Sag, dass du eine von ihnen bist
Junge zeigte auf Bohnen mit dodo , die Mama ihm daraufhin schöpfte, um ihn dann zu füttern. Paul begann zu weinen, dabei war er älter als ich. Mama stellte den Teller zur Seite, zog den Jungen an sich, streichelte ihn und wiegte ihn sanft in ihren Armen.
Antoinette sah hierhin, dorthin, rückte näher und wisperte mir ins Ohr: »Sie haben viele von denen in einem Fischlaster aus Nordnigeria hergebracht … aus der Wüste, vor sechs Tagen. Ich find ihn grässlich. Mir wäre es lieber, er käme gar nicht mit nach Gabun! Ich bin vor vier Tagen gekommen. Und ich bin besser als der …«
»Halt den Mund, Antoinette!«, sagte Papa und warf ihr einen
strengen Blick zu. »Sei nicht unhöflich. In Gabun flüstern wir nicht in anderer Leute Anwesenheit.«
Antoinette richtete sich sofort auf und hatte zum ersten Mal Angst. »Tut mir leid, Papa.«
»Das sollte es auch!«, antwortete der Mann. »Gutes Benehmen ist wichtig, sehr wichtig.«
»Ist schon okay, darling «, sagte Mama und reichte ihm eine Flasche La-Place-Bier sowie eine Schale mit Paprikasuppe. »Entspann dich. Meinst du nicht, dass du überreagierst? Iss lieber selbst auch einen Happen, sonst treiben dich diese Kleinen noch in den Wahnsinn. So sind Kinder nun mal, aber sie werden sich schon an uns gewöhnen … Kpee, bitte, iss. Big Guy, du auch. Ihr alle, bitte, fühlt euch wie zu Hause.«
Unser Onkel begann mit Paprikasuppe und Reis, doch mahlten seine Kiefer so bedächtig, als rechnete er jeden Augenblick damit, auf eine Schrotkugel zu beißen. Big Guy schaufelte sich zwei Haufen akasa auf den Teller, goss Krebssuppe darüber und hielt dann einen Moment inne, um an seinem Gulder- Bier zu nuckeln wie ein Baby an seiner Flasche. Ich entschied mich für eine Maltina sowie eine Mischung aus Bohnen, Reis und Eintopf. Alle lachten, als Antoinette, die Ananassaft mit Maltina und Coke gemischt hatte, Papa fragte, ob er nicht noch etwas Bier in ihr Mixgetränk schütten könnte. Und so wie Yewa an einem Hühnerflügel knabberte, war mir klar, dass sie längst satt war. All das Essen hatte sie müde gemacht, bot man ihr aber noch etwas an, konnte sie nicht Nein sagen.
Plötzlich fuhr eine Windbö vom Meer herüber, und wir hörten, wie sie gegen die Tür drückte und die Fenster zuwarf. Paul, der jetzt für sich allein saß, beugte sich vor und übergab sich. Papa stürzte zu ihm und packte ihn bei den Schultern. Mama und die Männer umringten den Jungen.
»Ach, schon wieder diese Seekrankheit«, schimpfte Mama und sah hilflos zu Papa.
»Ich hoffe nur, es ist nicht so schlimm wie gestern«, sagte Papa. »Haben wir zufällig Schnaps dabei, darling? «
»Ich fürchte, den habe ich vergessen«, sagte sie und sah zum ersten Mal an diesem Abend etwas betreten drein.
»Kein Problem«, sagte Fofo Kpee und warf Big Guy einen vielsagenden Blick zu, »kein wahala , kein wahala .«
Rasch fischte er seine Flasche payó unter dem Bett hervor, öffnete sie und schüttete den Inhalt in eine Schale. Dann weichte er in dem Gin ein Tuch ein und legte es über Pauls Gesicht, das Mama, die den Jungen in die Arme genommen hatte, ihm hindrehte. Fofo wischte das Erbrochene auf. So schwach Paul auch war, riss er sich doch immer wieder von Mama los und wälzte sich am Boden, ihre Leiber ein wirres Knäuel, so dass sie an eine Schlange erinnerten, die sich mit ihrem Baby im Sand badete.
»Verstehst du jetzt, was ich dir über Paul erzählt hab?«, flüsterte Antoinette.
»Er wird schon wieder«, sagte ich, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Er ist so ein Baby …«, begann sie erneut, verstummte aber, als Big Guy ihr einen bösen Blick zuschoss.
Alle setzten sich wieder auf ihre Plätze, und in der darauffolgenden, unbehaglichen Stille stellte Big Guy den Ghettoblaster an und drehte ihn leise auf, so dass gleich darauf Alpha Blondy im Hintergrund schnulzte. Antoinette ließ ihr Essen stehen, kicherte und begann vor Fofos Schrank zu tanzen. Weil es zu wenig Platz gab, streiften ihre Hände immer wieder seine Kleider. Schließlich zog sie mich hoch und forderte mich auf, mitzumachen. Alle feuerten uns an. Mama schlug vor, Yewa solle sich uns ebenfalls anschließen, doch hatte meine Schwester zu viel gegessen, weshalb sie nur dastand, unfähig, die schmale Hüfte zu schwenken, wie Big Guy es ihr gezeigt hatte. Mama sagte, sie würde am liebsten mit uns tanzen, wenn Paul nicht so krank wäre. Big Guy hockte da und nickte zum schnellen,
harten Rhythmus mit dem Kopf, als wäre
Weitere Kostenlose Bücher