Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
die Aufnahmen von Natasha bestimmt nicht gelöscht«, sage ich.
»Warum nicht?«
»Schauen Sie sich die anderen heruntergeladenen Clips an. Die meisten zeigen Vergewaltigungsfantasien oder Frauen, die sich der Gewalt ergeben. Die Aufnahmen von Natasha haben für ihn besondere Bedeutung, weil er ein Gefühl von Besitz empfindet. Suchen Sie nach den ältesten Dateien.«
Drury ruft die Suchoptionen auf und setzt ein Häkchen bei »Erstellungsdatum«.
»Er hat den Computer im Mai registriert. Gucken Sie mal, wie viele Dateien dasselbe Datum tragen.«
»Er muss sie von seinem vorherigen Computer importiert haben«, sagt Drury und beginnt, die Dateien zu öffnen und sich ein paar Sekunden von jedem Clip anzugucken. Hübsche Frauen mit geschminkten Mündern, mit Gewalt genommen, penetriert, in gespielter Lust. Die Bilder haben nichts Erotisches oder Erregendes, stattdessen eine betäubende Banalität, Schmerz für die Verzweifelten.
Ein neuer Clip öffnet sich auf dem Bildschirm. Verwackelte Bilder zeigen einen Boden und dann eine Wand, bevor sie sich auf ein Mädchen in einem Blumenkleid mit zerwühltem Haar konzentrieren, das zum Tanzen gezwungen wird, während nasse Handtücher gegen ihre Beine und Schenkel geschlagen werden. Die Musik kommt aus einem Handy: Beyoncés »Single Ladies«.
Die Männer sitzen auf Holzbänken oder stehen, die Gesichter sind mit Skimasken oder Taschentüchern bedeckt. Natasha fleht sie an, sie gehen zu lassen. Einer schnippt eine brennende Zigarette gegen ihre Beine. Sie tanzt weiter, erschöpft und immer langsamer.
» Komm, dreh dich .«
Sie gehorcht.
» Das kannst du besser .«
» Schneller !«
Sie dreht sich schneller, ihr Kleid fliegt hoch und zeigt ihren Slip.
Einer der Männer grapscht nach Natashas Brüsten. Sie stößt ihn weg. Ein zweites Paar Hände legt sich um ihre Hüften und hebt sie hoch. Jemand greift zwischen ihre Beine.
» Nicht «, fleht sie. » Bitte, lasst mich gehen .«
» Ich dachte, du tanzt gerne .«
» Ich werde tanzen, aber fasst mich nicht an .«
» Komm, schwenk deinen kleinen Arsch .«
Die Aufnahme endet und geht dann weiter. Der Winkel ist anders. Die Handtücher schlagen immer noch auf Natashas Schenkel und Bauch, doch sie ist jetzt nackt.
Sechs Männer sind auf den Bildern zu sehen. Ein siebter hält die Kamera.
» Ja, gib’s ihr !«, sagt eine Stimme.
» Zeig uns, wie du dich bewegst .«
Eine Hand greift in ihr Haar und reißt ihren Kopf hoch.
» Nicht weinen, Missy. Wenn das hier vorbei ist, wirst du eine Weile lang komisch gehen, aber du hast immer noch zwei gesunde Beine .«
Ein Traum.
Was ich gehört habe. Was ich gesehen habe.
Was ich am liebsten vergessen würde.
Sie müssen uns von der Kirmes gefolgt sein, aber ich weiß nicht, wie sie in das Freizeitzentrum gekommen sind. Tash saß hinter dem Zaun in der Falle und konnte nicht weglaufen.
Ich rannte. Ich schaffte es fast bis zurück auf die Hauptstraße, wo es Laternen und Häuser gab, doch ich stolperte über den Fahrradständer, denselben wie vorher. Ich dachte, ich hätte mir das Bein gebrochen. Trotzdem humpelte ich weiter Richtung Straße.
Rechts von mir bewegte sich ein Schatten. Er packte meine Hüften, legte eine Hand auf meinen Mund und drückte gegen meine Nase. Ich kriegte keine Luft, und ich konnte es ihm nicht mal sagen. Zappelnd trat ich um mich, doch er hielt mich nur noch fester.
Er trug mich zurück ins Freizeitzentrum. Ich dachte, ich würde ersticken. Irgendwann setzte er mich ab und fesselte meine Hände hinter dem Rücken. Ich saß auf dem Betonboden vor der Umkleidekabine.
Ich konnte die Musik von drinnen hören. Sie lachten. Tash flehte sie an, sie gehen zu lassen.
Der Mann riss meinen Kopf hoch und schob mir einen glatten Stein in den Mund. »Nicht verschlucken, sonst erstickst du«, sagte er, presste ein Stück Stoff zwischen meine Zähne und band es hinter meinem Kopf fest. Dann zog er mein T-Shirt über mein Gesicht. Es war mir peinlich, dass er meinen BH sehen konnte.
»Wir werden euch nichts tun«, sagte er. »Deine Freundin bekommt bloß eine Lektion.«
Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch ich roch seinen Schweiß und den Alkohol in seinem Atem.
Ich hörte Stimmen von drinnen. Musik. Lachen.
»Schwing deine Hüften«, sagte jemand.
»Zeig uns, wie du dich bewegst.«
»Kinn hoch. Ich will dein Gesicht sehen.«
38
Toby Kroger sitzt mit gespreizten Beinen da, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, bemüht auszusehen wie ein Mann, der
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