Sag, dass du eine von ihnen bist
Bus.«
Emeka stampfte mit den Füßen auf, murmelte dabei unablässige Suaden vor sich hin und schaute mit verschleiertem Blick auf, als befragte er den Himmel um Rat, so wie Yusuf es an jenem Nachmittag getan hatte, an dem er gesteinigt worden war. Emeka verlor nun auch den letzten Rest seiner Beherrschung. Manchmal schien es, als wolle er sich aus dem Fenster stürzen und in die Nacht verschwinden. Am anderen Ende des Busses tobte der Soldat wie im Kriegswahn an der Front. Die beiden glichen den Zentren eines Zwillingstornados, wirbelten nah beieinander, verschmolzen aber nie. Der Bus stand allerdings gänzlich auf Seiten Emekas, verfluchte den irren Oberst und übertönte ihn mit Gebeten.
Nun wankte Emeka zitternd auf Jubril zu.
»Du hast Christus verraten!«, klagte er Jubril an und griff nach seinem Hals. »Wer hat dich geschickt, Gottes Kinder zu einer schlimmen Reise zu verdammen?«
Die Flüchtlinge waren überrascht und enttäuscht, dass er sich Jubril und nicht den Soldaten vornahm.
»Mach doch kein' Ärger, abeg «, flehte ihn Jubril an.
»Sag lieber nix«, riet Tega. »Bleib dey still … na Fehler. Eigentlich will er den Soldaten.«
Laut flüsterte Monica: »Kämpf nicht gegen ihn an, Gabriel … der Heilige Geist merkt schon noch, dass er falsch liegt. Beten wir, dass er's bald tut.«
Inzwischen hatte Emeka den Jungen im Nacken gepackt und schüttelte ihn. Manche beteten, der Heilige Geist möge sie erleuchten, auf dass sie den Richtigen aus dem Bus warfen. Als sie aber merkten, wie entschlossen Emeka war, rieten sie Jubril aufs Neue, nichts zu sagen und sich nicht zu wehren, da es töricht wäre, sich mit dem Heiligen Geist anzulegen. Jubril flehte den Häuptling an, während Emeka ihn zur Tür zerrte, so wie er es mit dem Soldaten getan hatte, als der in den Bus gekommen war. Doch der alte Mann sagte kein Wort. Entsetzt wie Jubril war, zitterte er fast so stark wie sein besessener Peiniger. Einen Moment lang kamen sich die beiden Tornados sehr nahe und berührten sich fast, als Emeka den Jungen am Irren vorbei zur Tür schleppte.
»Glaubst du an Jesus Christus als deinen persönlichen Retter?«, fragte Emeka Jubril ins Gesicht.
»Bruder«, erwiderte Jubril, als redete er mit seinem verstorbenen Bruder Yusuf. »Ich bin von deinem Blut. Ich bin einer von euch.«
»Nein, nein, nein, nein«, sagte Emeka und presste ihn zu Boden. »Knie dich hin … Du bist der Feind!«
Jubril nahm die Schmerzen klaglos hin, als er gegen andere Leute geschleudert und dann zu Boden geworfen wurde. Er dachte jetzt vor allem daran, das rechte Handgelenk nicht aus der Tasche rutschen zu lassen. Er hielt es mit der Linken fest. »Bin kein Feind … bin euer Blutsbruder … Gabriel!«, wimmerte er. »Ich glaube an Christus.«
»Lügner! Wer bist du?«
»Äh … zuallererst bin ich Christ! Weißt du noch, Joseph, wie Mama gesagt hat, wir wurden als Babys getauft?«
»Ich gehöre zur Pfingstkirche. Wir glauben nicht an die Kindstaufe!«
»Wir haben denselben Vater, dieselbe Mutter. Ich nehme dich an, Joseph.«
Um dem Bruder seine Identität zu beweisen, hielt ihm Jubril das Marienmedaillon hin, doch griff Emeka nach dem Stück Metall und warf es aus dem Fenster, als hätte er versehentlich glühendheiße Kohle angefasst. »Maria ist eine falsche Göttin der Katholiken«, sagte er. »Und die Kindstaufe bereitet das Kind auf die Hölle vor … Ich kenne dich! Vor dem Vater von Jesus Christus kannst du dich nicht verstecken.«
»Bitte unseren Vater um Vergebung«, erwiderte Jubril, »du allein kannst Vergebung für mich erflehen.«
»Wenn du unserem Vater gegenübertreten willst, musst du mit mir kommen.«
»Unser Vater vergibt mir …? Deinem Mörder?«
»Ja, jaaaa! Der Vater ist Vergebung.«
Die Flüchtlinge waren erstaunt. Jetzt fragten sie sich, ob der Häuptling nicht doch recht gehabt hatte, als er Jubril beschuldigte, in seiner Tasche ein Amulett zu verstecken. Sie blickten sich an, beteten noch lauter und dankten dem Herrn für Emekas wundersame Mächte. Wie der kranke Mann zuvor lag Jubril nun auf dem Boden, allerdings auf der Seite. Die Linke umklammerte das rechte Handgelenk für den Fall, dass der über ihn gebeugte Emeka versuchen sollte, ihn am rechten Arm in die Höhe zu ziehen.
»Frag ihn, Emeka, mit was für einer Teufelskraft er den Bruder getötet hat«, sagte Tega.
»Sag dem Geist nicht, wetin er fragen soll«, flüsterte Ijeoma. »Geist braucht kein' Rat.«
»Ich … ich will ja
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