Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
mir alles Wichtige aus: die Crewliste, auf der unter anderem die Sprachen vermerkt sind, die die einzelnen Besatzungsmitglieder sprechen, alle Abflug- und Ankunftszeiten meiner Flüge heute, die Buchungszahlen und die Pass- & Zollbestimmungen für den Flug nach Moskau heute Mittag.
Briefing in Raum 2 um 5:05 Uhr steht oben rechts, auf einer kleinen Miss Universe mit Köfferchen. Ich habe also noch ein paar Minuten Zeit. In der Cafeteria, dem SkySalon, herrscht bereits erstaunlich viel Betrieb.
»Es ist auch bekannt als Café Wendehals «, hatte Frau Dr. Hartmann einmal vielsagend lächelnd bemerkt. Und tatsächlich: Ich könnte den ganzen Tag einfach nur hier sitzen und die Stewardessen, Stewards, Pilotinnen und Piloten beobachten, die in hellblauen Sesseln sitzen, frisches Rührei mit Schnittlauch essen, Kaffee trinken und E-Mails an ihren Laptops checken.
Ich brauche unbedingt auch so eine schicke Gepäckausstattung! Die Damen haben mehrheitlich ein zierliches Flightkit in Chocolat dabei, eine Art robuster Aktenkoffer mit Rollen für das Nötigste an Bord. Die Männer ziehen schwarze Boardcases aus Leder oder quergestreiftem Metall hinter sich her, wie aus dem Blech nostalgischer Flugzeugkarosserien gefertigt.
Ich nehme mir ein Tablett. In einem Kühlschrank mit durchsichtiger Tür sind fein säuberlich kleine Flugzeugessen gestapelt – Alu-Schalen zum Aufheizen. Es werden sämtliche Special-Meals angeboten, die Skyline kostenlos zur Vorbestellung für Fluggäste im Programm hat – von koscherer über glutenfreie Kost bis hin zu Seafood- und Fruit-Meals. Ob es zu früh ist für ein indisches Asian Vegetarian ? Ich vermisse schon jetzt die Sari-Kost im Flur vom SkySleep-Hotel. Nur noch diese letzte Woche wohnen wir dort zusammen, bevor jeder an seine Homebase geht.
Obwohl, lieber nicht. Ich halte mich zurück, sonst rieche ich gleich bei meinem ersten Einsatz nach Dal, den lecker gewürzten Linsen. Außerdem wird die Zeit jetzt doch so langsam knapp, und mein Magen ist eindeutig noch im Tiefschlaf. Ich stelle das Tablett wieder weg und gehe zu den Briefing-Räumen. Das Labyrinth aus Sperrholzwänden macht die Suche nach Raum 2 nicht gerade einfach.
In den kleinen und großen Boxen stehen ausrangierte Skyline-Economy-Class-Sitze und bilden u-förmige Sitzgruppen. Manche sind leer, in anderen schütteln sich Crewmitglieder fröhlich die Hände oder lauschen den Worten des Pursers. Hier und da streift mich ein abwesender Blick oder ein aufmerksames freundliches Lächeln.
Endlich: Eine große grüne Zwei prangt auf einer der grauen Türen. Ich schreite – So hot! – auf sie zu.
Eine rothaarige Flugbegleiterin in einem Paar auffallend schöner marineblauer Manolos und ein sehr gepflegter grau melierter Mann mit goldenem Sigelring am Finger sitzen bereits da.
»Ah, da kommt unser Trainee–Scharlott, richtisch?«, begrüßt mich der Graumelierte herzlich und mit französischem Akzent. »Ich bin Antoine, der Chefsteward.«
Ich gebe ihm und der Rothaarigen, die folglich Ingrid sein muss, die Hand, bevor ich mich möglichst elegant in einen Sitz drapiere und versuche, nicht allzu neu auszusehen.
» Alors , was ist Eusch Übschen denn eute schon Positives passiert?«, eröffnet Antoine voller Elan sein Briefing.
Die Rothaarige schweigt ungerührt, und Antoine beginnt das Fragespiel bei sich: »Isch sum Beispiel abe einen Parkplatz fantastique gleisch neben die Gebäude gefunden.«
»Und ich habe den Briefingraum gefunden!«, platze ich heraus und bereue es gleich wieder, aber Antoine lacht freundlich, und die Rothaarige scheint sich von uns anstecken zu lassen. Sie erzählt, dass ihr Thermostat seit gestern wieder funktioniert und sie schon um 2:45 Uhr früh ein warmes Badezimmer hatte.
Dann beginnt Antoine mit dem formellen Teil: » Bon , ihr Lieben, isch begrüße eusch ganz erzlisch auf ünsere Flüge nach Münschen und Frankoforte et in die russische Féderation, n’est pas ?« Gewinnend strahlt er in unsere kleine Runde und ordnet dann seine Unterlagen.
»Wir aben eute ein neues Crewmitglied – Scharlott – un isch offe, wir werden eine schöne Tag mit nette Passagiere aben. Mir is sehr wischtisch, dass ihr freundlisch seid zü die Gäst. Es is nich so schlimm, wenn mal etwas fehlt oder ihr etwas nisch wisst – aber seid très gentilles , bitte. Wer kann mir denn mal unsere Serviceverspresch an unsere Kunden nennen?«
Zu zweit würfeln Ingrid und ich sie zusammen: »Liebe zum Detail«,
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