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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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monsieur .«
    Papa sah viel älter aus als Mama, so alt, er hätte ihr Vater sein können. Er war groß, groß wie Big Guy, und er war tiefschwarz. Die Haut war dunkler als das Haar, und die untere Gesichtspartie verbarg er hinter einem dichten, gepflegten Bart. Aus den Nasenlöchern wuchsen ihm einige graue Haare. Wäre sein weißes T-Shirt nicht gewesen, in dem sich der Widerschein der Lampe fing, wäre es schwergefallen, ihn überhaupt zu sehen, so dunkel war er. Er lächelte oft, hellte seine Schwärze mit zwei prächtigen, hellen Zahnreihen auf, und er trug Shorts und Flip-flops, als wäre er unterwegs zu einem nächtlichen Bad im Meer.
    »Hallo, Mary!«, sagte er und winkte Yewa zu, die aber viel zu sehr mit dem Essen beschäftigt war, um darauf zu reagieren.
    Fofo Kpee, der an der zum Hinterzimmer führenden Tür lehnte, verzog peinlich berührt das Gesicht und öffnete den Mund, als ob er Yewa ermahnen wollte.
    »Nein, sag nichts!«, zischte Big Guy. »Lass die Kleine in Ruhe.«
    Fofo nickte und verschränkte wie ein Laufbursche die Hände hinter dem Rücken.
    Ich hatte gehofft, er würde Witze reißen, den ganzen Abend aus Leibeskräften lachen und alle unterhalten. Sicher, er war beim Warten auf die Ankunft unserer Pateneltern ziemlich angespannt gewesen, dennoch hatte ich damit gerechnet, dass er wie auf dem Nanfang-Erntefest den Clown spielen würde, aber weit gefehlt. Wir befanden uns in seinem Haus, trotzdem hieß er die Gäste nicht willkommen und stellte sie uns auch
nicht vor. Eigentlich stand er wie ein neuer Dienstbote da, der sich darauf verließ, dass ihm Big Guy, einer der älteren Angestellten, sagte, wie er sich zu verhalten habe. Es gefiel mir gar nicht, wenn Fofo seinen Sinn für Humor verlor. Allerdings nahm ich an, dass ihn die Großzügigkeit unserer Pateneltern einfach überwältigte oder dass er fürchtete, wir könnten ihn enttäuschen und keinen guten Eindruck machen.
    Dann stand Papa auf und wies auf die beiden anderen Kinder. »Ach, ehe ich es vergesse, Pascal und Mary, das hier sind eure Geschwister … Antoinette aus Togo und Paul aus dem Norden Nigerias.«
    Ich lächelte und wandte mich Antoinette zu, die mir am nächsten saß, sie aber ignorierte mich, stand auf und fing an, Paprikasuppe in eine Schüssel zu füllen. Sie war untersetzt, grobknochig und hatte ein rundes Gesicht, eine kleine, flache Nase und einen großen Mund, in den sie an diesem Abend alles Essbare hineinschaufelte, dessen sie habhaft wurde, egal in welcher Kombination. Die kleinen Augen schweiften ruhelos umher und musterten angewidert unsere ärmliche Umgebung.
    »Hör auf, Antoinette, und begrüße deinen Bruder!«, fauchte Mama sie an.
    »Aber ich mag diese Hütte nicht, Mama«, gab sie zurück und biss in ein Stück Fleisch.
    Mama funkelte sie an. »Was hast du gesagt?«
    »Ja, Mama, ja doch«, antwortete Antoinette, drehte sich um und hauchte mir einen flüchtigen Kuss auf beide Wangen; ihr Paprikaatem fächelte mir über die Augen.
    »Braves Mädchen«, sagte Mama, deren Gesicht sich wieder in Lachfalten legte. »So begrüßen wir Damen unsere Männer in Gabun!« Dann wandte sich Mama an mich. »Sie wollte dich bestimmt nur ein bisschen foppen. Und nun los, sag Hallo zu Paul.«
    »Hallo, Paul«, sagte ich und streckte meine Hand aus.
    »Hi«, erwiderte er mit einem laschen Händedruck.
    Paul blickte mich mit rotunterlaufenen Augen traurig an. Er war ein hochaufgeschossener, zart aussehender Junge, der stumm und unbeweglich wie eine Statue auf dem Rand von Fofos Bett hockte. Er hatte Hautausschlag, und die Creme, die er dagegen benutzte, verströmte einen stechenden Geruch. Durch die breite Stirn und das spitze Kinn glich sein Gesicht einem hohen Kegel, doch ließ er den ganzen Abend den Kopf hängen, als wäre er für seinen Hals zu schwer.
    »Und was würdest du gern essen, Paul?«, fragte Papa.
    »Nichts«, antwortete er.
    »Nichts? Gar nichts?«
    »Ich will nach Hause«, erwiderte Paul.
    »Es ist in Ordnung, mein Sohn, wenn du dein Zuhause vermisst«, sagte Papa. »Aber du wirst dich schon noch an die Küste gewöhnen. Eine Zeitlang vermissen all unsere Kinder ihr Zuhause, das ist nur zu eurem Besten. Wir tun, was wir können, um euch zu helfen.«
    »He, Spatz, du musst was essen«, sagte Mama, reichte Mary an Papa weiter und rückte an Pauls Seite. »Bitte, du brauchst die Energie. Wir wissen, wie schwierig das Ganze für dich ist, aber alles wird gut. Also, was möchtest du essen, Liebling?«
    Der

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