Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
Vom Netzwerk:
Nachtkästchen neben dem Bett lag. Im Dunkeln schrieb ich eine SMS an Joanna: »Wir müssen morgen mit Safa zu Doktor Acina fahren. Ich will endlich sichergehen, dass sie okay ist.«
     
    Am nächsten Morgen brachte ich Safa pünktlich um sieben noch leicht verschlafen zum Hoteleingang. Tatsächlich wartete ihr Vater bereits in seinem desolaten, aber anscheinend noch recht fahrtüchtigen Wagen an der Auffahrt.
    »Guten Morgen«, trällerte er bestens gelaunt.
    Während Safa mit ihrer Schultasche auf dem Rücken einstieg, bot mir Idriss unverhofft an, das Mädchen noch eine weitere Nacht bei mir im Hotel schlafen zu lassen.
    »Wunderbar«, willigte ich ein und zeigte mich ebenfalls entgegenkommend. »Wenn du möchtest, kannst du mit deiner Familie heute Abend zum Essen vorbeikommen. Ich habe euch doch gestern versprochen, euch zu einem Freundschaftsessen einzuladen.«
    Safas Vater freute sich. »Um sechs sind wir da«, sagte er, trat aufs Gas und brauste davon, ohne dass ich mich von meinem Patenkind verabschieden konnte.
    Ich sah dem Wagen nach, in dem sich Safa umdrehte und mir lachend durch die Heckscheibe zuwinkte. Heute würde ich erfahren, ob ihr das grausame Beschneidungsritual tatsächlich wie mit ihrer Familie vereinbart erspart geblieben war. Heute war der Tag der Wahrheit.

[home]
    7.
    Besuch bei der Kinderärztin
    S chlag ein Uhr mittags standen Fardouza, Joanna und ich vor dem großen Schulgebäude, in dem wir Safa einen Tag zuvor so verzweifelt gesucht hatten. Heute kam das Mädchen wie vereinbart pünktlich zu unserem Treffpunkt. Gleich nach dem Aufstehen hatte ich Safa angekündigt, dass wir heute zu Dr. Emma Acina fahren würden. Die Medizinerin war die betreuende Kinderärztin des Mädchens. Die Desert Flower Foundation arbeitete sehr gut mit der aus Madagaskar stammenden Ärztin zusammen, die selbst aktiv gegen FGM kämpfte. In diese Frau setzten wir unser ganzes Vertrauen. Regelmäßig untersuchte sie Safa auf ihre Unversehrtheit und erteilte uns dann jeweils die erleichternde Bestätigung, dass das Mädchen nach wie vor unbeschnitten war. Um Safas Brüder kümmerte sich Dr. Acina ebenfalls rührend, sie impfte die Jungen und verabreichte ihnen die notwendigen Medikamente, wenn sie krank waren.
    Würde sie mir auch heute wieder versichern können, dass es meinem Patenkind gutging?
    Die Stimmung im Auto war angespannt, als wir zu dem Ambulatorium im Zentrum von Dschibuti-Stadt fuhren, wo sich die Praxis der Kinderärztin befand.
    Vor dem Gebäude stand eine lange Menschenschlange, als wir eintrafen. Dutzende Mütter waren mit ihren zum Teil verzweifelt schreienden Kindern gekommen, um sich bei der erfahrenen Medizinerin Hilfe zu holen. Da wir einen Termin vereinbart hatten, ging ich mit Safa an der Hand an den Wartenden vorbei. Fardouza und Joanna wollten in einem nahegelegenen Café auf uns warten.
    Wortlos erklommen Safa und ich die schmale Treppe in dem unbeleuchteten, stickigen Stiegenhaus, in dem ebenfalls etliche Frauen mit ihren Kindern dicht gedrängt auf Einlass warteten und uns erstaunt anblickten. Am Ende des überfüllten Warteraums saß hinter einem Pult die Ordinationsassistentin von Dr. Acina.
    »Guten Tag, ich bin Waris Dirie, und das hier ist mein Patenkind Safa. Meine Assistentin hat heute Morgen angerufen und einen Termin für uns vereinbart«, stellte ich mich kurz vor.
    Die junge Frau sah mich überrascht durch ihre dicke Hornbrille an und erhob sich. »Waris Dirie? Sind Sie die Autorin von
Wüstenblume
?«, rief sie erstaunt, so dass jeder im Raum ihre Worte hören konnte.
    Wieder einmal starrten mich alle an.
    »Ja, die bin ich«, sagte ich leise, während die Afrikanerin etwas aus ihrer Schreibtischschublade kramte.
    »Madame Dirie, dürfte ich Sie um eine Widmung bitten?«, fragte sie höflich und streckte mir eine französische Ausgabe meines Buches sowie einen Stift entgegen.
    Bereitwillig signierte ich das Buch für sie.
    Nur wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür des Behandlungsraums, und Dr. Emma Acina trat heraus. Sie war eine kleine, rundliche Frau, in deren Lächeln ich mich sofort verliebt hatte, als ich sie vor einigen Jahren kennenlernen durfte. Nach einer herzlichen Begrüßung führte sie uns in den für afrikanische Verhältnisse recht modern eingerichteten Behandlungsraum.
    »Sie wissen, warum ich hier bin«, begann ich, nachdem ich an dem kleinen Schreibtisch gegenüber der Ärztin Platz genommen hatte.
    Dr. Acina nickte wissend. »Wegen Safa,

Weitere Kostenlose Bücher