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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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trinke Schwarztee gerne mit ein wenig Zucker und Milch. Dieser Tee schmeckte jedoch nach einer ganzen Tasse Zucker, die mit etwas heißem Teewasser vermischt war.
    Vorsichtig nahm ich einen kleinen Schluck und lobte die Mädchen. »Das habt ihr sehr gut gemacht, danke.«
    Inab konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen – sie wusste, dass der Tee so gut wie ungenießbar war.
    Da betrat ihr Vater Abdillahi mit unserem Fahrer Hussein die Hütte.
    »Assalamu alaykum«, sagte er und setzte sich, ohne mich weiter zu beachten, auf eine Obstkiste, die zu einem Stuhl umfunktioniert worden war. »Inab, ich habe Hunger, mach mir was zu essen«, bellte er seine Tochter an.
    Peinlich berührt warf mir das Mädchen einen Blick zu, nahm seine Schwestern an der Hand und verließ eilig die Hütte.
    Ich nutzte die Gelegenheit, um mit ihrem Vater ein ernstes Wort zu reden. »Wir unterstützen eure Familie, und du kannst mich nicht mal ordentlich begrüßen?«, fuhr ich ihn aufgebracht an. Ich hasste dieses Benehmen, das die meisten afrikanischen Männer gegenüber Frauen an den Tag legten. Als wären wir Menschen zweiter, dritter oder vierter Klasse.
    Abdillahi ging mit keinem Wort auf meine Frage ein. »Mein Sohn Idriss will nach Europa, wann nimmst du ihn endlich mit? Immerhin hat er in deinem Film mitgespielt«, brummte er stattdessen unfreundlich.
    Ich war fassungslos, blieb aber dennoch geduldig. »Was soll dein Sohn dort tun? Was schwebt dir vor?«
    »Europa ist unendlich reich. Sieh nur mal dich an, wenn eine Frau es schaffen kann, dann schafft ein Mann es erst recht«, schnauzte er mich zynisch an. »Wir wollen alle unsere Söhne nach Europa schicken, damit sie uns von dort Geld senden können«, fuhr Abdillahi fort. »Wenn es ihnen dann gutgeht, holen sie uns auch nach Europa. Die Europäer sollen ruhig ihren Reichtum mit uns teilen, immerhin sind sie mit schuld daran, dass wir arm sind. Eigentlich ist es ihre Pflicht, uns etwas abzugeben.«
    Ich rang nach Worten. »Das ist so ziemlich das Dümmste, was ich seit langem gehört habe«, sagte ich verärgert. »In Europa geht es den Leuten gut, weil sie arbeiten, Träume haben und Ideen, die sie auch verwirklichen. Da sitzen die Männer nicht tagaus, tagein faul herum und kauen Kath. Die Frauen sind selbständig, haben eigene Jobs, ein eigenes Einkommen und kennen ihre Rechte. Verstehst du denn nicht, dass Afrika sich verändern muss? Was bringt es, wenn ihr alle davonlauft?«
    Genau wie sein Sohn vorhin wiederholte er nur stur: »Ich will, dass du Idriss nach Europa holst.«
    Es war hoffnungslos. Daher drehte ich mich wortlos um und verließ die Hütte.
    Inab war draußen bereits dabei, das Essen für ihren Vater herzurichten.
    »Bringst du mir bitte meinen Rucksack mit den Kleidern für die Kinder?«, rief ich Joanna zu, die zusammen mit Fardouza beim Wagen stand und sich unterhielt.
    »Ja, ich habe auch ein paar Sachen für die Kinder mitgebracht«, erwiderte sie, holte unsere prallgefüllten Rucksäcke aus dem Auto.
    »He, ich habe eine Überraschung für euch«, rief ich die Mädchen zu mir.
    Mit großen Augen starrten sie auf die Kleider, die ich nach und nach hervorzog. »Die gehören jetzt euch.«
    Die drei tanzten freudestrahlend um uns herum, als sie die vielen bunten Stoffe sahen.
    Das aufgeregte Quietschen seiner Schwester lockte Idriss aus der Hütte. »Und was hast du für mich?«, fragte der Junge, dem die Eifersucht ins Gesicht geschrieben stand.
    Wortlos holte ich ein T-Shirt mit einem aufgedruckten Eiffelturm heraus und reichte es ihm. Kritisch begutachtete er das Teil, murmelte etwas, das sich nach einem leisen Danke anhörte, und ging zur Hütte zurück.
    Im Eingang drehte er sich noch einmal um und sagte mit Nachdruck: »Ich will einen Computer haben. Fahren wir jetzt einen kaufen!«
    Inab half unterdessen ihren kleinen Schwestern in die neuen Klamotten. Die Kleinen tanzten lachend über das Grundstück und drehten sich in ihren Röcken und Kleidern. Inab probierte ein rotes, mit Strasssteinen verziertes Kleid an, das sie einfach über ihr langärmliges Sweatshirt und den Rock streifte.
    »So siehst du doch gar nicht, ob dir das Kleid steht. Komm mit, ich zeige dir, wie man das richtig anprobiert.« Ich nahm sie bei der Hand und zog sie in ihre Hütte.
    »Jetzt machen wir das mal richtig«, sagte ich, forderte sie auf, ihre Sachen auszuziehen, und half ihr in das Kleid. Ich sah mich nach einem Spiegel um, aber es gab keinen.
    »Wie sehe ich aus?«, fragte

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