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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Absicht gehegt, sich um keinen Preis zu ergeben, sondern sich in jedem Falle zu wehren, aber der Purzelbaum hatte ihn so verblüfft, und die Augen des Dicken funkelten so nahe und drohend vor seinem Gesichte, daß er es für das beste hielt, bewegungslos liegen zu bleiben. Da richtete Jemmy seinen Blick auf den Häuptling und fragte: »Gibst du zu, daß er verloren ist?«
    »Nein,« antwortete der Gefragte, indem er herbeitrat.
    »Warum nicht?« erkundigte sich sofort Old Shatterhand, indem er auch herbeikam.
    »Er ist nicht besiegt.«
    »Ich behaupte das Gegenteil: Er ist besiegt.«
    »Das ist nicht wahr, denn der Lasso ist geöffnet.«
    »Daran ist der »große Fuß« selbst schuld, denn er hat sich umgedreht und dabei den Riemen aufgesprengt.«
    »Das hat niemand gesehen. Laß ihn los! Er ist unbesiegt, und der Kampf hat von neuem zu beginnen.«
    »Nein, Jemmy, laß ihn nicht los!« gebot der Jäger. »Sobald ich es dir befehle, erstichst du ihn, oder sobald er es wagt, sich zu bewegen!«
    Da richtete sich der Häuptling stolz auf und fragte: »Wer hat hier zu befehlen, du oder ich?«
    »Du und ich, wir beide.«
    »Wer sagt das?«
    »Ich sage es. Du bist der Häuptling der Deinen, und ich bin der Anführer der Meinen. Du und ich, wir beide, sind einen Vertrag über die Bedingungen des Kampfes eingegangen. Wer diese Bedingungen nicht achtet, der hat den Vertrag gebrochen und ist ein Lügner und Betrüger.«
    »Du – du wagst so zu mir zu sprechen, vor diesen vielen roten Kriegern?«
    »Das ist kein Wagnis. Ich sage die Wahrheit und verlange Treue und Ehrlichkeit. Wenn ich nicht mehr sprechen darf, nun wohl, so wird das Gewehr des Todes reden.«
    Er hatte den Kolben seines Stutzens an der Erde gehabt; jetzt nahm er ihn in sehr demonstrativer Weise empor.
    »So sag, was wünschest du denn?« fragte der Häuptling, bedeutend kleinlauter.
    »Du gibst zu, daß diese beiden kämpfen sollten, mit dem Rücken gegeneinander stehend?«
    »Ja.«
    »Der »große Fuß« aber hat den Lasso gelüftet und sich umgedreht. Ist das richtig? Du mußt es gesehen haben!«
    »Ja,« gestand der Häuptling zögernd.
    »Ferner sollte derjenige sterben, den der andre unter sich zu liegen bekommen würde. Erinnerst du dich der Bedingung?«
    »Ich kenne sie.«
    »Nun, wer liegt unten?«
    »Der »große Fuß«.«
    »Wer ist also der Besiegte?«
    »Er – – – »antwortete der Häuptling gezwungenermaßen, da Old Shatterhand den Stutzen so hielt, daß ihm die Mündung des Laufes fast die Brust berührte.
    »Hast du etwas dagegen zu bemerken?«
    Bei diesen Worten traf aus dem Auge des berühmten Jägers den Häuptling ein so großer, überwältigender Blick, daß er trotz seiner Riesengestalt sich klein fühlte und die erwartete Antwort gab: »Nein; der Besiegte gehört dem Sieger. Sage diesem, daß er ihn erstechen kann.«
    »Das brauche ich ihm nicht erst zu sagen, denn er weiß es schon; aber er wird es nicht thun.«
    »Will er ihm etwa auch das Leben schenken?«
    »Darüber werden wir später entscheiden. Bis dahin mag der »große Fuß« mit demselben Lasso gebunden werden, von welchem er sich losmachen wollte.«
    »Warum ihn binden? Er wird euch nicht entfliehen.«
    »Haftest du mir dafür?«
    »Ja.«
    »Womit?«
    »Mit meinem ganzen Eigentum.«
    »Das genügt. Er mag gehen, wohin er will, soll aber am Schlusse der noch bevorstehenden zwei Einzelkämpfe zu seinem Sieger zurückkehren.«
    Jetzt stand Jemmy auf und legte seine Kleider wieder an. Auch der »große Fuß« sprang empor und machte sich durch den Kreis der Roten Bahn, welche nicht wußten, ob sie ihm Verachtung zeigen sollten oder nicht.
    Diese Utahs hatten überhaupt wohl noch nie erlebt, daß ein sich nicht einmal im Besitze der vollen Freiheit befindlicher Weißer in der Art wie dieser Old Shatterhand mit ihnen und ihrem Häuptling umgesprungen war. Er befand sich in ihrer Gewalt und doch getrauten sie sich nicht, ihm die Erfüllung dessen, was er begehrte, zu versagen. Das war die Macht seiner Persönlichkeit und die Wirkung des Nimbus, mit welchem die Geschichte und Sage ihn umgeben hatte.
    Der Häuptling war jedenfalls darüber ergrimmt, daß bereits zwei seiner besten Krieger besiegt waren, und zwar von Gegnern, denen sie weit, weit überlegen geschienen hatten. Jetzt fiel sein Blick auf den Hobble-Frank und seine Stimmung wurde sofort eine bessere. Dieser kleine Kerl war ganz unmöglich im stande, den »springenden Hirsch« einzuholen. Hier wenigstens war den Roten der

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