SÄURE
Doc« und sprang zu den Mädchen hinüber. Er legte die Arme um sie und zog sie an sich wie beim Football, wenn die Spieler die Köpfe zusammenstecken. Sie schienen überrascht zu sein, ließen es sich aber gefallen. Er murmelte und lächelte, dabei rieb er der Blonden den Rücken und massierte der Rothaarigen die Taille. Der Hund schnüffelte an seinem Fußknöchel, aber er reagierte nicht darauf. Die Mädchen wirkten nicht ganz glücklich, aber Nyquist schien das nicht zu bemerken. Schließlich lösten sie sich von ihm.
Nyquist hielt sie noch einen Augenblick an den Handgelenken fest, ließ sie los, lächelte sehr breit und klopfte beiden auf den Hintern, als sie wegrannten. Der Hund folgte ihnen schwerfällig. Nyquist kam zurück. »Entschuldigen Sie das Zwischenspiel, muß die Frauenzimmer auf Trab halten.«
Er spielte den Frauenhelden, aber er übertrieb seine Rolle, wirkte fast lächerlich. Ich mußte an seine Interaktion mit Gina vor ein paar Tagen denken. Andeutungen einer Spannung, über die ich mir in jenem Augenblick nicht viele Gedanken gemacht hatte:
›Ich könnte eine Pepsi gebrauchen, Mrs. Ramp, oder irgendwas anderes, das kalt und süß ist.‹ - ›Ich sage Madeleine, sie soll Ihnen etwas zubereiten.‹
Ältere Frau, junger Liebhaber? Tennisstunden für den lieben Gatten, eine andere Art von Stunden für die Dame des Hauses? Wenig originell, aber das waren die Leute ja auch selten, wenn sie über die Stränge schlugen.
Ich fragte: »Haben Sie irgendeine Ahnung, wo Mrs. Ramp sein könnte, Todd?«
»Nein«, sagte er und legte das Gesicht in Falten, »es ist mir ein völliges Rätsel. Ich meine, wo könnte sie denn hin? Sie hat doch vor allem Angst und so.«
»Hat sie je mit Ihnen über ihre Angst gesprochen?«
»Nein, wir - überhaupt nicht. Aber wenn man oft bei jemandem im Haus ist, schnappt man einfach Sachen auf.« Er warf einen Blick auf das Strandhaus. »Wollen Sie ein Bier oder was?«
»Nein, danke, muß noch zurückfahren.«
»Schade«, sagte er, aber er wirkte erleichtert. »Sie sehen ziemlich fit aus. Was machen Sie denn für Sport?«
»Ich laufe ein bißchen.«
»Wieviel?«
»Zwischen sechs und zehn Meilen in der Woche.«
»Seien Sie bloß vorsichtig - Laufen ist eine starke Belastung, bei jedem Schritt Ihr vierfaches Gewicht. Schlecht für die Gelenke, auch schlecht für die Wirbelsäule.«
»Ich habe jetzt eine Skilanglaufmaschine.«
»Hervorragend, die besten Aerobics. Wenn Sie das noch mit einer Gewichtübung abwechseln, bei der Ihre Muskeln gedehnt werden, tun Sie sich den allergrößten Gefallen.«
»Vielen Dank für den Rat.«
»Kein Problem. Wenn Sie sich für irgendein individuelles Training interessieren, rufen Sie mich an. Ich habe keine Karten bei mir, aber Sie können mich immer über Mr. und Mrs. - über Mr. Ramp erreichen.« Er schüttelte den Kopf. »Gott, das war dumm. Ich hoffe wirklich, daß sie sie finden, sie ist eine wirklich nette Dame.«
Ich kehrte zum Seville zurück und nahm mir einen Augenblick Zeit, um den Ozean zu betrachten. Der Windsurfer war außer Sicht, aber die Pelikane waren zurück, tauchten abwärts und holen sich ihre Beute. Möwen und Seeschwalben folgten ihnen nach, zufrieden mit dem, was sie ihnen ließen. Ein paar längliche, graue Zigarren waren zu sehen, Öltanker, die die Küste hinauffuhren. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde, am Meer zu leben - unablässig an die Bedeutungslosigkeit und Endlosigkeit erinnert zu werden.
Bevor ich diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, hörte ich ein Motorgeräusch und dann fröhliche Rufe, die sich als ein »Hey! Mr. Hausherr!« entpuppten.
Ein weißer VW Golf mit herabgelassenem Verdeck hatte neben mir gehalten. Die Blonde vom Strand saß hinterm Steuer, eine Zigarette qualmte zwischen ihren Fingern. Die Rothaarige saß neben ihr, aß etwas aus einer Schachtel und nippte an einer Dose. Beide Mädchen hatten hauchdünne weiße Hemden über ihre Badeanzüge gezogen, aber nicht zugeknöpft. Der Hund Bernie saß auf dem Rücksitz, keuchte und ließ die Zunge hängen.
»Hallo«, sagte die Rothaarige, »netter alter Wagen. Mein Dad hatte genauso einen.«
Ich lächelte bei dem Gedanken, daß der Seville alt sein sollte - zehn Jahre alt. An dem Tag, an dem ich ihn gekauft hatte, hatten die beiden sicher die dritte Klasse besucht.
»Lassen Sie den etwa in einer Werkstatt pflegen?« fragte die Blonde. »Hmhm.«
»Toll!«
»Danke.«
»Kennen Sie den Hausbesitzer wirklich gut? Traci und
Weitere Kostenlose Bücher