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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Karton und sagte anerkennend: »Klasse!«
    »Ich mag Velin«, sagte er, »man kann sich damit zwischen den Zähnen herumstochern.«
    »Oder es als Lesezeichen benutzen.«
    »Ich habe sogar noch eine bessere Idee«, sagte er. »Man kann damit Kartenhäuser bauen und dann über den Haufen pusten.«

32
    Wieder am Sussex Knoll, hielt er neben dem Seville.
    Ich fragte: »Was machst du jetzt?«
    »Schlafen, ein kräftiges Frühstück, dann sind die Drecksäcke wegen der Finanzen an der Reihe.« Er legte den Leerlauf ein und ließ den Porschemotor aufheulen.
    »Was ist mit McCloskey?« fragte ich.
    »Hatte nicht vor, zur Beerdigung zu gehen«, antwortete Milo und ließ den Motor aufheulen, während er auf das Lenkrad trommelte.
    Ich fragte: »Hast du irgendwelche Theorien, wer ihn umgebracht hat und warum?«
    »Du hast das alles unten in der Mission gehört.«
    »Okay«, sagte ich. »Okay.« Er fegte davon.
    Mein Haus kam mir winzig und freundlich vor. Die Zeitschaltuhr hatte die Teichbeleuchtung ausgeschaltet, und es war zu dunkel, um festzustellen, was meine Fische machten. Ich schleppte mich die Treppe hinauf, schlief zehn Stunden lang, wachte am Montag auf und mußte sofort an Gina Ramp und Joel McCloskey denken, - war wieder verbunden durch Schmerz, Angst und Terror.
    Gab es da eine Verbindung zwischen dem Stausee am Morris-Damm und dem, was in der Nebenstraße in der Innenstadt geschehen war, oder war McCloskey nur ein Stück Abfall aus dem Pennerviertel gewesen? Ein Mord mit einem Wagen. Ich mußte an Noel Drucker denken. Er hatte Zugang zu einer Menge Autos und reichlich Zeit, während das Tankard geschlossen war. Waren seine Gefühle für Melissa stark genug, ihn so weit von seinem schmalen, geraden Weg abzubringen? Wenn ja, hatte er aus eigenem Entschluß gehandelt oder auf Wunsch Melissas?
    Und was war mit Melissa selbst? Mir wurde übel bei dem Gedanken, daß sie auch irgend etwas anderes als die schutzlose Waise sein könnte, die Milo den Detektiven beschrieben hatte. Aber ich hatte ihren Wutausbruch miterlebt, hatte gesehen, wie sie ihre Trauer in Vergeltungsphantasien gegen Anger und Douse verwandelt hatte. Ich erinnerte mich, wie sie und Noel eng umschlungen auf dem Bett lagen. Hatten sie den Plan, McCloskey zu erledigen, bei einer ähnlichen Umarmung gefaßt?
    Ich wechselte das Programm: Ramp. Wenn er unschuldig an der Herbeiführung von Ginas Tod war, vielleicht hatte er ihn dennoch gerächt. Er hatte vielerlei Gründe, McCloskey zu hassen. Hatte er am Steuer des Mordautos gesessen, oder hatte er jemanden beauftragt?» Die poetische Gerechtigkeit wäre überzeugend. Todd Nyquist wäre der perfekte Mann für den Job. Wer würde einen Surfer von der Westside mit dem Tod eines hirngeschädigten Penners in der Innenstadt in Verbindung bringen?
    Oder vielleicht war Noel Ramps Auftragskiller, nicht Melissas. Oder vielleicht hatte keiner von ihnen allen etwas damit zu tun. Ich setzte mich auf den Rand meines Bettes. - Ein Bild schoß mir durch den Kopf: die Narben in Ginas Gesicht. Ich dachte an ein Gefängnis, in das er sie für den Rest ihres Lebens gebracht hatte.
    Wozu vergeudete ich meine Zeit mit der Frage, warum er ums Leben gekommen war? Sein Leben war so elend, eine einzige Gemeinheit gewesen. Wer außer Pater Andrus würde ihn vermissen? Und die Gefühle des Priesters hatten wahrscheinlich mehr mit theologischen Abstraktionen als mit menschlicher Zuneigung zu tun.
    Milo hatte recht, diese Fragen vom Tisch zu wischen. Ich verschwendete meine Zeit mit Spekulationen, statt mich nützlich zu machen. Ich stand auf, streckte mich und sagte laut: »Gut, daß er tot ist.« Zog mir Khakihosen, Hemd, Krawatte an, darüber eine superleichte Tweedjacke und fuhr nach West-Hollywood.
    Die Adresse, die Kathy Moriartys Schwester mir gegeben hatte, Hilldale, lag zwischen dem Santa Monica Boulevard und Sunset. Das Haus war ein unschöner Kasten, lag fast bis zum Dach hinauf versteckt hinter einer ungepflegten Eugeniahecke, die an einer verwahrlosten Einfahrt endete, wo der Asphalt mit dem Unkraut um die paar Quadratzentimeter kämpfte, die nicht von einem zwanzig Jahre alten gelben, mit Vögeldreck beklecksten Oldsmobile eingenommen wurden. Ich parkte auf der anderen Straßenseite und überquerte einen trockenen, kurzgeschorenen Rasen, der härter war als der Asphalt. Mit vier Schritten hatte ich die drei Stufen der Veranda erreicht. Rechts von der Tür waren die schwarzen Metallbuchstaben drei verschiedene?: Namen

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