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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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»Ist mein Platz hier.«
    Die Leute warnten den Oberst davor, Jubril zu schlagen. Alle im Bus standen auf Seiten des Jungen. Außerdem wollte niemand, dass der Oberst mitfuhr, weil er wie ein Irrer aussah.
Sie schimpften auf die Polizei, weil die ihn eingelassen hatte, und irgendwer schlug vor, er solle sich doch auf einen der beiden Plätze setzen, die man den Polizisten für diese Fahrt zugeteilt hatte.
    »Wach lieber auf, oder ich schmeiß dich aus dem Bus«, warnte er Jubril erneut.
    » Nosa .«
    Alle schauten auf Häuptling Ukongo, aber der alte Mann sagte keinen Ton und blickte auch nicht in Jubrils Richtung. Seine Aufmerksamkeit galt allein den Perlen, die er unablässig streichelte und mit mäßigem Eifer aneinanderklacken ließ.
    »Jetzt aber mal zackig … dein Ticket?«, herrschte der Soldat Jubril an. »Wer bist du? Wir wollen deinen Fahrschein sehen. Ich muss mich setzen, weil der Fahrer so müde ist. Kann noch lange dauern, bis wir abfahren.«
    »Mein gerade eingetroffener Sohn«, schritt der immer noch mit seinen Perlen spielende Häuptling schließlich ein, »wir wollen doch hier keine Fahrscheine kontrollieren!«
    »Was?«, rief der Oberst. Im Bus war es still geworden, als der Häuptling zu sprechen begann. Der Soldat schaute sich um, als versuchte er, diese plötzliche Ruhe zu verstehen.
    »Gehorche dem Willen der Leute«, sagte der Häuptling, den Blick immer noch gesenkt. »Man will dich nicht in diesem Bus … Und wir leben in einem demokratischen Land.«
    »Demokratie? So ein Quatsch!«, sagte Oberst Usenetok. »Zeigt mir den Fahrschein von diesem Arschloch … Punkt!«
    Der Häuptling erhob sich, nahm den großen Hut ab, so dass sein weißes Haar zum Vorschein kam, und setzte ihn dann wieder auf. Anschließend räusperte er sich und blickte sich um. »Wissen Sie überhaupt, dass ich gar nicht in diesem Bus sein sollte, Soldat? Wissen Sie, dass ich eigentlich der Regierung helfen sollte, diese nationale Krise zu lösen … Da muss ich mich nicht von einem Verrückten wie Ihnen beleidigen lassen!«
    »Entschuldigung, wollen Sie mich jetzt beleidigen? Nach allem, was ich für dieses Land getan habe?« Der Soldat begann, in seinen Lumpen nach dem Ausweis zu suchen. Ihn zu finden war ihm offenbar ziemlich wichtig, denn seine Hände zitterten und er ließ den Hund fallen. Der Tarnanzug hatte dermaßen viele Löcher und Schlitze, dass der Mann anscheinend selbst nicht mehr wusste, wo was zu finden war. Schließlich zückte er den Ausweis und verkündete: »Oberst Silas Usenetok … ECOMOG -Spezialeinheit!«
    Jubril sah erst zum Häuptling, dann wieder zum Soldaten. Da ihm Häuptling Ukongo so viel über die Selbstaufopferung der ECOMOG -Soldaten erzählt hatte, machte sich auf seinem Gesicht schlagartig Bewunderung für diesen Mann breit. Jubril stand auf und bot ihm seinen Platz an, obwohl viele Leute im Bus sagten, er solle das nicht tun.
    Oberst Usenetok hob seinen Hund wieder auf.
    »Nein, Gabriel, du gibst ihm nicht deinen Platz«, sagte der Häuptling gefasst, und die Passagiere stimmten ihm zu. Monica presste Jubril mit beiden Händen so fest nieder, als pflanzte sie einen Baum.
    »Er hat mich als Häuptling beleidigt«, erklärte der Häuptling und sagte dann zum Soldaten gewandt: »In diesem Bus akzeptieren wir keine Ausweise … da können Sie jeden fragen.«
    »Genau … ole  … keine Ausweise!«, sagte jemand.
    »Kein Ausweis von 'nem irren Soldaten!«
    »Im Namen von ECOMOG haben eure Generäle unser Geld geklaut!«
    » Kai, kai, kai , mein Volk, vergesst, was die Generäle getan haben!«, sagte der Häuptling, rief sie zur Ordnung und wandte sich wieder an den Soldaten. »Sie sind zu jung, um die Geschichte des Konflikts in unserem Land zu kennen, also lassen Sie mich erklären …«
    »Was für ein Konflikt, was für eine Geschichte?«, fragte der
Soldat. »Sie reden ja so, als wären Sie persönlich dabei gewesen, als Gott die Erde schuf.«
    »Na schön. Selbst wenn Sie dabei waren, als die Briten den Norden willkürlich mit dem Süden vereinten, um dieses Land zu schaffen, könnten Sie nicht mit uns fahren! Selbst wenn Sie dabei waren, als die Briten die Muslime mehrheitlich in den Norden, die Christen mehrheitlich in den Süden des Landes drängten, wollten wir Sie hier nicht haben. Und dabei geht es längst nicht mehr darum, ob Sie einen Fahrschein besitzen oder nicht … Mir als königlichem Vater ist nämlich nichts wichtiger als die Sicherheit meines Volks . Zu viele

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