Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
Gott, ihre Kinder waren fort. »Was für eine Art von normalem Leben denn...«
Er unterbrach sie. »Du reagierst genauso, wie ihm das in den Kram passen würde, Donna. Und ich verstehe das. Glaube mir, daß ich’s verstehe. Aber du mußt stark bleiben. Denn dies – darüber darfst du dich auch nicht eine Sekunde täuschen – wird ein langer Kampf werden. Nie darfst du die Hoffnung aufgeben. Immer und immer wieder mußt du spüren, nachspüren. Doch zuallererst – du mußt leben, weiterleben!«
»Wovon sprichst du?« Ihre Frage klang wie ein Zischen, und eine Reihe von Köpfen fuhr zu ihnen herum. »Mein Exmann entführt meine Kinder! Die Polizei wird nicht helfen. Niemand kann helfen. Wir fliegen nach Connecticut und vergeuden einen Tag, indem wir mit zwei Frauen sprechen, die Victor seit mindestens acht Jahren nicht gesehen haben. Und hoffen trotzdem, daß wir von ihnen etwas erfahren können...«
»Hast du wirklich damit gerechnet, die würden etwas Konkretes wissen?«
»Ja!« platzte Donna heraus, und es war das erstemal, daß sie sich dies selbst eingestand. »Ja, ich habe tatsächlich darauf gehofft. Jedesmal, wenn wir irgendwohin reisen, irgendwohin fahren oder gehen, rechne ich damit, ihn zu sehen – oder hoffe doch wenigstens, daß da jemand ist, der ihn gesehen hat und der mir genau das sagt, was ich wissen will!«
Mel streckte seine Hände aus, quer über den Tisch, und er schob sie über ihre Hände. »Oh, Liebling...«
»Ich kann nun mal nicht anders, Mel. Nach wie vor vermag ich einfach nicht zu glauben, daß irgend etwas hiervon überhaupt wahr ist.«
Unvermittelt tauchte ein Kellner auf und ersetzte den zu Boden gefallenen Löffel durch einen anderen. Donna musterte ihn aus blitzenden Augen. »Schau, Donna,« hörte sie Mels Stimme sagen. Himmelherrgott, warum hielt er denn nicht endlich den Mund? Sie wollte sie nicht mehr, diese Worte – Worte der Ermutigung, Worte der Hoffnung, der Verzweiflung. Worte, Worte, Worte. »Wir tun alles, was in unserer Macht steht. Wir haben Detektive engagiert, wir haben Annoncen in Zeitungen einrükken lassen...«
»Das weiß ich alles«, erwiderte sie kurz angebunden.
Wieder entschuldigte er sich. »Tut mir leid. Natürlich weißt du das.«
»Auch ohne, daß du’s mir noch einmal bis ins einzelne erklärst, bin ich durchaus im Bilde über das, was unternommen wird.« Abrupt hielt sie inne. »Oh, Mel, verzeih mir. Bitte, verzeih mir! Und, um Gottes willen, hör mir jetzt zu! Der einzige Mensch, der mich niemals im Stich läßt, der immer da ist, wenn ich dich brauche...«
»Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen.«
»Du läßt dich in deiner Praxis vertreten, du überläßt Annie der Obhut der Haushälterin, du krempelst dein ganzes Leben um, um mit mir nach Connecticut zu reisen; du fährst mich nach
New York, weil ich noch immer nicht dem Mumm aufbringe, mich selbst hinter das Lenkrad eines Autos zu setzen...«
»Donna...«
»Du begleitest mich in irgendein dämliches Restaurant, wo Victor sich vermutlich nie wieder hat blicken lassen seit dem Tag, als er mich – vor nunmehr soundsovielen Jahren – hingeführt hat; und nun hocke ich hier und kreische dich zu allem auch noch an.«
»Die Idee hierherzukommen war keineswegs so dumm, Donna. Könnte durchaus sein, daß Victor eines Tages hier auftaucht, um zu essen. Wir werden dem Oberkellner ein Bild von ihm geben. Vielleicht ergibt sich irgendwas.«
Donna schloß die Augen. Dennoch sah sie Mel deutlich vor sich. »Ein Leben ohne dich – unvorstellbar«, sagte sie.
»Brauchst du dir ja auch nicht vorzustellen.«
»Du wirst mich nie verlassen, versprichst du’s?«
»Ich verspreche es.« Sekundenlang herrschte Schweigen. Dann sagte er: »Laß uns heiraten, Donna.«
Donna starrte ihn ungläubig an. Er machte ihr einen Antrag? Jetzt? Ausgerechnet jetzt, wo ihre Kinder das einzige waren, das sie wirklich kümmerte. Was war nur in ihn gefahren?
»Heiraten?«
»Es scheint mir klar, daß der Zeitpunkt dafür absolut irre scheint...«
»Absolut irre«, wiederholte sie und spürte, wie der Zorn in ihr immer größer wurde. Instinktiv fühlte sie, daß jeder Gedanke an die Zukunft sie ihrer Vergangenheit – und ihren Kindern – weiter entfernen würde.
»Ich liebe dich, Donna, das weißt du.«
»Weshalb machst du mir grad jetzt einen Antrag?« fragte sie fast verzweifelt.
»Weil ich meine, daß gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für
Bindungen ist. Für dich an mich, an dich selbst.
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