Sag, dass du eine von ihnen bist
Und ich könnte das Essen dann zwei-, dreimal am Tag wieder aufwärmen.
Doch beruhigte ich mich, als Mama mich umarmte und sagte, sie werde uns sehr vermissen, und Papa uns riet, fleißig zu sein; außerdem sagte er, dass dieser Abend der Beginn eines besseren Lebens für uns sein würde. Als Big Guy dann mit ihnen fortfuhr, dachte ich an die vielen guten Taten, die unsere Eltern überall in ganz Afrika vollbrachten.
Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich so gierig gewesen war, das ganze Essen behalten zu wollen, dabei wurde es doch für all die anderen hungrigen Kinder gebraucht. Ich war bereit, von jetzt an mit Mama und Papa zusammenzuarbeiten und unsere Zukunft in so fröhlichen Farben zu sehen wie Antoinette. Mir gefiel auch nicht, dass Paul unseren Wohltätern solche Schwierigkeiten machte, und ich hoffte, dass er sich beim nächsten Stopp nicht wieder übergeben musste. Ich verstand nicht, dass es für jemanden aus der Wüste normal war, so auf das Meer zu reagieren, und es ärgerte mich, dass er unsere Eltern in Verlegenheit brachte. Ich fand, selbst Yewa, die Jüngste von all den Kindern, hatte sich besser gehalten als Paul.
Seit diesem Abend fand ich es nicht weiter seltsam, dass Fofo uns Pascal und Mary nannte. Am nächsten Tag kam er mit zur Schule und änderte unsere Namen im Schulregister zu Pascal und Mary Ahouagnivo. Und da wir wussten, wie sehr Mama unsere neuen Namen liebte, verloren wir rasch die Geduld mit unseren Schulkameraden, wenn sie uns weiterhin mit den alten Namen ansprachen. Als sie wieder einmal mit dem alten Namen gehänselt wurde, biss Yewa einem Mädchen ins Ohr; und auch wenn sie daraufhin von der Lehrerin mit dem koboko geschlagen wurde, hatte sie ihren Standpunkt doch klargemacht.
Am nächsten Tag kam Big Guy mit einem Fotografen, um Bilder für unsere Pässe machen zu lassen, dann holte sich Fofo ein paar Leute, die unsere hölzernen Türen und Fenster gegen welche aus Metall austauschten. Er sagte, unser neuer Lebensstil und die Nanfang machten es nötig, dass unser Haus so sicher wie nur möglich war.
Die Arbeiter strichen die Metalltüren und -fenster pechschwarz an, so dass sie in den grauen zementverputzten Wänden auffielen wie die schwarzen Augen von Schlangenbohnen. Fofo kaufte wuchtige Vorhängeschlösser nebst Hundeketten und wollte die Schlüssel an seinen Motorradschlüsselbund hängen, aber sie waren zu lang und drohten ihm Löcher in die Hosentasche zu reißen, weshalb er sie an einer Schnur auffädelte, die er wie ein metallenes Amulett um den Hals trug.
Statt Leute über die Grenze zu bringen, blieb er eines Samstags daheim und grub hinter unserem Haus ein Loch, bis er auf lehmige Erde stieß. Die mischten er und ich mit Wasser und etwas Zement an, schaufelten sie in einen Trog und begannen, die Spalte zwischen Dach und Wohnraum zu versiegeln. Er stand im Zimmer auf einem Stuhl, und ich reichte ihm immer wieder Lehm aus dem Trog an, während Yewa draußen spielte und kleine Lehmfiguren formte. Unsere Arbeit scheuch
te Eidechsen, Geckos und Ratten auf, von denen so viele aus ihren Verstecken huschten, dass sie mich irgendwann nicht mehr überraschten. Fofo pfiff und summte unablässig irgendwelche Lieder. Hatten wir eine Spaltbreite verfüllt, gingen wir nach draußen, wo Fofo erneut auf einen Stuhl stieg, sich nun die Außenwand vornahm und den Lehm mit den Knöcheln knetete, um ihn dann mit feuchten Händen zu verstreichen.
»Warum lässt du da offen, Fofo?«, fragte ich mit einem Blick auf die Löcher, die er in jeder Wand gelassen hatte.
»Damit die Hitze uns nicht umbringt«, antwortete er. » E hun miawo hugan .«
»Hitze? Und was ist mit den Fenstern?«
»Wegen der Löcher brauchen wir die Fenster nicht aufmachen. Du dey stellst beaucoup de questions , Söhnchen … und selbst diese Löcher sind noch zu groß. Abeg , mehr Lehm.«
Ich reichte ihm Lehm an, und er verkleinerte jede der Öffnungen auf Mannsfußgröße. Von drinnen konnten wir durch die Löcher nicht nach draußen sehen, und das nicht bloß, weil sie zu hoch, sondern auch, weil sie zu dicht unterm Dach waren. So drang kein Sonnenlicht mehr ins Haus.
»Aber Fofo, wann decken wir die Wellblechplatten? Machst du das Dach auch bald?«
Yewa kam ins Zimmer und blieb stumm in unserem Rücken stehen, doch beachteten wir sie nicht weiter. Mit seiner schnellen, hektischen Art diktierte mein Onkel das Arbeitstempo, und unser Gespräch schien ihn nur noch stärker anzutreiben.
»Keine
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