SÄURE
ein Vergnügen sein würde. Ich kam auf den Pacific Coast Highway, sah das blaue Wasser und die braungebrannten Körper. Robin und ich waren so oft hiergewesen; Linda und ich ein einziges Mal, bei unser zweiten Verabredung. Allein war es anders.
Ich mied diese Gedanken, sah mir die Küste von Malibu an.
Es war niemals dasselbe Bild, aber immer einladend, eine Kamasutra-Gegend. Deshalb stürzten sich die Leute wahrscheinlich auch in Schulden, um hier ein Grundstück zu erwerben. Für ein Leben mit den schwarze Fliegen und dem Salz, das alles zerfrißt, dem Gemetzel auf den Straßen und dem langsamen Wahnsinnigwerden in dem immerwährenden Zyklus von Schlammlawinen, Feuersbrünsten und mörderischen Stürmen.
Arthur Dickinsons Grundstück war erstklassig. Fünf Meilen oberhalb Point Dume, jenseits des öffentlichen Strandes von Zuma, der sich immer weiter ausdehnt, und dann links ab zum Broad Beach gleich hinter dem Rodeoplatz am Trancas Canyon. In Western Malibu, wo die schäbigen Motels und Surf-Shops längst verschwunden sind, breiten sich auf der zum Land hin gelegenen Seite des Pacific Coast Highways die Ranches und Baumschulen aus, der Abend wird von den unglaublichen Farben des Sonnenuntergangs beherrscht. Die Adresse, die Milo mir gegeben hatte, führte mich bis zum Ende der Straße.
Das Haus von Dickinson-Ramp war einstöckig mit silbrigen Holzwänden und einem flachen braunen kiesbestreuten Dach hinter einem niedrigen Maschendrahtzaun. Das Haus war ungesichert. Ich hob den Riegel des Tors auf und ging geradewegs hinein. Statt einer gepflegten Landschaftsarchitektur nur eine dornige Masse aus orangefarbener Bougainvillea, die an einem Teil des Zauns emporkletterte, statt einer Garage ein Zementrechteck im Sand, groß genug für zwei Wagen. Ein graugrüner VW-Bus mit einem Skiständer auf dem Dach war achtlos quer darauf geparkt. Nirgendwo ein Platz, wo man einen Rolls-Royce hätte verstecken können.
Ich näherte mich dem Haus. Durch die Sohlen meiner Schuhe drang die Hitze des Sandes. Ich trug immer noch ein Jackett und Krawatte und kam mir dabei wie ein Vertreter vor. Ich konnte den Tang im Ozean riechen und die Gischt der Flut über die Dünen sickern sehen. Ein keilförmiger Schwarm brauner Pelikane schwirrte durch den Himmel. Dreißig Meter jenseits der Brecher surfte jemand.
Die Holztüre des Hauses war vom Meersalz zerfressen, die Fenster waren blind und feucht; jemand hatte mit dem Finger putz mich auf eine der Scheiben gemalt. Ein Windspiel aus Glas hing über dem Eingang.
Ich klopfte, bekam keine Antwort, klopfte wieder, wartete und ging zu einem der von einem Staubschleier bedeckten Fenster hinüber. Ein einziger Raum, keine Beleuchtung. Es war schwer, die Einzelheiten auszumachen, aber ich kniff die Augen zusammen und erkannte auf der linken Seite eine kleine Küche mit offenen Regalen. Der Rest war von einem kombinierten Schlaf und Wohnzimmer ausgefüllt: Ein Futon, billige Rattanmöbel mit bedruckten Hawaiikissen, ein Sacksessel, ein Kaffeetisch. Zum Strand hin Glasschiebetüren, dahinter ein überdachter Patio. Jenseits davon konnte ich ein paar Klappliegen, eine Düne und graublaues Wasser sehen. Ein Mann stand draußen im Sand, direkt vor dem Patio. Die Knie gebeugt, den Rücken gekrümmt, stemmte er ein Gewicht.
Ich ging ums Haus herum. Todd Nyquist, der Tennislehrer, stand bis zu den Fußknöcheln im Sand, trug einen knappen schwarzen Slip, einen ledernen Gewichthebergürtel, fingerlose Gewichtheberhandschuhe, spannte die Muskeln und verzerrte das Gesicht, während er das Gewicht hob und senkte. Die eisernen Scheiben an der Stange waren so groß wie Kanaldeckel, zwei an jedem Ende. Er hob die Gewichte im Rhythmus dessen, was aus einem Lautsprecher nahe seiner Füße dröhnte: Rock’n Roll, Thin Lizzie, »The Boys Are Back in Town«. Manischer Beat, es mußte eine Qual sein, den Rhythmus durchzuhalten. Nyquists Bizepse waren geschwollene Plastiken aus Fleisch.
Er schaffte noch sechs weitere einwandfreie Stöße, dann ein paar zittrige, bis die Musik aufhörte, stieß einen heiseren Schrei aus, der Schmerz oder Triumph bedeuten konnte, beugte die Knie tiefer und ließ mit immer noch geschlossenen Augen das Gewicht in den Sand hinab. Er atmete geräuschvoll aus, fing an sich aufzurichten, schüttelte den Kopf und versprühte Schweiß. Der Strand war fast leer. Trotz des Wetters schlenderte nur eine Handvoll Menschen, die meisten von ihnen mit Hunden, an der Küste entlang.
Ich sagte:
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