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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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Luft ein, so tief es ging, und genoss das befreite Gefühl, das mir Dr. Acina gerade beschert hatte.
    »Safa, du weißt doch, dass du Emma alles anvertrauen kannst?« Ich ging in die Knie, um mit der Kleinen auf Augenhöhe zu sprechen. »Sie ist deine Freundin und wird dich immer unterstützen, egal was du brauchst.«
    Safa hatte aufmerksam zugehört und blickte mich ernst an. »Ja, Waris, das habe ich verstanden. Ich will auf keinen Fall beschnitten und krank werden, so wie die anderen Mädchen im Wartezimmer bei Emma«, sagte die Siebenjährige und fügte selbstbewusst hinzu: »Es ist mir egal, ob die anderen Kinder mich deshalb auslachen.«
    Fröhlich lachend sprangen wir beide durch Dschibutis Straßen, bis wir bei dem Café ankamen, in dem Fardouza und Joanna in der Sonne saßen. Besorgt sahen mich die beiden Frauen an, doch offenbar konnten sie meinem Gesicht die Erleichterung ablesen.
    »Gott sei Dank!«, schnaufte Joanna.
    Fardouza ballte die rechte Hand zur Faust und reckte den Daumen nach oben.
    »Waris, ich habe Hunger, können wir uns etwas zu essen besorgen?«, fragte Safa leise auf dem Weg ins Hotel.
    Nach wenigen Metern entdeckten wir auf der anderen Straßenseite einen Schnellimbiss. Der riesige auf einem Schild abgebildete Hamburger auf dem Dach der kleinen Hütte regte nun auch meinen Appetit an.
    »Wie wär’s mit einem Hamburger?«, fragte ich Safa, die damit offenbar nichts anfangen konnte.
    »Was ist das?«
    Ich deutete auf die Reklame auf dem Dach des Gebäudes. »So sieht ein Hamburger aus, was denkst du?«
    Mit großen Augen betrachtete Safa die Werbetafel mit dem überdimensionalen, prall gefüllten Weißbrot darauf. »Nein, so viel kann ich nicht essen«, seufzte sie.
    Ich lachte. »Na gut, dann teilen wir uns eben einen.«
    Wir setzten uns auf die Terrasse, und ich bestellte einen Hamburger mit Pommes frites und Ketchup. Safa beobachtete einen Mann, der am Nachbartisch aus einer Dose Coca-Cola trank.
    »Darf ich auch so was haben?«, bettelte mich mein Patenkind an.
    Ich versuchte ihr zu erklären, dass Coca-Cola schlecht für die Zähne und ihren Körper sei, doch Safa blieb hartnäckig.
    »Bitte, bitte, ich bekomme das sonst doch nie!«
    Wie konnte ich den Wunsch dieses entzückenden Kindes ablehnen, das sonst froh sein musste, wenn es halbwegs sauberes Wasser zu trinken bekam? Ich ließ mich also erweichen und bestellte eine Dose Coke für Safa und Orangensaft für mich. Nach wenigen Minuten wurden die Getränke und der Hamburger an unseren Tisch gebracht. Safa fixierte den Stapel auf dem Pappteller mit offenem Mund.
    »Sieht lecker aus, aber wie soll ich das denn essen? Nimmt man die Teile auseinander?«
    Geduldig zeigte ich dem Mädchen, was für Kinder in Europa oder den USA das Selbstverständlichste auf der Welt war. Safa öffnete ihren kleinen Mund so weit es ging und biss in den Burger.
    »Oje, jetzt habe ich ihn kaputt gemacht«, sagte sie traurig, als die Hälfte auf Teller, Tisch und Boden landete.
    »Nein, nein, du kannst den Salat und die Tomate ruhig mit den Händen essen. Das schmeckt genauso gut«, tröstete ich sie.
    Nach einigen Bissen hatte Safa den Hamburger im Griff und verzehrte ihn geschickt. Mit vollem Mund versprach sie mir: »Ab jetzt esse ich nur noch Hamburger und trinke immer Coca-Cola. Das ist so lecker.«
    Wieder musste ich herzhaft lachen. Safa erinnerte mich so sehr an die Zeit, kurz nachdem ich aus Afrika nach England gekommen war und als Putzkraft in einem Fastfood-Restaurant gearbeitet hatte. Zusätzlich zu dem sehr überschaubaren Gehalt erhielt ich dort täglich einen Gratis-Hamburger. Monatelang nahm ich nichts anderes zu mir als ein mit Fleisch, Käse, Tomaten und Salat gefülltes Brötchen pro Tag. Trotzdem vermisste ich damals nichts – ich wusste ja noch nicht, welch leckeres Essen es sonst noch jenseits der Dritten Welt gab.
     
    Schon am Vortag war mir aufgefallen, dass hinter dem Hotelkomplex, in dem wir wohnten, ein herrlich ebener Weg an der Küste entlangführte. Die Sonne stand bereits tief am Horizont und färbte den Himmel rot, vom Meer her wehte eine zarte Brise, die die zweiundvierzig Grad heiße Luft erträglich machte. Eilig zog ich mein Sportoutfit über und schlüpfte in meine ausgetretenen Laufschuhe. Ich hatte Fardouza gebeten, eine Stunde auf Safa aufzupassen und ihr bei den Hausaufgaben zu helfen. Bevor die Familie des Mädchens zum Abendessen ins Hotel kam, wollte ich eine Stunde für mich haben und der untergehenden

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