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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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haben recht und diese Frau war im Haus. Vielleicht ist sie weggelaufen. Vielleicht hat Shaw sie verfolgt und zur Strecke gebracht. Ich beschuldige ihn gern auch noch eines dritten Mordes.«
    Der Detective blickt an mir vorbei zum Haus, wo Weihnachtsbeleuchtung hinter den Netzgardinen funkelt. Seine Frau ist verschwunden.
    »Mein Vater war Detective, Professor. Die wichtigste Lektion, die er mir beigebracht hat, war, dass man warten soll, bis der Schlamm sich gesetzt hat, damit man die Dinge klarer sieht.« Der DCI guckt auf die Uhr. »Wir sind hier fertig. Schönes Leben noch.«

8
    Der Aufseher der Leichenhalle des John Radcliffe Hospital hat ein Gesicht wie ein abgekauter Bleistift und noch weniger Persönlichkeit. Er erhebt sich aus seinem Stuhl und sucht seine Lesebrille, die an einem Band um seinen Hals hängt.
    »Nur enge Verwandte dürfen einen Leichnam sehen.«
    »Ich will keinen Leichnam sehen, ich möchte mit dem Pathologen sprechen.«
    »Das wäre Dr. Leece. Haben Sie einen Termin?«
    »Nein.«
    »Sind Sie ein Freund?«
    »Nein.«
    Er blinzelt mich an, als hätte ich ihn gebeten, eine Niere zu spenden. Vielleicht ist er es nicht gewöhnt, Besucher zu empfangen, die nicht in Leichensäcken ankommen. Ich versuche es noch einmal und hoffe, dass ich dabei lächele. Mit dem Parkinson kann ich mir nie sicher sein.
    Widerwillig nimmt der Mann einen Hörer in die Hand und tippt eine Nummer in die Tasten. Es folgt eine kurze Unterhaltung, bevor der Aufseher die Sprechmuschel abdeckt.
    »Dr. Leece fragt, worum es geht.«
    »Eine Polizeiangelegenheit. Sagen Sie ihm, ich habe mit DCI Drury gesprochen.«
    Das ist nicht komplett gelogen, denke ich mir, als ich mich in eine Besucherliste eintrage und in die Kamera blicke. Mein Bild wird festgehalten, ausgedruckt, in Folie geschweißt und um meinen Hals gehängt.
    »Durch diese Tür«, sagt er. »Immer geradeaus bis zum Ende des Flures und dann rechts. Die vierte Tür auf der rechten Seite. Nicht der Lagerraum. Dann sind Sie zu weit gelaufen.«
    Bis auf einen Putzwagen und einen Rollwagen mit Reagenzgläsern und Fläschchen mit Proben ist der breite Korridor leer. Ich blicke durch eine offene Tür und sehe einen Edelstahltisch mit einer Rinne in der Mitte, die zu einem Abfluss führt. Von der Decke hängen Halogenlampen an verstellbaren Armen. Darüber sind Kameras und Mikrofone montiert.
    Es erinnert mich an mein Medizinstudium. Beim Präpkurs wurde ich gleich in der ersten Stunde ohnmächtig. Damals begriff ich, dass ich nicht zum Mediziner geboren war. Ich hatte das Gedächtnis, die ruhigen Hände und die Geduld, aber nicht die Konstitution. Es dauerte weitere zwei Jahre, bis ich es meinem Vater erzählte, Gottes persönlichem Leibarzt im Wartestand.
    Dr. John Leece empfängt mich vor seinem Büro. Er ist Mitte fünfzig, groß mit grau meliertem Haar und Augen, die, je nachdem wie sein Blick auf die Bifokalgläser seiner Brille fällt, scheinbar größer oder kleiner werden. Es ist, als würde man eins dieser magischen 3-D-Bilder anschauen, die sich verändern, wenn man sie bewegt.
    In der Brusttasche seines Hemdes klemmen drei Stifte. Schwarz, blau und rot. Ich stelle mir vor, dass diese Anordnung immer gleich ist. Jeden Morgen streift er seine Armbanduhr über und steckt die Stifte in seine Hemdtasche, ein Gewohnheitsmensch, der die Ordnung liebt.
    »Ein Psychologe«, sagt er, und für einen Moment blitzt Überraschung in seinen Augen auf. »Ich wusste gar nicht, dass DCI Drury ein Fan der schwarzen Künste ist.«
    »Er ist offen für alles«, erwidere ich und denke an meine letzte Unterhaltung mit dem Detective.
    Der Pathologe dreht sich lachend zu mir um, weil er glaubt, ich hätte einen Witz gemacht. Dann gibt er den Sicherheitscode in ein Zahlenfeld ein, und die Tür springt klickend auf. An den Wänden reihen sich Aktenschränke und weiße Tafeln. Er geht um einen Schreibtisch und bietet mir einen Platz an.
    »Sie haben eine bislang nicht identifizierte Leiche«, sage ich in der Hoffnung, Dr. Leece davon abzuhalten, weitere Fragen zu stellen.
    »Wir haben vier unidentifizierte Leichen. Die älteste liegt seit zwei Jahren hier. Wir nehmen an, dass die Frau wahrscheinlich aus dem Ausland stammt, aber bisher hat Interpol noch niemanden gefunden, auf den ihre Beschreibung zutrifft.«
    »Und was ist mit der jüngsten?«
    »Ja, natürlich, die Eisjungfrau, wie die Zeitungen sie nennen. Klingt wie eine Figur aus einem Märchen oder einem russischen Roman. Wieso

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