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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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unser Haus zu klein, um ihn in voller Größe samt seiner teuflischen Tanzkunst beherbergen zu können. Fofo, dem diese Leute immer noch etwas suspekt waren, sah nur ruhig zu.
    Im Lampenlicht sah sich Papa dann später unsere Hausaufgabenhefte an und lobte uns, weil wir so kluge Schüler waren. Wir waren schrecklich aufgeregt, da Fofo sich die Hausaufgabenhefte noch nie angesehen hatte.
    »Ihr beiden solltet die beste Ausbildung der Welt bekommen!«, sagte Papa zum Schluss, umarmte Yewa und gab mir einen kräftigen Händedruck.
    »Wir sind auch klug!«, verkündete Antoinettes Schmollmund.
    »Richtig, ich sollte sagen, ihr seid so klug wie Paul und Antoinette. Stimmt doch, Paul, oder?«
    Paul blickte immer noch zu Boden und sagte nichts; das Tuch bedeckte eine Gesichtshälfte wie eine medizinische Maske.
    Als der Mann mit dem Durchsehen der Hefte fertig war, sagte ich: »Danke, Monsieur Ahouagnivo!«
    »Nee, nee … Papa, nur Papa!«, mischte sich Big Guy plötzlich ein, schüttelte den Kopf, seufzte und warf Fofo einen bösen Blick zu. »Kannst du dir das nicht merken, sei einfach still, so wie dieser aje -Butterjunge.« Er zeigte auf Paul.
    »Danke, Papa«, korrigierte ich mich. »Tut mir leid, Papa.«
    »Ist schon okay, Pascal«, erwiderte der Mann.
    » N ma plón wé ya? «, fauchte Fofo Kpee mich an. »Wie kommt's, dass ta sœur sich besser benimmt als du egbé , Kotchikpa …?«
    »O nein, er heißt Pascal«, wurde er von Mama berichtigt, und Fofo erstarrte, als hätte ihn ein Stromschlag erwischt. »Pascal«, wiederholte sie. »Siehst du, wie leicht es ist, Fehler zu machen? Erwarten wir zu viel von den Kindern an einem Abend?«
    »Tut mir leid, madame, je voulais dire Pascal«, sagte Fofo Kpee und verzog das Gesicht zu einem zerknirschten Lächeln.
    Papa und Mama begannen, uns Bilder von Gabun und ihrem Besitz dort, aber auch in Ländern wie Nigeria, Benin und der Elfenbeinküste zu zeigen. Dann legten sie uns Bilder aus dem Inneren einiger der Schiffe vor, die wir jeden Tag das Meer überqueren und Rauch zum Horizont aufstoßen sahen. Sie waren ausnahmslos sehr schön. Anschließend wurden uns Bilder von einigen Kindern gezeigt, denen sie schon geholfen hatten, Kindern, die die unterschiedlichsten Dinge taten, die lernten, spielten, aßen oder sangen, einige schliefen sogar. Manche waren kaum älter als Yewa. Diese Bilder wurden uns hastig hingeblättert, doch gab Antoinette zu jedem einen aufgeregten Kommentar ab, fast, als wäre sie schon in Gabun gewesen und den Kindern begegnet. Sie schien viele mit Namen zu kennen.
    »Und übrigens«, sagte Mama, »sorgst du mir dafür, dass die Kinder kräftig genug für die Überfahrt sind, okay?«
    »Sicher, madame «, antwortete Fofo Kpee.
    »Kauf den Kleinen ein Moskitonetz, hörst du? Ich meine, sie müssen wirklich in einem top Zustand sein.«
    »Keine Sorge, madame . Alles wird dey super bestens sein.«
    »Und Big Guy? Keine Sorge mehr wegen der anderen Kinder, okay?«, sagte Papa und erhob sich, um zu gehen.
    »Danke, monsieur !«, gab unser Onkel zur Antwort und verbeugte sich.
    »Wir wollen nichts von euch zurück«, fuhr Papa fort, »solange ihr euer Bestes gebt. Wenn den beiden Kindern aber was zustößt, ziehen wir euch zur Verantwortung, klar?«
    Alle lachten. Fofo beruhigte sie, blinzelte mir zu und strich Yewa über den Kopf, dann riss er ein paar Witze, zog eine Grimasse, und alle lachten, sogar Paul. Mir schien, dass Fofo an diesem Abend zum ersten Mal sein gewohntes, zuversichtliches Selbst an den Tag legte. Offenbar spürte er, dass der Besuch, vor dem er sich so gefürchtet hatte, ein gutes Ende nahm.
    »Also schön«, sagte Papa plötzlich und legte die Bilder bei
seite. »Fang an aufzuräumen, Big Guy. Wir haben noch zwei Besuche vor uns. Es wird eine lange Nacht.«
    »Nein, vier Besuche … sieben Kinder«, korrigierte ihn Big Guy und fing an, die Lebensmittel wieder einzupacken und zurück zum Wagen zu bringen.
    Mir sank das Herz, als das Essen fortgebracht wurde. Insgeheim hatte ich gehofft, sie würden uns das Buffet lassen, und ich hatte schon daran gedacht, die ogbono- Suppe auszukippen, weil sie unseren größten Topf in Beschlag nahm. Ebenso hatte ich daran gedacht, unsere Alu-Badewanne als behelfsmäßigen Topf zu nutzen. Statt das gute Essen verkommen zu lassen, könnten wir alles in diese zwei Behälter kippen und verrühren. Wie Fofo meist sagte, wenn jemand zu viele Dinge durcheinander aß: »Kommt ja alles in denselben Bauch.«

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