Safari
Nahrung zu betteln? Was, glaubst du denn, warum du auf einmal eines fürstlichen Mahls für würdig befunden wurdest?«
Tatsächlich, fiel Walker auf, war er so damit beschäftigt gewesen, die neuen Speisen zu probieren, dass er nicht darüber nachgedacht hatte. Er sagte das dem Hund.
»Es ist, weil du kooperierst. Du hast nichts Dummes getan, wie etwa einen Selbstmordversuch. Und du hast konstruktiv mit mir interagiert. Und ich mit dir. Ich habe auch besseres Futter bekommen.«
»Aber ich habe versucht auszubrechen und einen Vilenjji angegriffen«, argumentierte er, während er den letzten Tropfen des rotbraunen Getränks aus dem Behälter leerte.
»Das ist nicht dumm, das ist erwartungsgemäß«, konterte George ohne Zögern.
»Ich hatte angefangen, Steine zu sammeln, um sie auf die Vilenjji zu werfen.«
Die Hundeschnauze öffnete sich, und die Zunge kam heraus. Der Hund lachte, sah Walker. »Glaubst du, dass irgendwelche Wesen, die so gewieft sind, dass sie dieses Schiff bauen und zwischen den Sternen reisen und Exemplare wie dich und mich fangen können, nicht intelligent genug sind, um sich wirksam vor ihren aufgebrachten Opfern zu schützen? Denk an die elektrischen Barrieren, die uns zurückhalten. Je tiefer man in eine einzudringen versucht, desto stärker wird der Schock.«
»Das weiß ich«, informierte ihn Walker. »Ich habe es probiert.«
George nickte. »Alle haben das. Ich ebenso. Wir haben eine Mitgefangene, sieht nicht nach viel aus, aber sie kann Säure spucken. Nach meiner Erfahrung steht das in der Liste der potentiellen Bedrohungen vor Steinewerfen. Wenn du dich weit genug in das Feld vorarbeiten könntest, ohne dass es dich vorher umbringt, würdest du irgendwann gebraten werden. Das Gleiche würde mit jedem Stein geschehen, den du wirfst. Oder mit Säure, die jemand spuckt. Die Vilenjji mögen groß, hässlich und schroff sein, aber dumm sind sie nicht.
Und außer dem Misserfolg würde dich der Versuch eine Tagesration Futter kosten, mindestens. Ich habe den Eindruck, dass sie ihre Exemplare gern bei guter Gesundheit und in einem Stück haben. Aber das bedeutet nicht, dass sie einem keine Strafe zumessen, wenn sie glauben, dass man sie verdient hat. Entweder durch Nahrungsentzug oder, wie im Fall des verschwundenen Tripodaners, durch etwas Schlimmeres.«
Walker saß am Seeufer, ließ seine bloßen Füße ins kalte Wasser baumeln und knabberte an dem letzten Standardessensstein. »Also werden wir für gutes Benehmen belohnt und für schlechtes bestraft? Ohne Ausnahme?« Eine bange Ahnung kribbelte in seinem Verstand. »Sie versuchen doch nicht etwa, uns zu dressieren? Um Kunststücke vorzuführen oder so was?«
George schüttelte den Kopf und rieb sich am Auge. »Bis jetzt noch nicht. Nicht, dass ich nicht damit zurechtkäme, wenn sie es täten.«
»Natürlich kämst du damit zurecht«, versicherte ihm Walker. »Du bist ein Hund.«
Mit gesäubertem Auge blickte George auf. »Und du bist ein Mensch. Versuch nicht, mir zu erzählen, dass Menschen nicht abgerichtet werden können. Ihr habt Arbeitsplätze, nicht wahr? Sogar ich könnte dich dressieren.«
»Werd nicht großspurig, nur weil du sprechen und logisch denken kannst«, riet ihm Walker. »Menschen richten Hunde ab. Hunde richten keine Menschen ab.«
»Ach ja? Und was war letzte Nacht? Du wolltest mich doch aus dem Schlafsack treten, oder nicht?«
»Ich wollte nicht – ich meine, es war meine Entscheidung, dich bleiben zu lassen.«
Mit einem struppigen Achselzucken streckte George die Vorderbeine von sich. »Okay. Wie du meinst.«
Durch nichts, was Walker tun oder sagen konnte, war der Köter zu bewegen, die Diskussion wieder aufzunehmen.
4
Die Zeit verging. Was Walker dank seiner Uhr genau verfolgen konnte. Die Zentrale Standardzeit hatte keine Bedeutung für seine Situation, aber der bloße Anblick der gemäß Erdzeit wechselnden Ziffern half auf bescheidene Art, die psychische Belastung der Gefangenschaft zu lindern.
Dann passierte es. Ohne Warnung, ohne Ankündigung.
In der einen Minute saßen er und George noch da und sahen falschen Fischlein im seichten Uferwasser beim Schwimmen zu. In der nächsten war jenseits des Sees alles verschwunden. Oder vielmehr ausgetauscht.
An Stelle der ›fernen‹ Berge und Wälder sah man offenes, welliges Grasland. Grünes Riedgras und stumpfgelbe Büschel eingewurzelter Makkaroni voller Knäuel und Spiralen standen dicht gedrängt. Es gab auch Flecken mit rotem Gras, das
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