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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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Hussein, der es sich nicht nehmen lassen wollte, uns persönlich zum Flughafen zu fahren, stand bereits am Hoteleingang und nahm uns die Koffer ab.
    Wir fuhren die schlechtbeleuchtete Küstenstraße entlang, der Vollmond hing tief am klaren Nachthimmel und tauchte die Umgebung in fahles Licht.
    Nach dreißig Minuten sprang ich genau vor dem Eingang des Flughafens aus dem Wagen und sah mich um. Doch keine Spur von Fardouza und Safa. Hussein lud unser Gepäck aus und begleitete uns zum Ethiopian-Airlines-Schalter, wo Joanna und ich eincheckten. Mit den Bordkarten hätten wir eigentlich durch die Passkontrolle gehen können. Nur, wo blieb meine kleine Wüstenblume? Hektisch lief ich in der kleinen Abflughalle auf und ab.
    »Joanna, ich kann nicht abreisen, ohne mich von Safa verabschiedet zu haben«, sagte ich nach einer Weile zu meiner Managerin, die schon ungeduldig auf die Uhr blickte.
    Sie holte ihr Telefon aus der Handtasche, wählte Fardouzas Nummer und hielt es mir ans Ohr.
    »Diese Nummer ist zurzeit nicht erreichbar, bitte versuchen Sie es später noch einmal«, hörte ich die monotone Stimme des Tonbands.
    »Lass uns bitte noch mal vor die Eingangshalle gehen. Vielleicht parken sie ja draußen«, flehte ich meine Begleiterin an.
    Vor der Eingangshalle standen zwei Geländewagen und ein kleiner Hotelbus, ansonsten war der Parkplatz leer. Gerade als ich mich umdrehte und resigniert in die Halle zurückgehen wollte, erblickte ich am Ende der langen Allee zum Flughafen ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern und eingeschalteter Warnblinkanlage. Ich kniff die Augen zusammen und erkannte Fardouzas Rostlaube, deren Fensterheber immer noch kaputt waren. Aus der offenen Luke hing Safa mit weit ausgestreckten Armen und schrie gegen den Fahrtwind an.
    »Waris, Waris, flieg nicht weg, ohne mir tschüs zu sagen.«
    Fardouza bremste den Wagen erst unmittelbar vor mir ab. Safa riss die Tür auf und stürmte auf mich zu.
    »Mama, Mama, nimm mich mit!«
    Ich hob die Kleine hoch, die ihre zarten Arme so fest sie nur konnte um mich schlang.
    »Werden wir uns wirklich in Europa wiedersehen?«, schluchzte sie laut. »Versprichst du es mir?«
    Ich drückte ihren Kopf mit der rechten Hand sanft an meine Schulter und strich ihr übers Haar. »Safa, was ich versprochen habe, das halte ich auch. Oder habe ich dich jemals enttäuscht?«
    Das Mädchen wischte sich die Tränen weg und nickte. »Ja, du würdest mich nie anschwindeln. Ich hab dich lieb.«
    Als ich aufblickte, stand Fardouza neben Joanna, die sich beide Tränen der Rührung aus den Augen wischten. Das Auto der Afrikanerin stand noch immer mit offenen Türen, laufendem Motor und eingeschalteter Warnblinkanlage direkt vor dem Eingang des Flughafengebäudes.
    Ich drückte Safa fest an mich und flüsterte: »Meine kleine Wüstenblume, bald werden wir uns wiedersehen! Bleib tapfer und stark bis dahin.« Dann küsste ich sie auf die Stirn.
    Während ich Fardouza umarmte, herzte Joanna die Kleine. Bevor der Abschiedsschmerz zu groß wurde, drehten wir uns um und eilten in Richtung Zollkontrolle.
    Ich warf einen letzten Blick zurück und sah Safa mit plattgedrückter Nase an der großen Glasfront stehen, die den Zollbereich von der Abflughalle trennte. Ihre kleinen Hände hatte sie flach auf die Scheibe gelegt. Ich hob einen Arm, um ihr ein letztes Mal zuzuwinken.
    »Joanna«, sagte ich, »es ist so, wie du gesagt hast: Wer ein einziges Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt.«
    Die Rettung der kleinen Wüstenblumen in Afrika war jeden Aufwand wert. Eine hatte ich schon gerettet, und bald sollten es Tausende sein. Safa würde zum Vorbild für unzählige andere Mädchen werden, sie würde mir nachfolgen und meine Arbeit weiterführen. Vielleicht würde sie eines Tages sogar mein Ziel erreichen – und dieses schreckliche Verbrechen an unschuldigen Kindern ein für alle Mal beenden.
    Wenige Minuten später saßen wir im Flugzeug nach Europa und hoben schließlich ab. Als ich aus dem Fenster blickte, ging am Horizont gerade die Sonne auf. In meinem Herzen schien sie längst.

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    11.
    Ankunft in Paris
    Addis Abeba, 11 . Juli 2013
     
    Liebe Waris,
    hoffentlich geht es dir gut. Ich vermisse dich sehr und war sehr traurig, als du nach deinem tollen Besuch wieder nach Hause gefahren bist. Aber jetzt bin ich überglücklich. Nur noch ein paarmal schlafen, dann sehen wir uns wieder.
    Ich freue mich immer noch so über deine Einladung nach Europa. Wir sitzen gerade am Flughafen

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