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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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könnte?«
    »Nein, sie hat sich mit keiner der Frauen außerhalb der Stunde getroffen.«
    »Wie viele sind es?«
    »Nur zwei.«
    »Eine kleine Gruppe.«
    »Die kleine Anzahl von wirklich motivierten Patienten verringert sich auch noch angesichts des finanziellen Aufwands, den so eine ausgedehnte Behandlung, wie wir sie anbieten, verursacht.«
    »Wie geht es den anderen beiden Patientinnen?«
    »Gut genug, daß sie das Haus verlassen und zur Gruppe kommen können.«
    »Gut genug, daß man sie interviewen kann?«
    »Daß wer sie interviewen kann?«
    »Die Polizei, der Privatdetektiv - er wird nach ihr suchen, wenn er sich mit McCloskey beschäftigt.«
    »Absolut nicht, es sind sehr zerbrechliche Personen. Sie wissen noch nicht einmal, daß sie vermißt wird.«
    »Sie wissen, daß sie heute nicht gekommen ist.«
    »Daß jemand nicht kommt, ist in Anbetracht der Diagnose nichts Ungewöhnliches. Die meisten haben schon dann und wann Stunden versäumt.«
    »Hat Mrs. Ramp vorher schon einmal gefehlt?«
    »Nein, aber darum geht es nicht. Daß jemand fehlt, ist nicht besonders beachtenswert.«
    »Werden sie nicht fragen, wenn sie am nächsten Montag nicht auftaucht?«
    »Wenn sie es tun, werde ich mich damit befassen. Jetzt, wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich es vorziehen, nicht über die anderen Patientinnen zu sprechen. Sie haben ihr Recht auf Vertraulichkeit.«
    »Ist in Ordnung.«
    Sie wollte wieder die Beine übereinanderschlagen, überlegte es sich anders und ließ die Füße flach auf den Boden. »Nun«, sagte sie, »das ist nicht sehr ergiebig geworden, oder?« Sie stand auf, glättete ihr Kleid, sah an mir vorbei zur Tür.
    Ich fragte: »Könnte es für sie irgendeinen Grund geben, freiwillig von zu Hause wegzugehen?«
    Sie fuhr mit dem Kopf herum: »Was meinen Sie?«
    »Die große Flucht«, sagte ich. »Sie tauscht ihren Lebensstil gegen etwas Neues ein. Flüchtet vor der therapeutischen Kanone und entscheidet sich für die völlige Unabhängigkeit.«
    »Völlige Unabhängigkeit?« fragte sie. »Das ergibt überhaupt keinen Sinn, nicht die Bohne.«
    Die Tür sprang auf, bevor sie mich hinausbringen konnte. Ein Mann stürmte herein und rannte durch das Vestibül: Leo Gabney. Aber obwohl ich sein Photo erst vor ein paar Tagen gesehen hatte, mußte ich zweimal hinschauen, bevor ich ihn wiedererkannte.
    Er bemerkte uns und blieb so abrupt stehen, daß ich Bremsspuren auf dem Parkett zu erkennen meinte.
    Es war seine Aufmachung, die mich so verwunderte: ein Flanellhemd im Westerastil, Blue jeans mit röhrenengen Beinen und vorn spitz zulaufende Lederstiefel mit hohen Absätzen. Ein Asphalt-Cowboy, aber ihm fehlten die Muskeln, als daß er überzeugend gewirkt hätte. Trotz seines Alters war sein Körperbau beinahe knabenhaft. Das buschige Haar schneeweiß über einem Gesicht, dem die Sonne die Farbe eines Sourmash-Whiskeys eingebrannt hatte.
    Er gab seiner Frau einen spitzen Begrüßungskuß auf die Wange und warf mir einen Laboratoriumsblick zu.
    Sie sagte: »Das ist Dr. Delaware.«
    »Ah, Dr. Delaware, ich bin Dr. Gabney.« Er hatte eine kräftige, tiefe Stimme und sprach einen Neuengland-Akzent, der meinen Namen in ›Dullaweah‹ verwandelte. Er streckte die Hand aus. »Ist sie schon wieder aufgetaucht?« fragte er.
    Sie sagte: »Ich fürchte nein, Leo.«
    Er schnalzte mit der Zunge. »Teuflische Sache! Ich bin so schnell wie möglich hergekommen.«
    »Dr. Delaware hat mich informiert, daß McCloskey, der Mann, der das Attentat auf sie verübt hat, wieder in der Stadt ist.«
    Er zog seine weißen Augenbrauen hoch. »Oh?«
    »Die Polizei hat ihn gefunden, er hatte aber ein Alibi, so hat sie ihn wieder freigelassen. Wir haben die Tatsache diskutiert, daß seine damalige Vorgehensweise darin bestand, jemanden anzuheuern. Warum sollte er es nicht wieder tun? Der Mann, dem er damals den Auftrag gegeben hat, ist tot, aber das hindert ihn ja nicht, einen anderen Schurken zu finden, oder?«
    »Nein, natürlich nicht, entsetzlich! Ihn laufen zu lassen, war absurd, absolut unverantwortlich. Ruf doch die Polizei an und erinnere sie daran, Liebling.«
    »Ich zweifle, daß sie mir zuhören würden. Dr. Delaware meint auch, es sei unwahrscheinlich, daß irgend jemand sie beobachtet haben könnte, ohne daß dies von der Polizei von San Labrador bemerkt worden wäre.«
    Er fragte: »Wieso?«
    »Die leeren Straßen, die Tatsache, daß die Polizei dort besonders scharf auf ortsfremde Personen achtet.«
    »Schärfe ist etwas

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