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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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sterben,
wenn ihr in diesen Bus geht. Selbst der Kranke lebt noch. Er ist sogar kräftig genug, laut zu schimpfen!«
    Stumm gingen die ersten Freiwilligen an Bord und nahmen die letzten freien Sitze in Beschlag. Manche weinten, als sie sich zu den Toten setzten. Je mehr Leute einstiegen, desto knapper wurde der Platz. Eine Gruppe von Männern betrat den Bus mit dem Plan, den Platz für die Lebenden und Toten bestmöglich zu nutzen. Sie packten die Leichen, als wären sie Feuerholz, und lagerten sie um, stapelten sie hinten, bis sich ein Leichenhügel auftürmte, der bis zu den TV -Geräten an der Decke reichte. Manche rissen ihre Schals oder Hemden in Streifen, mit denen sie ihren Kindern die Augen verbanden. Andere hielten dagegen, dass die Fahrt zu lang dauerte, um sie mit verbundenen Augen zu machen, und drängten ihre Kinder, sich die Toten anzusehen, bis sie sich an ihren Anblick gewöhnt hatten.
    Zwei weitere Busse trafen ein.
     
    Obwohl die Flüchtlinge in Jubrils Bus wussten, dass Oberst Usenetok die Polizei auf seiner Seite hatte, gaben sie sich nicht gänzlich geschlagen. Sobald sie sich davon überzeugt hatten, dass der Soldat und sein Hund fest schliefen, begannen sie, ihren nächsten Zug zu planen.
    »Geht für Jesus gar nicht, dass der Teufel diesen Krieg gewinnt!«, flüsterte Tega allen in ihrer Nähe zu.
    Madame Aniema meinte: »Warum, meine Tochter, willst du schlafende Hunde wecken? Dieser Soldat macht uns unterwegs bestimmt keinen Ärger mehr.«
    »Sag das nicht, Madame«, sagte Ijeoma. »Wie sieht's mit Emeka aus?«
    »Wir brauchen Emeka in diesem Bus«, setzte Monica hinzu.
    »Der Mann hat für diesen Bus bezahlt«, fuhr Ijeoma fort. »Und wetin sag ich meinen Nachbarn im Dorf, die ihn kennen?«
    Madame Aniema verstummte. Man begann darüber zu reden, wie Emeka zurückzuholen sei. Im Bus machte sich der Eindruck breit, die Passagiere bildeten eine Gemeinschaft, deren Absichten nur vorübergehend durch ein Unglück vereitelt worden waren, durch ein Übel, von dem niemand wusste, wie lange es andauern mochte, doch ging man fest davon aus, es überwinden zu können.
    »Mein Volk, in diesen Zeiten brauchen wir den allerbesten Geist«, sagte der Häuptling, stand auf, ließ die Fingerknöchel knacken und richtete seine Perlenkette. »Einen wie den, von dem Emeka besessen war … um das Land zu säubern. Wie heißt es doch bei uns: Stiehlt eine Geisterratte etwas aus deinem Haus, besorg dir eine Geisterkatze, keine gewöhnliche … Ich weiß, was getan werden muss.«
    »Wo er recht hat, da hat er recht, der Häuptling«, sagte Ijeoma.
    »Und, Häuptling? Wetin sollen wir tun?«, fragte Monica.
    »Mein Volk, wir müssen rasch handeln, solange der Soldat noch schläft. Eben erst haben wir Geld gesammelt, um ihn aus dem Bus zu werfen, wisst ihr noch?«
    »Ja, ja«, riefen sie.
    »Sammeln wir noch mehr Geld. Genug, um den Soldaten aus dem Bus werfen zu lassen und Emeka zurückzuholen. Ich mach fix ein bisschen E-Kommerz mit der Polizei. Ich kenne die Beamten. Geben wir ihnen genug Geld, wissen sie nicht mehr, wer eine Uniform anhat und wer nicht.«
    Sie begannen, Geld zu sammeln. Der alte Mann ging nach draußen, um mit der Polizei zu verhandeln, und man ließ Emeka zurück in den Bus, warf den verrückten Soldaten aber nicht hinaus. Emeka wirkte ziemlich ernüchtert. Der rauschhafte, vergeistigte Glanz, den er noch ausgestrahlt hatte, als er in Zungen redete, war längst verblasst. Jetzt zitterte er vor Kälte und sah wie schlecht zubereitetes akpu aus. Man fand einen Stehplatz für ihn, möglichst weit fort vom Soldaten. Emeka blieb
untröstlich, wie sehr sich die Passagiere auch bemühten, seine Laune zu bessern, und wie oft sie ihm auch erzählten, dass seine spirituelle Macht auf ihrer Reise bestimmt noch sehr nützlich sein würde. Stattdessen schwatzte er pausenlos von den Leichen, die er im anderen Bus gesehen hatte.
     
    Endlich weckte die Polizei den Fahrer. Ein riesiger, muskulöser Kerl schlurfte zum Bus und sah aus, als hätte er den Dieselkanister aus Lupa auf dem Kopf hergetragen. Die Passagiere reagierten erleichtert auf seine Ankunft und applaudierten sogar, wie man manchmal im Flugzeug applaudiert, wenn der Pilot nach turbulentem Flug die Maschine sicher gelandet hat. Kaum betrat er den Bus, gerieten die Flüchtlinge im Bahnhof außer Rand und Band. Er stellte den Motor an und ließ ihn aufheulen, so dass es laut durch die Savanne hallte. Dann kamen die beiden Polizeibeamten an Bord

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