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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einer Stuckdecke, die einen Thronhimmel mit Kordelbesatz darstellte. Auf einem breiten marmornen Kaminsims stand eine goldene Stutzuhr nebst einer Menagerie aus winzigen silbernen Vögeln. Auf der Uhr thronte ein goldener Adler, der auf die kleinen Vögel hinabsah. Mit Damast bezogene Empiresessel gruppierten sich um einen barocken Wandschirm, eine Vielzahl kleiner Tische und Gemälde mit ländlichen Szenen rundeten das Bild ab. Mattes Licht beleuchtete den Raum.
    Milo knipste einen Schalter an und tauchte den Raum in das grelle Licht des tausend Watt starken silbernen Kristallüsters. Er sah unters Bett, richtete sich auf und fragte: »Vom Fußboden könnte man essen, wann wurde das Zimmer gemacht?«
    »Wahrscheinlich heute früh. Meine Mutter macht es gewöhnlich selbst, nicht das Saugen oder anderes Anstrengendes. Aber sie macht gern ihr Bett selbst, sie ist sehr ordentlich.«
    Ich folgte seinem Blick zu den chinesischen Nachttischchen, pseudoantike Elfenbeintelefone und auf dem einen eine rote Rose in einer schmalen Kelchvase sowie ein Buch in einer gebundenen Ausgabe.
    Alle Vorhänge waren zugezogen. Milo ging zu einem der Fenster und ließ frische Luft hereinströmen. Dann wandte er sich um, hob das Buch auf und überflog ein paar Seiten, schüttelte es dann, aber nichts fiel heraus. Er öffnete die Tür des Nachttischchens, leer.
    Ich sah mir den Titel des Buches an: Paul Theroux’ Patagonia Express.
    Melissa betonte: »Es ist ein Reisebuch.«
    Milo sagte nichts, blickte sich weiter um.
    An der Wand gegenüber dem Bett stand ein breiter, französisch aussehender Schrank aus Walnußholz sowie eine breite, verschnörkelte Frisierkommode. Milo öffnete das Oberteil des Schrankes, darin befand sich lediglich ein alter Sony-Farbfernseher, der untere Teil des Schrankes dagegen war leer.
    »Kein Videorecorder?« fragte er.
    »Sie interessiert sich nicht sehr für Filme.«
    Er ging zur Kommode, zog Schubladen auf, fuhr mit den Händen zwischen Satin und Seide hindurch.
    Melissa sah ihm eine Zeitlang zu, dann fragte sie: »Was suchen Sie eigentlich genau?«
    »Wo hebt sie ihre übrige Kleidung auf?«
    »Da hinten!« Sie deutete auf verschnörkelte Pendeltüren auf der linken Seite des Raumes. Indisches Rosenholz mit Einlegearbeit aus Kupfer und Messing.
    Milo öffnete sie unzeremoniös.
    Dahinter befand sich ein kleines, quadratisches Foyer mit drei weiteren Türen. Die erste führte in ein marmornes Badezimmer mit einer in den Boden eingelassenen Whirlpoolwanne, die groß genug für eine ganze Familie gewesen wäre, goldenen Armaturen, einer Marmortoilette und einem ebensolchen Bidet. Der Arzneischrank verbarg sich hinter einem der zahlreichen Spiegel. Milo untersuchte ihn: Aspirin, Zahnpasta, Shampoo, Lippenstifthülsen und ein paar Tiegel mit Kosmetika, halbleer.
    »Nimmt sie irgend etwas, soweit Ihnen bekannt ist?«
    Melissa schüttelte den Kopf. »Das ist alles, was sie besitzt. Sie verwendet nicht viel Make-up.«
    Hinter der zweiten Tür lag ein Wandschrank von der Größe eines Zimmers.
    Die Kleider waren je nach Art geordnet, hinten ein paar Abendkleider und Pelze, vielleicht zehn Paar Schuhe. Von den Kleiderbügeln waren drei Viertel leer.
    Hier ließ sich Milo Zeit, faßte in Taschen, kniete nieder und sah sich den Fußboden unter den Kleidern an. Fand nichts und ging in den dritten Raum, eine Kombination aus Bibliothek und Gymnastikraum. Die Wände waren bis zur Decke mit Eichenholzregalen versehen, mit aneinandergereihten Gummimatten ausgelegt, darauf ein Trainingsfahrrad, ein Rudergerät und eine motorisierte Tretmühle, außerdem ein freistehender Ständer mit leichten, verchromten Hanteln. Milo öffnete den Kühlschrank - er war leer; fuhr mit dem Finger über einige der Bücherregale.
    Ich las die Titel: noch mehr von Theroux, Jan Morris, Bruce Chatwin. Atlanten, Bücher über Landschaftsphotographie, Reisebeschreibungen von der viktorianischen Zeit bis heute, Audubon-Vogelbücher für den Westen der USA, Reiseführer über alle Teile der Welt.
    Zum erstenmal, seit Milo das Haus betreten hatte, sah er besorgt aus, aber nur für einen Augenblick. Er überflog die übrigen Bücherregale und meinte: »Scheint so, als hätten wir es hier durchgängig mit einem einzigen Thema zu tun.«
    Melissa antwortete nicht.
    Ich ebensowenig. Niemand wagte auszusprechen, was so offensichtlich war.
    Wir kehrten ins Schlafzimmer zurück. Melissa wirkte bedrückt.
    Milo fragte: »Wo bewahrt sie ihre Bankauszüge und

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