mein Oheim, Vater!«
»Ja, das ist er, mein Junge; aber das darf kein Grund zur Nachsicht sein, denn gerade weil er der Schwager Deiner Mutter war, ist der Mord doppelt ruchlos und sollte zwiefach gerochen werden. Mein Trachten geht nicht nach Gold und Silber; ich habe über einen gut gelungenen Schuß mehr Freude, als über alle Bonanzen und Placers der Welt; aber dieses Goldthal ist Dein Eigenthum, welches Dir nur durch die Ermordung des Pflegevaters streitig gemacht wurde. Willst Du es haben, so bin ich und Pepe dabei, und Don Arechiza mit sammt seinen achtzig Mann soll es Dir nicht nehmen. Nur laß Dein Pferd zurück, denn – – –«
»Mein Pferd zurücklassen? Das hieße ja, von vorn herein aus Alles verzichten!«
»Laß Dir sagen, daß ein mittelmäßiger Jäger allerdings ohne Pferd fast nichts vermag, Leute besseren Schlages aber kommen auf ihren Füßen besser vorwärts, als auf dem Rücken eines Thieres, welches viel Zeit, Pflege und Rücksicht erfordert und durch die Spuren seiner Hufe gar leicht zum Verräther wird. Entschließen wir uns, der Expedition in die Apacheria zu folgen, so bekommen wir es mit einem zwiefachen Feinde zu thun, mit dem wir es zu Fuße viel eher aufzunehmen vermögen als zu
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