Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
ziemlich hartnäckig, weil’s für Victor wichtig schien – und ich wollte ihn doch glücklich machen. Also meldete ich mich jeden Tag bei ihr, führte sie zum Lunch aus, besuchte sie dauernd. Richtig akzeptiert hat sie mich wohl nie, immerhin versuchte sie’s – ihr lag nämlich gleichfalls daran, Victor glücklich zu wissen. Das war die Hauptsache – Victor glücklich zu machen. Er war doch ihr über alles geliebter Junge, na schön. Irgendwas Unrechtes konnte Victor Cressy ja nicht tun. Immer nahm sie für ihn Partei, ganz egal, worum’s ging. Ganz egal, wie unmöglich er sich verhielt. Sie hatte dafür stets irgendwelche Erklärungen zur Hand. Er arbeite zu hart, er stehe zu sehr unter Streß – und was nicht sonst. Ich solle, was er sagte, doch auf gar keinen Fall überbewerten. Was ihren Herrn Sohn betraf, war sie ganz einfach blind. Sie tat, was immer er von ihr verlangte. Der Grund dafür war wohl, daß er schon frühzeitig seinen Vater verloren und von da an sozusagen das Kommando übernommen hatte. Ihr gefiel es, daß er die Entscheidungen traf. Doch war sie ihrerseits eine nicht zu unterschätzende zähe Frau. Wissen Sie, wie ich sie bei mir nannte? >Mächtige Maus<.« Sie brach ab, schnitt eine Art Grimasse, schüttelte dann den Kopf. »Versprühe wieder mal Charme, wie? So schlimm ist es nun auch wieder nicht gemeint. Sie war sogar echt lieb zu mir, als Victor sich davonmachte. Ich befand mich in einem bösen Zustand. Und Leonore war immer für mich da. Plötzlich stellte Victor ihr so eine Art Ultimatum. Sie war wohl ziemlich perplex und ließ sich mit ihrer Antwort ein bißchen Zeit – ich weiß nicht genau. Jedenfalls war er auf einmal völlig von der Bildfläche verschwunden. Bumms! Hat sie ganz schön fertiggemacht.« Sie hielt inne. Dann drehte sie sich vom Fenster fort und trat auf Donna und Mel zu, die dicht nebeneinander auf dem zweisitzigen Sofa saßen. »Was tut sie also? Sie kappt jede Verbindung zu mir. So wie er’s getan hat. Genau. Einfach für den Fall, daß er zurückkehrt. Und dann sofort
sieht, daß sie nicht mehr mit dem Feind paktiert. Oder so ähnlich. Hat mich echt umgehauen.«
Donna erinnerte sich. Zumindest sinngemäß hatte Victor genau dasselbe gesagt, als sie seinerzeit jenen verrückten »Dinner-Flug« nach New York unternahmen.
»Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen«, erklärte Janine Cressy-McCloud. »Das einzige, was sich bei Victor voraussagen läßt, das ist, daß sich bei ihm nie was voraussagen läßt.« Sie setzte sich. »Puh – fühl mich richtig geschlaucht. Über ihn reden ist fast so schlimm, wie mit ihm leben.« Sie strich sich mit der Hand durchs schulterlange Haar und sah Donna an. »Ich kann kaum glauben, wieviel Wut noch in mir ist nach all diesen Jahren.«
Ich kann’s, dachte Donna und stand auf. Länger hier zu bleiben wäre sinnlos gewesen.
Donna saß ein oder zwei Minuten stumm. Dann sagte sie: »Er wird nicht hierherkommen. War eine blöde Idee.«
Mel blickte sich in dem New Yorker Restaurant um. Es war mäßig beleuchtet und klein, doch überfüllt. »Immerhin, das Essen ist ganz ausgezeichnet«, sagte er und versuchte, sie aus ihrer zunehmend düsteren Stimmung zu lösen. »Du solltest irgendwas zu dir nehmen.«
»Ich habe keinen Hunger. Bitte, hör auf, mich zu bevormunden.«
Mel entschuldigte sich sofort. »Tut mir leid. War wirklich nicht meine Absicht.«
Donna zuckte mit den Achseln. Sie scheute sich, ihn anzusehen. »Wir werden sie finden«, versicherte Mel. »Das verspreche ich dir.«
»Wie? Wann?« Bitte, gebt mir eine konkrete Antwort – wer auch immer.
»Irgendwer wird ihn irgendwann sehen. In einer Woche, in einem Monat...«
»In einem Jahr...«
»Schon möglich. Sogar möglich, daß es noch eine Weile länger dauert...«
»Oh, Gott, Mel.« Donna hatte das Gefühl, daß die Panik auf sie losstach wie mit spitzen Messern.
»Die Hauptsache – soweit es dich betrifft – ist ganz einfach, daß du gut beieinander bleibst. Nicht krank werden und die Situation, soweit irgend möglich, im Griff haben. Du darfst dich hierdurch auf gar keinen Fall unterkriegen lassen. Du mußt weitermachen, mußt unbedingt versuchen, ein normales Leben zu führen.«
Wütend starrte Donna ihn an. Ihre Hand stieß gegen einen Löffel. Er rutschte von der Tischplatte, fiel mit geräuschvollem Klirren zu Boden. Was, um alles auf der Welt, war nur mit Mel auf einmal los? Wovon sprach er überhaupt? Von einem normalen Leben!? Ja, guter
Weitere Kostenlose Bücher