SÄURE
will, setzt sie es einfach durch ohne Rücksicht auf die Wünsche anderer. Ginas Situation hat im Grunde dafür gesorgt, daß sie schnell erwachsen wurde. Eigentlich ist es erstaunlich, daß sie sich so gut entwickelt hat.«
Er ließ sich auf ein von Kissen übersätes Sofa fallen. »Ich schätze, ich brauche Ihnen nichts über Kinder zu erzählen; ich rede nur so daher, weil ich durch das alles wirklich ziemlich durcheinandergerüttelt bin. Wo zum Teufel könnte sie stecken? Was ist mit diesem Detektiv, haben Sie ihn erreicht?«
»Noch nicht, lassen Sie es mich noch einmal versuchen.«
Er sprang auf und brachte ein schnurloses Telefon zurück.
Ich rief bei Milo zu Hause an, bekam das Band zu hören, dann hörte ich es knacken. »Hallo?«
»Rick? Hier ist Alex, ist Milo da?«
»Hallo, Alex. Klar, wir sind gerade reingekommen, haben einen schlechten Film gesehen. Warte mal!«
Zwei Sekunden, dann »Yeah?«
»Zum Schnellstart bereit?«
»Worin?«
»Privatdetektiv spielen.«
»Hat das nicht bis morgen Zeit?«
»Es ist etwas geschehen.« Ich sah zu Ramp hinüber. Er starrte mich gequält an. Ich wählte meine Worte sorgfältig, erzählte, was geschehen war, erwähnte auch die Befragung und anschließende Entlassung von McCloskey und daß Melvin Findlay im Gefängnis verstorben war. Ich dachte, Milo würde etwas dazu anmerken. Statt dessen fragte er: »Hat sie irgendwelche Kleidung mitgenommen?«
»Melissa meint nein.«
»Wie kann Melissa dessen sicher sein?«
»Sie sagt, sie kenne den Inhalt des Kleiderschranks ihrer Mutter; es wäre ihr aufgefallen.«
Ramp sah mich scharf an.
Milo fragte: »Nicht mal ein Neglig6?«
»Ich glaube nicht, Milo.«
»Warum nicht?«
Ich warf einen Blick zu Ramp hinüber Er starrte noch immer, hatte seinen Drink nicht angerührt. »Es paßt nicht…«
»Ah, jemand in der Nähe?«
»Stimmt!«
»Okay, nehmen wir eine andere Spur. Was haben die Bullen in San Labrador getan außer herumfahren?«
»Das ist alles, soweit ich weiß. Ihre Kompetenz hat niemanden hier besonders beeindruckt.«
»Sie sind da draußen nicht als besonders aufgeweckt bekannt, aber was sollen sie sonst tun? Von Tür zu Tür gehen und sich mit den Billionären anlegen? Eine Dame, die abends länger wegbleibt, ist kein Thema. Es sind erst ein paar Stunden um, und wenn sie mit so einem Wagen unterwegs ist, könnte es sein, daß sie jemand sieht. Sie haben doch eine Meldung herausgegeben - oder nicht?«
»Der Polizeichef sagte, ja.«
»Du stehst jetzt mit Polizeichefs auf du und du.«
»Er war hier.«
»Der persönliche Touch«, sagte er, »Ah, die Reichen.«
»Was ist mit dem FBI?«
»Die Jungs gehen nicht ran, außer es liegt definitiver Beweis für ein Verbrechen vor - möglichst eins, das Schlagzeilen macht, außer deine gut betuchten Freunde haben dicke Beziehungen zur hohen Politik.«
»Wie dick?«
»Jemanden, der in der Lage ist, in Washington anzurufen und den Direktor zu bearbeiten. Aber selbst in dem Fall muß sie erst mal ein paar Tage vermißt sein, bevor der FBI oder irgendwer sonst die Sache ernst nimmt. Ohne irgendwelche Indizien auf ein echtes Verbrechen werden sie schließlich nur ein paar Agenten herüberschicken, Schauspieler, die einen Bericht aufnehmen, mit ihren Junior-G-Man-Sonnenbrillen im Haus herumstiefeln und ihre Walkie-Talkies küssen. Wie lange ist es her, sechs Stunden?«
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. »Fast sieben.«
»Das klingt noch nicht nach einem Schwerverbrechen, Alex. Was hast du mir sonst noch zu sagen?«
»Nicht viel, ich bin gerade zurück von ihren Therapeuten. Sie wußten auch nichts von Belang.«
»Na«, brummte er, »du kennst die Typen, sind besser im Ausfragen als im Antworten.
»Wie ist das mit dir, hast du irgendwelche Fragen?«
»Ja, ich könnte mal bei Euch vorbeischauen.«
Ramp trank und sah mich über den Rand seines Glases hinweg an. Ich sagte: »Das wäre vielleicht ganz nützlich.«
»Ich schätze, ich könnte in einer halben Stunde oder so dort sein, aber im Grunde ist es nur zur Beruhigung gedacht. Denn das, was man machen muß, wenn wirklich jemand vermißt wird - finanzielle Nachprüfungen, Kreditkarten-Checks - läßt sich nur während der Bürozeiten erledigen. Hat schon irgend jemand daran gedacht, die Krankenhäuser anzurufen?«
»Ich nehme an, die Polizei hat das getan. Wenn du möchtest, daß ich…«
»Keine große Sache, ein paar Anrufe zu machen. Ich kann von hier aus eine Menge erledigen, anstatt erst
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