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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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angenagelt. Eine Karteikarte, auf die mit rotem Kugelschreiber Klopfen geschrieben war, steckte zwischen Klingelrand und Mörtelwand. Ich befolgte die Anweisung und wurde Sekunden später mit einem »Augenblick mal!« belohnt, das eine schläfrig klingende Männerstimme äußerte. Dann: »Yeah?« hinter dem grauen Holz der Türe.
    »Ich heiße Alex Delaware und möchte zu Kathy Moriarty.«
    »Wieso?«
    Ich dachte an Milos Tip, einen Vorwand zu erfinden, merkte aber, daß ich nicht den Nerv dazu hatte und entschied mich für die operative Wahrheit.
    »Ihre Angehörigen haben sie seit längerer Zeit nicht gesehen.«
    »Ihre Angehörigen?«
    »Ihre Schwester und ihr Schwager, Mrs. und Mr. Robbins in Pasadena.«
    Die Tür öffnete sich. Ein junger Mann, dessen rechte Hand eine Anzahl Malerpinsel umklammert hielt, sah mich mehrmals von unten bis oben an. Keine Überraschung, kein Mißtrauen, nur das Auge eines Künstlers, der Maß nimmt. Er war Ende Zwanzig, groß und kräftig gebaut, mit zurückgekämmtem schwarzem Haar, das hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Seine Gestalt war affenartig, mehr Gorilla als Schimpanse, wozu auch seine schwarzen dichten Augenbrauen beitrugen, die in der Mitte zusammenkamen, und die schwarzen Bartstoppeln, die über seinen Hals bis zu seinem Brusthaar hinunterreichten. Er trug einen schwarzen Polyesterpullunder mit dem Markenzeichen einer Skateboardcompany, Shorts und Gummisandalen.
    Ich sagte: »Tut mir leid, daß ich Sie störe.«
    Er warf einen Blick auf die Pinsel, dann auf mich.
    Ich holte meine Brieftasche heraus, fand die Visitenkarte, die ich am Abend zuvor von Milo erhalten hatte, und reichte sie ihm.
    Er betrachtete sie, lächelte, betrachtete mich und gab sie mir wieder. »Ich dachte, Sie hießen Del-irgendwas.«
    »Sturgis ist mein Chef. Ich arbeite für ihn.«
    »Spionage«, stellte er fest und grinste. »Sie sehen gar nicht wie ein Spitzel aus, wenigstens nicht wie die im Fernsehen. Ich schätze, das ist gerade der Trick, hm? Völlig undurchdringlich sein.«
    Ich lächelte.
    Er betrachtete mich noch eine Weile. »Anwalt«, sagte er schließlich, »Strafverteidiger, nicht Staatsanwalt, oder vielleicht irgendeine Art Professor. So würde ich Sie einsetzen, Marlowe.«
    »Arbeiten Sie beim Film?« fragte ich.
    »Nein«, er lachte und tippte sich mit einem Pinsel an die Lippen. Er ließ den Pinsel sinken, »obwohl ich es vielleicht doch irgendwie tue. Eigentlich bin ich Schriftsteller.« Er lachte wieder. »Wie alle anderen hier in der Stadt auch, oder? Aber ich schreibe keine Drehbücher, Gott behüte!« Sein Gelächter steigerte sich zu einem hellen Wiehern, das fast irrsinnig klang und eine Weile anhielt. »Haben Sie je eins geschrieben?«
    »Nein.«
    »Lassen Sie sich Zeit. Alle haben sie tolle Ideen, außer mir. Ich lebe von meiner Graphik, Photorealismus aus der Spritzpistole für die Produktwerbung. Aber zum Spaß mache ich meine Kunst-Kunst, schlampige Freiheit.« Er schwenkte seine Pinsel. »Und um nicht verrückt zu werden, schreibe ich kurze Sachen, postmoderne Essays. Einige sind im ›Reader‹ und der ›Weekly‹ veröffentlicht worden. Urbane Fiktionen, Stimmungslagen, das heißt, was für’n Gefühl die Leute durch die Musik, das Geld und die ganze L.A.-Erfahrung haben.«
    »Interessant«, sage ich, es klang allerdings nicht sehr überzeugend.
    »Yeah«, sagte er glänzend gelaunt. »Als ob Ihnen das nicht scheißegal wäre, Sie wollen nur Ihre Arbeit tun und nach Hause in Ihr einsames P.I.Murphy-Bett, hab’ ich recht?«
    »Ein Junge braucht ein Hobby.«
    Er sagte: »Oh yeah«, nahm die Pinsel in die linke Hand, streckte die rechte aus und stellte sich vor: »Richard Skidmore.«
    Wir schüttelten einander die Hand, er ging einen Schritt rückwärts und sagte: »Kommen Sie rein!«
    Das Innere des Hauses, aus der Vorkriegszeit stammend, war von der billigsten Sorte: brechend volle Zimmer, die nach Pulverkaffee und Garküchenessen, Marihuana und Terpentin rochen. Rollmusterwände, Wandleuchten aus Blech - allesamt ohne Glühbirnen - und auf einem Kaminsims aus Backsteinen waren noch originalverpackte Presto-Scheite gestapelt. Möbel einfachster Art, darunter auch einige Gartenmöbel aus Plastik und Aluminiumrohr, standen in einem Wirrwarr auf dem abgetretenen Holzfußboden herum. Kunst und Zubehör - selbstgespannte Leinwände in den sonderbarsten Formen und verschiedenen Stadien der Vollendung, Farbdosen und - tuben, in Henkelkrügen eingeweichte

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