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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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gebetet, erst in Liberia, dann in Sierra Leone.« Er blickte in die Schale Wasser, kam mit dem Gesicht näher heran, bis sein Spiegelbild die gesamte Oberfläche einnahm, dann berührte er das Wasser, so dass es sich kräuselte. »Danke, Mutter … Du bevölkerst die Erde mit deinen Kindern«, flüsterte er. »Wir alle gehören dir.«
    Alle Aufmerksamkeit galt dem Soldaten, doch war im Hintergrund Häuptling Ukongo zu hören, der mit dem Hund redete. Er hielt ihn auf dem Schoß, streichelte den knochigen
Leib und wisperte ihm liebevoll in die zerschlissenen Ohren. Nduese beobachtete ihn aufmerksam.
    »Weißt du, ohne uns königliche Väter wäre das Land am Ende«, sagte er dem Hund, der zustimmend zu winseln begann. Er stopfte Nduese das Maul mit Keksen. »Heute kann niemand mehr die königlichen Väter leiden. Als mein Urgroßvater Häuptling war, da hat das Volk auf ihn gehört. Er hat den Kampf gegen die bösen Weißen organisiert, die gekommen waren, um uns zu Sklaven zu machen. Viele starben im Kampf gegen ihre Gewehre und Degen, denn wenn mein Großvater gesprochen hatte, dann wurde gehorcht.« Nduese leckte dem Häuptling die Hände.
    »Als mein Großvater an die Macht kam, hat man auch noch auf ihn gehört … sogar die Missionare. Er gab ihnen Land, damit sie darauf Kirchen, Krankenhäuser und Schulen bauen konnten. Deshalb sind wir im Süden heute gebildeter als die Leute im Norden. Selbst zu Zeiten meines Vaters war es nicht anders. Ich meine, diese großen Ölgesellschaften haben ihn regelmäßig um Rat gefragt, und deshalb haben sich die Ölstämme auch nicht gegenseitig umgebracht, wie sie es heute im Delta tun. Selbst die Militärregierung hat Hand in Hand mit ihm gearbeitet … Nur von mir will heute kein Mensch mehr etwas wissen … weder mein Volk noch die Ölgesellschaften. Was ist das nur für eine Art Demokratie, mein Freund?«
    »Weißt du, dass mein Volk, ich meine, mein eigenes Volk, vor zwei Jahren die Autos verbrannt hat, die mir von den Ölgesellschaften geschenkt worden waren? Die Jugendlichen hatten sich über verpestetes Land und tote Flüsse beklagt, und ich wollte mit den Ölgesellschaften darüber reden, aber die haben unser Treffen, auf dem ich die Anliegen meines Volkes schildern wollte, immer wieder verschoben! Dann haben die Jugendlichen meinen Palast niedergebrannt und mir vorgeworfen, mit den Ölgesellschaften und der Militärregierung unter einer Decke zu stecken. Ich sage dir, wenn die Militärregierung mei
nen Palast nicht wieder aufgebaut und mir neue Autos geschenkt hätte, wäre ich heute heimatlos … Wie können die nur meinen Palast niederbrennen, das Symbol ihrer eigenen Existenz? Wären dies noch die Zeiten meines Urgroßvaters, er hätte all die hoffnungslosen Delta-Jugendlichen als Sklaven an die Weißen gegeben, umsonst … Kurz bevor die Soldaten abdankten, hatte mir das Militär ein Haus in Lupa versprochen … Eines Tages muss Gott die Soldaten wieder an die Macht bringen. Ich werde General Abacha jedenfalls immer vermissen!« Er zeigte auf Jubril. »Und dann stell dir vor, wie dieser junge Mann …«
    »Gib endlich Ruhe!«, warnte ihn jemand, denn der Häuptling war immer lauter geworden.
    »Soll er doch den Soldaten nachtrauern«, sagte Tega, »dann haben wir unsere Ruhe.«
    »Und lassen Sie den Hund in Ruhe schlafen, Mensch«, fügte Monica hinzu.
    Da dem Häuptling erst jetzt auffiel, dass der Hund tief und fest schlief, rüttelte er ihn wach und drehte seinen Kopf zu Jubril um. »Schau dir diesen Gabriel an«, sagte er zum Hund. »Der weigert sich, die Hand aus der Tasche zu ziehen … trotz unserer Bitten. Er und seine Eltern, die gehören zu diesem nutzlosen Pack, das wir seinerzeit den Weißen ans Messer geliefert hätten. Dann hätten wir ja gesehen, wie er die Zuckerplantagen in Amerika mit einer Hand in der Tasche beackert … Vielleicht wäre er aber auch an die Araber verkauft worden, und die hätten ihn auf der Stelle kastriert.«
     
    Der Soldat blickte sich im Bus um und sagte, er wolle seiner Göttin opfern, ihr etwas zu essen oder zu trinken darbringen, um die Wiedervereinigung mit ihr zu besiegeln. Es gab nichts, und die Passagiere fürchteten sich vor dem, was er mit opfern meinen könnte. Redete er von Menschenopfern? Wollte er jemanden töten?
    Der Soldat riss jedoch bloß den Mund weit auf und stülpte die Lippen über eine der Wunden, die er im Kampf mit Emeka davongetragen hatte. Ehrfürchtig saugte er sein Blut, als gehörte

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