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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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wenn Tash es nicht geschafft hat? Was, wenn sie den Weg zurück nicht findet?
    Normalerweise kommt er alle paar Tage. Ich habe nur noch eine Konservendose: Baked Beans mit Käse. Urgh! Wenn Tash hier wäre, würden wir »Würdest du lieber …« spielen. Die meisten Leute haben die Wahl zwischen einem Zungenkuss vom eigenen Großvater oder dem Verzehr eines Eimers Schnodder. Wir mussten uns zwischen Erfrieren und Verhungern entscheiden.
    Ich erinnere mich noch an das erste Mal im Keller, als George kam. Wir hörten, wie etwas Schweres über der Falltür verschoben wurde, und dann seine Stimme:
    »Habt ihr was an?«
    Er lachte, sein kleiner Witz.
    Die Falltür wurde geöffnet.
    »Vorsicht«, sagte er. Ein Seil schlängelte sich herab und schlug auf den Betonboden.
    Tash knotete das Ende des Seils an die Gasflasche, und er zog sie hoch und seilte eine volle ab, gefolgt von einem Korb mit Lebensmitteln: Thunfisch in Dosen, Baked Beans, Reis und Nudeln.
    Er rief nach Tash, sagte ihr, sie solle die Leiter hochklettern. Sie sagte ihm, er könne sie mal. Wir starrten auf das schwarze Loch und warteten. Eine Tülle tauchte auf, ein Schlauch. Er drehte das Ventil auf und spritzte uns ab. Eiskaltes Wasser brannte auf unserem Rücken und unseren Beinen. Wir rollten uns in der Ecke zusammen und klammerten uns aneinander, um dem Strahl zu entgehen.
    Er spritzte noch unsere Betten und Kleider ab, bevor er das Licht abdrehte und uns im Dunkeln sitzen ließ.
    Wir hängten die Decken an die Leiter, um sie zu trocknen. Dann drehten wir den Gaskocher auf und trockneten abwechselnd unsere Unterwäsche und T-Shirts. Ich dachte, ich würde in jener Nacht sterben.
    Zwei Tage später kam er zurück. Er ließ das Seil fallen, leerte den Nachttopf. Er fragte nach Tash. Diesmal ging sie.
    Es kam mir so vor, als wäre sie sehr lange weg gewesen. Länger als einen Tag auf der Venus, würde mein Vater sagen, oder länger als einen Monat voller verregneter Sonntage. Ich dachte an alles Mögliche, was ihr zustoßen könnte, was mir nur noch mehr Angst machte, deshalb versuchte ich damit aufzuhören, irgendwas zu denken.
    Als die Falltür aufging, wollte ich schreien, so glücklich war ich.
    Er ließ Tash herunter. Sie trug andere Sachen – ein hübsches Kleid und saubere Unterwäsche. Ihr Haar war gewaschen. Sie roch sauber. Frisch.
    »Was ist passiert?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ist alles in Ordnung?«
    Sie kroch auf ihre Pritsche und drehte sich zur Wand.
    Am nächsten Morgen stand sie nicht auf. Sie lag in ihrem hübschen Kleid da und schwieg.
    »Bitte sag mir, was passiert ist.«
    »Nichts.«
    »Hat er dir etwas getan?«
    »Ich will nicht darüber reden.«
    Ich strich ihr übers Haar. So lagen wir lange da. Sie hatte Fieber und zitterte vor Kälte.
    »Wir kommen hier nicht raus, oder?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Normalerweise war sie diejenige, die mich aufmunterte. Die sich immer komplizierte Fluchtpläne ausdachte, für die man Sachen brauchte, die wir nicht hatten – Schaufeln, Sprengstoff oder Waffen.
    Eine Woche später passierte das Gleiche. George öffnete die Falltür, rief ihren Namen. Tash kletterte die Leiter hoch.
    Wieder machte ich mir Sorgen, sie würde nicht wiederkommen. Ich wollte nicht allein sein.
    Diesmal kam sie mit Geschenken zurück – Schokolade, Seife und Zeitschriften. Ich war irgendwie neidisch. Ihr Haar war sauber und glänzte. Ihre Beine waren rasiert … und ihre Achselhöhlen. Sie roch wie ein Body Shop und hatte keinen Hunger. Wir hatten immer Hunger.
    In jener Nacht lag ich auf der Pritsche und sah zu, wie die Schatten über die Wand unter dem Fenster wanderten. Eifersüchtig. Sie war sein Liebling. Ihr schenkte er schöne Sachen.
    »Was passiert da oben?«, fragte ich sie.
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Weißt du, wo wir sind?«
    »Nein.«
    »Was hast du gesehen?«
    »Nichts.«
    Dann rollte sie sich zusammen und schlief ein. Sie hatte keine Albträume so wie ich. Manchmal schlief sie so ruhig, dass ich Angst hatte, sie wäre tot. Ich schlich auf Zehenspitzen zu ihrer Pritsche, hielt mein Gesicht ganz nah an ihres und lauschte; oder ich pustete ihr sanft ins Ohr, bis sie schnaufte und sich umdrehte.
    Dann war ich mir sicher.

9
    Die Cafeteria des Krankenhauses ist ein hallender Raum voller abwaschbarer Tische und Stühle, deren Beine über den Boden schrammen. Es ist Nachmittag, aber schon dunkel draußen. Das Mittagessen wird auf Tabletts warm gehalten: Lasagne, überbackenes Gemüse und

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