Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
seine Kleidung und seinen persönlichen Besitz in versiegelten Plastiktüten ausgehändigt.
»Ich hoffe, Sie haben sie gewaschen und gebügelt«, sagt er.
»Nein, aber wir haben sie auf Spuren von Brandbeschleuniger untersucht«, erwiderte DS Casey.
McBain öffnet eine der Plastiktüten, nimmt seine Zigaretten und ein Zippofeuerzeug heraus. Er lässt es aufschnappen, streicht mit dem Daumen über das Rädchen, hält die Flamme hoch und lächelt den Detective an, bevor er das Feuerzeug wieder zuschnappen lässt.
»Wo kann ich mich umziehen?«
Casey weist den Flur hinunter. McBain geht an mir vorbei und blinzelt aus seinen Gin-blassen Augen, als er mich erkennt.
»Was gibt’s denn da zu glotzen?«
Ich wende den Blick nicht ab, als er an mir vorbeidrängt.
»Kann ich Sie was fragen?«
»Das hatten wir doch schon.«
»Ich bin nicht die Polizei. Niemand zeichnet unser Gespräch auf. Ich versuche nur, ein paar Dinge zu verstehen. Warum haben Sie Ihrer Nichte Kondome gegeben?«
McBain sieht mich lange an, bläht die Nasenlöcher und bleckt die Zähne, als würde er mit einem Tauben oder Schwachsinnigen reden.
»Sie hat mich darum gebeten.«
»Warum?«
»Ihre Eltern haben ihr keine gekauft.«
»Finden Sie das nicht ein bisschen merkwürdig, dass ein Mann Ihres Alters Kondome für ein minderjähriges Mädchen kauft?«
»Sie hatte Sex. Ich wollte, dass sie geschützt ist.«
»Mit wem hatte sie Sex?«
»Mit ihrem Freund, nehme ich an.«
»Sie nehmen es an?«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Nelson Stokes hat gesehen, wie Sie Ihre Nichte auf dem Vordersitz Ihres Autos geküsst haben, als Sie sie vor der Schule abgesetzt haben.«
»Wer zum Teufel ist Nelson Stokes?«
»Der Hausmeister der Schule.«
»Sie hat mir ein Küsschen auf die Wange gegeben.«
»Und Sie haben Ihre Zunge in ihren Mund geschoben.«
McBain verzieht das Gesicht. »Sie sind doch krank! Wenn Sie das öffentlich wiederholen, verklage ich Sie wegen übler Nachrede.«
»Hatten Sie Sex mit Ihrer Nichte?«
»Hauen Sie ab! Sie haben kein Recht, hierherzukommen und so etwas zu behaupten.«
McBain zieht seine Hose an und schnallt den Gürtel zu. Er schiebt die Arme in die Ärmel seines T-Shirts, bevor er es über den Kopf zieht.
»An dem Abend vor ihrem Verschwinden ist Natasha zu Ihnen gekommen. Sie hat Sie um Geld gebeten. Hat sie Sie erpresst?«
»Nein.«
»Sie war also nicht bei Ihnen?«
»Nein.«
»Warum sollte Emily an dem Punkt lügen?«
»Tash hat manchmal für mich gearbeitet, Ablage und so.«
»Haben Sie Tash am Abend des Bingham Festivals gesehen?«
»Ja, hab ich.« Er geht in die Hocke, um seine Schuhe zuzubinden. »Ich weiß nicht, was daran so wichtig sein soll. Tash ist erst am Sonntagmorgen verschwunden.«
»Da liegen Sie falsch. Alice McBain hat sich geirrt. Sie hat die Mädchen an dem Morgen gar nicht gesehen, sie hat nur Natashas Radiowecker gehört.«
Erkenntnis dämmert. Er macht den Mund auf und wieder zu.
»Wann haben Sie am Samstagabend mit Natasha gesprochen? Vielleicht waren Sie der Letzte, der sie gesehen hat.«
Er sagt nichts, sondern erwägt still die Möglichkeiten.
»Für diesen Abend haben Sie kein Alibi, oder? Genauso wenig wie für den Abend des Schneesturms.«
»Ich war mit meinem Bruder zusammen.«
»Nein, waren Sie nicht.«
Er öffnet die Tür und geht den Flur hinunter. Ich versuche, mich ihm in den Weg zu stellen.
»Hören Sie, Vic, die Polizei hat Sie jetzt im Visier. Die werden Ihr Leben auseinanderpflücken. Die werden nicht aufhören, bis sie etwas gefunden haben. Wo waren Sie am Abend des Schneesturms?«
Er geht um mich herum, durchquert das Foyer und erreicht die Eingangstür, die sich automatisch öffnet. Draußen umringen Reporter und Fotografen einen Wagen. Sarah und Dale Hadley steigen aus, flankiert von Detectives, die sie in das Polizeirevier eskortieren.
Vic McBain bleibt stehen und tritt zur Seite, als das Paar sich der Tür nähert. Sarah Hadley blickt auf, und ihre Blicke treffen sich. Sie wendet die Augen rasch ab, doch in dem kurzen Moment wird etwas zwischen den beiden ausgetauscht – etwas, das über den normalen Blickkontakt hinausgeht. Schmerz. Verletzung.
Sarah geht durch die Drehtür und greift nach der Hand ihres Mannes. In dem Make-up um ihre Lippen zeichnen sich feine Haarrisse ab. McBain sieht ihr nach und betrachtet ihren Körper, als sie in den Fahrstuhl tritt und die Türen sich hinter ihr schließen. Dann dreht er sich um und drängt mit gesenktem
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