Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
Vom Netzwerk:
nicht verstehen, Oberst. Wir sagen ja nicht, Sie hätten stehlen sollen … nicht stehlen im Sinne eines Raubes. Aber denken Sie doch mal daran, dass es Ihr Öl ist. Durch die Gnade Gottes kommt es aus Ihren Dörfern! Sie hätten da draußen so viel Geld verdienen sollen, dass Sie sich nun um eine Bohrlizenz bewerben könnten.«
    »Am Ölgeschäft habe ich weder Interesse noch die nötige Fachkenntnis dafür«, erwiderte der Soldat.
    »Dafür braucht's keine Fachkenntnis«, sagte Madame Aniema. »Nur Geld!«
    »Wenn ihr wollt, könnt ihr Zivilisten euch ja um diese Lizenzen bewerben!«
    »Blödsinn!«, warf Tega ein. »Daheim verdient kein Mensch so viel Geld … höchstens ihr Supersoldaten von woanders …«
    »Ich habe diesem Land zweiunddreißig Jahre daheim und im Ausland gedient. Und wenn ich keinem Minderheitenstamm angehören würde, wäre ich längst General.«
    »Wollen Sie behaupten, nur weil Sie kein General sind, hätten Sie keinen Anteil von den Abermilliarden Dollar gekriegt, die das Land in die ECOMOG pumpt?«
    » Kai , lasst die Generäle aus dem Spiel!«, meldete sich der Häuptling plötzlich zu Wort. »Verrückten wie dem da sollten wir auf den Zahn fühlen, nicht den Generälen!«
    Da drehte Oberst Usenetok vollends durch. Er löste die Schnur um seinen Leib und wollte den Häuptling damit auspeitschen, doch hielten ihn die Leute davon ab. Man sagte ihm, man lebe in einer Demokratie, deshalb stünde es den Leuten frei, ihn zu befragen. Der Soldat war so wütend, dass er wie im Delirium herumhüpfte und wie ein böser Geist die Passagiere im Gang beiseiteschubste. Ohne Schnur flatterte sein zerlumpter Tarnanzug so wild wie seine unbeständige Laune. Weitere Amulette kamen zum Vorschein. Er sprang über die Köpfe der im Gang sitzenden Leute.
    »Sind wir hier in der Savanne, in Sierra Leone, oder was?«, rief ein Flüchtling.
    »Glaubst, das hier ist 'n Häuserkampf in Liberia?«
    »Wir müssen diesen Irren aus dem Bus jagen.«
    Je lauter sie ihn anschrien, desto absonderlicher wurde sein Verhalten. Er formte mit den Händen zwei Maschinengewehre, feuerte auf die Passagiere und rief rat-ta-ta-tat . Er schoss in die Decke und verkündete, er hätte einen Hubschrauber abgeknallt. Er feuerte ins Fenster und behauptete, die RUF -Rebellen in Schach zu halten. Die Leute riefen nach der Polizei, die kommen und sie erlösen solle, doch waren die Beamten nirgends zu sehen. Als der Oberst vorn im Bus angekommen war, blieb er plötzlich stehen und sagte: »Die Regierung hat mir meinen Sold nicht gezahlt. Da komme ich her, und ihr nehmt mir meinen Platz weg – und das, nachdem ich sechs Jahre an der Front war, im Dienste des Vaterlandes? Und ihr redet von Demokratie? In einer wahren Demokratie spricht kein blöder Häuptling für irgendwen!«
    »Nein, mein Volk«, sagte der Häuptling und stand auf. »Dieser Irre ist kein Anhänger der wahren Religion unserer Vorfahren! Diese Religion kenne ich, doch was der da für einen verrückten Juju von seinen Reisen mitgebracht hat, wissen wir nicht … Wir müssen diesen Soldaten aus dem Bus werfen, ehe es zu spät ist! Noch mal: Gabriel wird seinen Platz nicht hergeben!« Dann wandte er sich direkt an den Soldaten: »Wie schon unsere Vorfahren sagten: Du kannst dich nicht mit Gott anlegen und dann mit einem brüchigen Seil auf eine Palme klettern. Solltest du darauf bestehen, werde ich dieses Gefährt verlassen. Aber dann muss der ganze Bus die Folgen tragen, wenn ihr in mein Delta kommt! Denn mein Volk wird euch fragen, was ihr mit mir gemacht habt …«
    »Dann solltest du nicht in diesem Bus mitfahren!«, rief der Soldat. »Ich habe zu viel für die Freiheit in diesem Land … in Afrika gelitten. Und ihr wollt mich aus dem Bus werfen?«
    »Du musst gehen«, sagte der Häuptling.
    »Lasst mich euch allen hier im Bus sagen, dass kein Mensch aus den weißen Ländern, die uns Christentum und Demokratie beschert haben, für die Liberianer gestorben ist. Hat etwa auch nur eines der arabischen Länder, die in Afrika den militanten Islam verbreiten, Truppen nach Sierra Leone entsandt? Ich sage, ihr seid alle verrückt, dass ihr euch gegenseitig für zwei ausländische Religionen umbringt. Wir elenden ECOMOG -Soldaten sind losgezogen, um für die Demokratie zu sterben, während in diesem Land das letzte bisschen Demokratie von Generälen, Politikern und Häuptlingen, diesen Ganoven, kaputt gemacht wird. Ein Hurra auf den westafrikanischen Soldaten! Ich werde noch wen

Weitere Kostenlose Bücher