Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Entkleiden in Ihren Hotelzimmern auf geschlossene Vorhänge zu achten oder die separaten Badezimmer zu nutzen, damit sich Nachbarn nicht gestört fühlen.
Vor allem bitten wir Sie, dies in den Bungalows des texanischen Golf-Ressorts »The Woodlands« sowie im Krüger Nationalpark auf der »Elephant Lodge« zu beachten.
Wir sind zuversichtlich, Ihren Kollegen, der sich aus unserer Sicht nichts hat zuschulden kommen lassen, bald wieder auf Europa-Strecken einsetzen zu können.
Grußkarten, Plüschtiere und ähnlich aufwendige Sendungen aus Ihren Reihen an Herrn Hesse leiten wir gerne weiter.
Leander Carreras, Skyline/Hotelkommission BRE
Hendrik von Metzingen-Miller, Skyline/Rechtsabteilung FRA
LL.M. (Harvard), J.D.
7.
»Ihr geht doch bloß zum
Flughafen und fliegt los, oder?«
»What is the flight time?«
»Around eight hours.«
»So long?!«
»Yes, what did you think?«
»Three or four. Do we have to cross an ocean?!«
»Just the Atlantic.«
(BOS – MUC)
Zum ersten Mal trage ich meine Skyline-Uniform. Nicht mit Nadeln gespickt auf einem kleinen entwürdigenden und gnadenlos kalt ausgeleuchteten Podest der Skyline-Kleiderkammer, sondern offiziell im Dienst.
Ich flaniere über die Basis wie über einen roten Teppich. So, als könne ich jederzeit von einem Papparazzi erwischt und dann in einer Boulevardzeitschrift neben der betrunkenen Lindsay Lohan, die gerade aus einem Club getragen wird, abgedruckt werden. Überschrift: So hot!/So not . (Überflüssig zu erwähnen, dass ich »So hot!« bin.)
Natürlich ist die völlig überzogene Kritik der Schnepfe alias Florinda von Metzingen an meinen drei kleinen unscheinbaren Speckfalten nicht spurlos an mir vorübergegangen. Nur, Schmunzelhasen zu beschaffen, so kurz nach Silvester, entpuppte sich als überraschend schwierig. Also musste ich, um bis heute in mein himmelblaues Skyline-Ensemble zu passen, auf alternative Methoden zur Gewichtsreduktion zurückgreifen: halbherziges Joggen durch den Odenwald, Grapefruitsaft und die vollständige Kollektion der »Du darfst«-Aufstriche. Leider mit nur mäßigem Erfolg.
Natürlich habe ich als Sofortmaßnahme auch Abschied von der Snack-Insel genommen, aber der Durchbruch kam erst mit den Standardwerken zu Heilfasten und magischer Kohlsuppen-Diät, die ich kilometerweit an Oder und Main entlang vom Buchhandel ins Hotel geschleppt habe. Und während ich stundenlang durch die faszinierenden Großaufnahmen von Fenchel-Rhabarber-Dinkel-Kompott, in Orangen-Couscous geschwenkten Tofuwürfeln, säuresenkendem Chicoree-Auflauf und Detox-Thunfisch-Tartar auf Knäckebrot blätterte, vergaß ich glatt das Essen. Was erst mal ausreicht, um zumindest Teile meiner Uniform nutzen zu können. Eigentlich trifft jeder seine persönliche Wahl zwischen einer Vielzahl von Einzelelementen: blaue oder weiße Bluse, Wickelrock, Hosenrock, Kleid oder Hose, mit Weste oder ohne … – es gibt mehr Kombinationsmöglichkeiten als bei Ikea-Modulküchen! So viele, dass es eigens ein kleines Buch mit Tabellen gibt, den SkyStyle , in denen lächelnde Smileys und welche mit schmerverzerrtem Gesicht zeigen, was wozu getragen werden darf.
Leider hat die Schnepfe meine persönliche Wahl durch ihren utopischen Konfektionsgrößenwahn empfindlich eingegrenzt. Den Rock bekam ich nach der Lieferung erst gar nicht über meine Schenkel und der dazugehörige Gürtel passt noch immer nicht ins letzte Loch, das Kleid ist zu kurz und der an sich locker schwingende Wickelrock erinnert bei mir noch immer an den Leggings-Look von Peggy Bundy.
Nur die Bundfaltenhose und das Sakko saßen sofort perfekt! Und das Beste: mein Hütchen! Wo sonst kann man heute noch Hüte tragen, ohne komisch angeguckt zu werden – außer in Berlin? Genau genommen ist es ein Kopfschiffchen, dem Airline-Look der Sechzigerjahre nachempfunden (Pan-Am-Retro-Stil!).
Nicht zu vergessen: die Schuhe. Ich habe mich für ein Paar schlichte hohe Pumps aus exquisitem Nappaleder entschieden, die man leider privat bezahlen muss, da man sie ja auch privat tragen könnte . (Als ob taubenblau die geeignete Komplementärfarbe zu meiner stonewashed Röhrenjeans wäre.) Aber da ich diesen Beruf ja nun bis an mein Lebensende ausüben werde, kann man schon mal zweihundert Euro ausgeben, finde ich. Das fliegt sich ja in null Komma nichts wieder rein.
Dummerweise sind sie noch ein bisschen eng, vermutlich muss man sie erst einfliegen. Und vielleicht auch ein bisschen hoch, aber als Stewardess ist der Blick
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