Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
Motiv angegeben. Aber er hatte nicht viel zu sagen, hat herumgemurmelt und wollte nicht darauf eingehen.«
    Ein Kratzen am Kinnbart. Bayliss nahm die Brille ab, putzte die Gläser mit dem Taschentuch und setzte die Brille wieder auf. »Ich habe ihn ein bißchen zu bearbeiten versucht, - ich glaube, ich hab’ ihm gesagt, es wäre seine Pflicht ihr gegenüber; nachdem er ihr so etwas Verbrecherisches angetan hätte, gehörte er ihr, in einem spirituellen Sinn, - ich habe versucht, an seine religiösen Gefühle zu appellieren. Immer wenn die mit dem religiösen Zeugs angefangen haben, habe ich den Spieß gleich umgedreht. Aber es hat bei ihm nicht funktioniert, er hat nur einfach da gesessen und auf den Fußboden gestarrt. Ich habe zehn Minuten lang auf ihn eingeredet. Und er hat nicht nur so getan, als ob. Nach fünfundzwanzig Jahren kann ich das unterscheiden. Bei ihm war nichts zu machen. Totaler Zombie!«
    »Haben Sie irgendeine Idee wieso?« fragte ich. »Wie ist er in diesen Zustand gekommen?«
    Bayliss zuckte die Achseln. »Sie sind der Psychologe.«
    »Okay«, sagte Milo. »Danke, noch irgend etwas?«
    »Nichts. Was ist das für eine Geschichte mit der Dame?«
    »Sie ist von zu Hause weggefahren, und seither hat man nichts mehr von ihr gehört.«
    »Wann ist sie weggefahren?«
    »Gestern.«
    Bayliss runzelte die Augenbrauen. »Einen Tag weg, und sie heuern einen Privatdetektiv an?«
    »Es ist keine typische Situation«, sagte Milo. »Sie ist lange Zeit nur zu Hause gewesen. Kaum einmal weggegangen.«
    »Was heißt lange Zeit?«
    »Seit er sie verbrannt hat.«
    »Sie leidet seither an einer schweren Agoraphobie«, erklärte ich.
    »Oh, das ist schrecklich.« Er machte ein Gesicht, als ob er es ernst meinte. »Ja, kann ich verstehen, daß ihre Angehörigen sich Sorgen machen.«
    Wir gingen wieder hinaus. Bayliss sah nachdenklich aus. Er begleitete uns bis zu unserem Wagen.
    »Hoffe, Sie finden sie bald«, sagte er. »Wenn es etwas gäbe, was ich Ihnen über Joel sagen könnte, das Ihnen helfen würde, würde ich es tun. Aber ich bezweifle, daß er etwas damit zu tun hat.«
    »Warum?« fragte Milo.
    »Er hat keinen Schwung mehr, tot. Er ist wie eine Schlange, auf die man einmal zu oft getreten ist und die ihr Gift verspritzt hat.«
    Ich fuhr über den Olympic nach Hause. Obwohl er seinen Sitz ganz zurückgeschoben hatte, saß Milo mit angezogenen Knien da, wählte die Unbequemlichkeit, sah aus dem Fenster.
    An der Roxbury fragte ich: »Was ist los?«
    Er sah hinaus in die Landschaft. »Typen wie McCloskey - wer, zum Teufel, weiß, was echt ist und was nicht? Bayliss ist so sicher, daß das Arschloch den Antrieb verloren hat, gibt aber gleichzeitig zu, ihn kaum zu kennen. Im Grunde hat er McCloskey geglaubt, weil der miese Typ freiwillig angekrochen gekommen ist und kein Trara gemacht hat, eine typische bürokratische Reaktion. Die Scheiße wird durch das System gepumpt, und solange die Rohre nicht platzen, kümmert sich keiner einen feuchten Kehricht darum.«
    »Meinst du, McCloskey müßte weiter beobachtet werden?«
    »Wenn die Dame nicht sehr bald auftaucht und sich keine Hinweise ergeben, werde ich wieder hinfahren und versuchen, ihm überraschend auf die Pelle zu rücken. Aber bevor ich das tue, muß ich mich erst mal ans Telefon hängen, ein paar Erkundigungen einziehen und herauskriegen, ob der Schweinehund sich mit irgendwelchen bekannten Kriminellen getroffen hat. Hast du selbst schon was vor?«
    »Nichts Dringendes.«
    »Wenn du Lust hast, fahr mal raus zum Strand. Sieh dir das Haus dort an, nur für den Fall, daß sie sich da eingenistet hat und es keinem sagt. Es ist eine lange Fahrt, und ich will nicht soviel Zeit dafür opfern. Natürlich glaube ich nicht, daß irgendwas dabei herauskommt.«
    »Klar.«
    »Hier ist die Adresse«, sagte er.
    Ich nahm den Zettel und fuhr weiter.
    Er sah auf die Armbanduhr. »Vielleicht gondelst du besser gleich raus, solange noch die Sonne scheint. Spiel Detektiv und hol dir keinen Sonnenstich, - zum Teufel, nimm doch dein Boogiebrett und schnapp dir ‘ne Welle.«
    »Watson wird jetzt unangenehm?«
    »Etwas in der Art.«

21
    Zu Hause warteten keine Nachrichten auf mich. Ich blieb lange genug, um den Fischen kräftig Futter hinzuwerfen. Ich hoffte, sie dadurch von den wenigen Laichresten fernzuhalten, die noch übrig waren. Dann ging es zurück zum Sunset Boulevard, westwärts, gegen halb drei Uhr nachmittags.
    Ein Tag am Strand - ich versuchte mir einzureden, daß es

Weitere Kostenlose Bücher